Im Jahr 2007 gelang Deck13 mit dem 3D-Adventure 'Jack Keane' ein echter Überraschungserfolg. Dementsprechend hoch hängen die Bananen für eine Fortsetzung. Kein leichtes Unterfangen, zumal auch das deutsche Team mit 'Haunted' und 'Black Sails' zuletzt hinter den Erwartungen der Adventuregemeinde zurückblieb. Ob mit 'Jack Keane und das Auge des Schicksals' der erhoffte Kurswechsel hin zu alter Stärke gelungen ist, das könnt Ihr unserem Review entnehmen. In diesem Sinne: Anker los!
Jack is back
Ein Händchen für ungünstige Situationen hatte unser Seefahrer und Weltenbummler Jack Keane ja schon immer. Kein Wunder, dass wir ihn diesmal im chinesischen Knast antreffen. Sein langer Bart lässt messerscharf darauf schließen, dass er nicht erst seit gestern dort weilt. Es soll aber noch schlimmer kommen. Nachdem er nicht gerade zu jener Sorte Mensch zählt, die so ein Schicksal still erduldet, steht ihm als Belohnung für vorbildliches Benehmen ein Rendezvous mit dem Schädelbrecher bevor. Mit diesem animalisch brutalen Herren soll er sich demnächst im Ring messen. Eine Bekanntschaft die bisher noch kein Gefangener überlebt hat...
Hals über Kopf hinein ins Geschehen
Das Sequel zum Erfolgshit 'Jack Keane' startet mitten im Haupthandlungsstrang. Jack ist zu Beginn bereits im Besitz eines Amulett-Fragments vom Auge des Schicksals und ein flüchtiger Blick auf den Titel verrät, das die weitere Geschichte sich um eben diesen Gegenstand drehen wird. Von einem Schamanen bzw. Zellengenossen - wurde er auserkoren, um sich um die weiteren Teile und den zugehörigen Schatz zu kümmern. Kein leichtes Unterfangen. Denselben Schatz will sich auch ein reicher Geschäftsmann namens Umbati unter den Nagel reißen und wie richtig üble Schurken nun mal so sind, ist ihm dazu jedes noch so fiese Mittel recht. Wo die weiteren Bruchstücke nun aber versteckt sind, diese Information pflanzt der Schamane in Jacks Unterbewusstsein - ehe den alten Mann ganz plötzlich das Zeitliche segnet.
Dumm gelaufen, denn soviel sei vorweggenommen: Freud hätte mit unserem abenteuerlustigen Seefahrer seine helle Freude. Der erweist sich als wahrer Meister der Verdrängung und ausgerechnet hinter den besonders tief vergrabenen Erinnerungen verbirgt sich das gesuchte Wissen zu den weiteren Fragmenten. Will Jack den Schatz finden, dann muss er zuerst mit sich ins Reine kommen und sich seinem Unterbewusstsein stellen. Folglich erwartet uns nicht nur ein Trip um die halbe Erdkugel (von China über Hamburg, führt uns der Weg bis hin zum afrikanischen Kontinent, wo wir den Kilimandscharo besteigen), sondern auch eine Reise ins Ich unseres Protagonisten.
Gewohnter Stil - bessere Auflösung – unglückliche Steuerung
Deck 13 bleibt dem bewährten 3D-Stil treu und lässt die Handschrift in HD-Auflösung erstrahlen. Das Resultat kann sich sehen lassen und knüpft prima an den Vorgänger an, wobei es nicht ganz an 'Haunted' reicht. Zwar mangelt es den Gesichtern vieler Charaktere an Mimik, doch die durchwegs überzeugenden Sprecher können dieses Manko kompensieren. Musikalisch tönen - wie vom Vorgänger gewohnt - kraftvoll orchestrale Melodien aus den Lautsprechern und sorgen vor allem in den spannungsgeladenen Augenblicken für Stimmung. Schon damals war der Soundtrack filmreif und an diesem Urteil hat sich heute nichts geändert. Leider erhielt die Steuerung des Vorgängers offenbar nicht dasselbe Vertrauen und wurde völlig umgekrempelt. Weder die Hotspotsanzeige noch die Click-and-Drag Steuerung wirken ausgereift. Erstere zeigt uns bloß mitnehmbare Objekte an und ignoriert den Rest. Die Steuerung selbst lehnt sich an Telltales 'Tales of Monkey Island' an und fällt in einigen Situationen durch fehlende Präzision und umständliche Handhabung auf. Zur Fortbewegung muss man die Maustaste gedrückt halten, um dann die Maus in jene Richtung zu ziehen, wohin die Spielfigur gehen soll (oder man nutzt optional die Tastatur zur Steuerung). Auch weil einige Wege verwinkelt verlaufen, sind richtig flüssige Bewegungen dadurch erschwert. Manche Aufgaben erfordern auch das Springen von Jack. Ein gezielter Sprung von A nach B gestaltet sich aber ebenfalls problematisch, zumal die Sprungrichtung selten exakt links, rechts, oben oder unten liegt, sondern fast immer irgendwo dazwischen. Die gesuchte Richtung trifft man per Maus oder Tastatur gar nicht so leicht und gleichzeitig mit der Richtung muss man die Sprungtaste wählen. Auch diese Kombination geht nicht so locker von der Hand, wie es wünschenswert wäre. Es ist nun keineswegs so, als müsste man oft springen, doch die unpraktische Umsetzung rückt diesen Aspekt unnötig in den Vordergrund. Die Entwickler haben auf diese Situation und die Unzufriedenheit vieler Spieler jedoch bereits reagiert. Derzeit ist ein offizieller Patch in Arbeit, der das Click-and-Drag in eine gewohnte Point-and-Click Steuerung umwandeln soll.
Jack vs die Qual der Wahl
Nun zurück zum Inhalt. Kenner des Erstlings dürfen sich auf ein Wiedersehen mit Jacks Herzensdame Amanda freuen, die ihm einmal mehr schussfreudig zur Seite steht und die wir in manchen Abschnitten steuern dürfen (wie übrigens auch zwei weitere Akteure – die Fotografin Eve und den Erfinder Carl). Auch Geheimagent Montgomery feiert ein (kurzes) Gastspiel. Ansonsten greift das Sequel vorwiegend auf neue Charaktere zurück. Den Vorgänger muss man nicht kennen, doch insbesondere das Verhältnis zwischen Amanda und Jack könnte eben dann interessanter sein, wenn man mit der Vorgeschichte vertraut ist. Die Beiden durchleben ein Tief in ihrer Beziehung und eine “Femme Fatale“ mit Namen Eve trägt viel dazu bei, die Lage zu verschärfen. Bei eben dieser Dreiecksgeschichte darf der Spieler netterweise ein Wörtchen mitklicken: Vereinzelt obliegt es unserer Entscheidungsgewalt, ob Amanda ein konkretes Problem handhaben soll, oder ihre Konkurrentin. Jede Entscheidung zugunsten einer von beiden Frauen verbessert das Verhältnis zur einen, wohingegen es sich zur anderen verschlechtert. Teilweise kann das Entscheidungsverhalten im späteren Verlauf sogar zu kleinen Abweichungen im Handlungsverlauf (und ein paar unterschiedlichen Rätseln) führen.
Schießereien, Verfolgungsjagden und Prügeleien
Nachdem die Entwickler beim Spielverlauf außerordentlich viel Wert auf Tempo und Abwechslung legen, bleibt für Dialoge und Nebencharaktere diesmal nicht so viel Zeit, wie man es vielleicht erwarten könnte (zumal gerade in diesen beiden Punkten eine wesentliche Stärke des Vorgängers liegt). Skurrile Zeitgenossen dürfen natürlich trotzdem nicht fehlen. Es wäre nicht Deck 13 wenn das anders wäre. Ähnliches gilt für den Humor, der diesmal etwas pointierter gelungen ist, als zuletzt bei 'Haunted'. Mit fortlaufender Spieldauer erfahren wir übrigens einiges über Jack, dessen Persönlichkeit ein gravierender Wandel bevorsteht. Themen wie das Vertrauen in nahestehende Mitmenschen und die Angst vor dem beruflichen Scheitern sind dabei für ihn von zentraler Relevanz. Daneben rückt auch das Beziehungsdilemma auch durch die zuvor erläuterte Einbindung des Spielers in den Vordergrund. Die Macher stricken einige Themen in ihre Erzählung, überladen sie dabei aber ein bisschen. Mehr Fokus auf eine Sache hätte dem Ganzen wahrscheinlich gut getan. Trotz solcher Schwächen kann 'Jack Keane 2' gerade in actionlastigen Abschnitten viel Spannung erzeugen und ist für kurzweilige, witzige Unterhaltung gut. Besonders spektakulär sind in diesem Zusammenhang die Verfolgungsjagden gelungen. Ähnlich dem Schnabeltier-Bataka in 'Deponia 2' wartet das Spiel allerdings auch mit 'Street Fighter'-artigen Kämpfen auf. Als einmalige Sache wäre das eine willkommene Auflockerung. Nur leider ist es das nicht, sondern ein bis zum Schluss wiederkehrendes Element (mit sieben Gegnern misst man sich jeweils mindestens einmal). Dabei wählen wir per Maus an, welche Verteidigung oder welchen Angriff wir als nächstes probieren. Teilweise fehlt uns zum Sieg eine Kampftechnik, die wir außerhalb des Rings erlernen müssen und das ist an ein Rätsel gekoppelt. Ansonsten bedarf es hier kaum Hirnschmalz. Angesichts der geringen Anzahl an Techniken, hat man sich bei dieser Prügelei jedoch schnell satt gesehen und es wird mit Fortdauer zunehmend lästig. Überspringen kann man übrigens keine Aufgabe im Spiel.
Jack vs Herausforderungen im Rätseldesign
Wer sich knifflige Rätsel erhofft, der kommt selten auf seine Kosten. Hier lag nicht gerade die Stärke des Vorgängers und viel mehr als durchschnittliche, wenngleich nette Rätselkost wird auch diesmal nicht geboten. Zwar sind viele Grübeleien charmant und humorvoll verpackt, doch überwiegend schnell gelöst. Dabei erstrecken sich einige Aufgaben durchaus über mehrere Orte, aber die tatsächlichen Interaktionsmöglichkeiten halten sich im leicht überschaubaren Rahmen. In einigen Situationen würde sich ein knackiges Puzzle geradezu aufdrängen... und man ist dann umso mehr überrascht, wie simpel es doch funktioniert. Ein Beispiel dafür ist der defekte Drehmechanismus in der ägyptischen Höhle. Fremdländische Konstrukte lechzen geradezu nach einer verzwickten Kopfnuss für die Hirnzellen... die Lösung wird einem aber auf dem Silbertablett präsentiert. Obwohl das bunte Abenteuer nicht auf Realismus setzt, bildet echtes Querdenken die Ausnahme und der Ablauf ist eher linear gestrickt. Immerhin sind fast alle Aufgaben fair und gut lösbar. Im Einzelfall können unpraktische Blickwinkel jedoch schon mal die Lösungsfindung ein wenig erschweren. Manche Dialoge müssen sich zudem die Frage gefallen lassen, welchen praktischen Sinn die angebotenen Antwortalternativen haben, da man sich doch eigentlich nur durchklicken muss (besonders negativ fällt das später bei einem amerikanischen Soldaten auf...). Hätten sich die Entwickler zu mehr Komplexität im Rätseldesign durchgerungen, dann wäre ihr neues Abenteuer wohl auch ähnlich lang geraten, wie der Erstling. So muss man sich mit einer durchschnittlichen Spielzeit von etwa 9-12 Stunden begnügen.
Kämpfe, Schießereien, Verfolgungsjagden, Jacks Charakter Entwicklung, eine Dreiecksgeschichte und ein alternativer Handlungsverlauf... beim Versuch ein eskapistisches 3D-Abenteuer zu erschaffen, hat Deck 13 sehr viel in die Suppe gemischt. Nicht alle Zutaten sind ideal aufeinander abgestimmt (Steuerung, Kämpfe...). Komplexe Rätsel kommen zu kurz und in mancher Hinsicht wäre weniger in diesem Fall ganz einfach mehr gewesen! Obwohl die Fortsetzung klar hinter den hoch gesteckten Erwartungen zurückbleibt, ist sie dennoch für kurzweilige Unterhaltung gut und kann viel Spaß machen. Wir hoffen deshalb auf ein baldiges Wiedersehen mit Jack und Amanda.
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Jack Keane 2
- Entwickler
- Deck13 Interactive
- Publisher
- Astragon
- Release
- 7. November 2012
- Spielzeit
- 10 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.jack-keane.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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