Also sollte sich die Spieleindustrie komplett dem, ich nenne es mal "Spielekonsumenten" hingeben und rein auf der Casual- Schiene fahren, denn das sind genau solche Spiele, die einen schnellen Einstieg erlauben, dabei aber wenig Spieltiefe bieten, wird das wieder so eine reine Entertainment- Geschichte. Dann darf sich auch niemand mehr beschweren, wenn Spiele wieder in die "Schmuddelecke" wandern und von "Kulturschaffenden" bestenfalls belächelt werden.
Und klar, am Comic- Look allein liegt es nicht, aber der geht ja nicht nur häufig, sondern in der Regel Hand in Hand mit einem eher leichten, humoristischen Grundgedanken. Wsa natürlich nicht heißt, dass auch da nicht mehr drin ist/wäre, aber behandeln wir es mal als die Ausnahme, die die Regel bestätigt, sonst ist ja keine Diskussion möglich.
Ich denke ein Problem, das viele Adventures heutzutage haben ist, dass sie, wenn sie eine Geschichte erzählen wollen:
a) Die Autoren sich mehr Gedanken um ihre eigene Geschichte machen, als um das Erlebnis, dass der Spieler dabei hat. Was interessiert mich die tragische Lebensgeschichte des xyz, wenn ich als Spieler keine Anknüpfungspunkte zu diesem Charakter habe. Klar, der Charakter kann in eine mysteriöse Fantasy- Mordgeschichte verwickelt sein, wenn ich den Charakter aber weder lieben/mögen, noch herzlich hassen kann (kann ja auch funktionieren), ist für mich als Spieler in dem Moment vollkommen egal, wie die Geschichte aus- /weitergeht und sei's dass er am Ende die Welt vor irgendwelchen Dämonenhorden retten muss. Dieser Faux- Pas passiert häufig, wenn, ich sag mal reine Autoren oder Industriefremde solche Geschichten schreiben.
b) Die Geschichte steht im Mittelpunkt der Spielerfahrung für den Spieler, das Spiel an sich, das Gameplay, wird Mittel zu Zweck und dient mehr zur Ausstaffierung. In dem Fall noch von einem Spiel zu sprechen gerät häufig zur Farce, wenn das Gameplay an sich auf das Anhalten und Play- drücken reduziert fühlt und sich der Spieler instrumentalisiert fühlt. Auch ein großer Faux- Pas in dem Zusammenhang: Ewig lange Intros und Dialoge, die den Intros folgen, die den Spieler direkt ins Publikum verfrachten und ihm, quasi schon einmal vorsichtshalber "Das Maul stopfen". Das Prinzip: "Pssst, wir wollen hier eine Geschichte erzählen", hatte ich ja schon mehrfach erwähnt

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c) Null Wiederspielbarkeitswert, weil der Spieler NULL Einwirkung auf das Spiel hat. Fragt mal einen Spieletester, der ein Spiel zum zehnten Mal durchspielen muss, auf der Suche nach bugs, wie sehr er noch an der immer gleichen, immer unveränderbaren Geschichte interessiert ist. Im Gegensatz dazu: Frag mal, wieviele Leute Dragon Age: Origins mehr als einmal gespielt haben, um mindestens alle Origin- Stories mitzunehmen, um herauszufinden, wie sich der Dalish- Elf im Lager der Dalish- Elfen benimmt und ob der menschliche Adlige am Ende selbst König werden kann. Dass dazwischen stundenlang gleiches Gameplay liegt, denn die Gegner sind dieselben, egal ob man Elf, Mensch oder Zwerg spielt, aber der Einfluss, den ich als Spieler auf die Welt um mich herum habe, ist spürbar, er ist greifbar, er ist "erleb- bar". (Klar hat auch DAO Schwächen, das stell ich nicht in Frage.)
Zum Thema der Wichtigkeit des Spieletestings gab es übrigens einen netten Artikel im Edge- Magazin:
http://www.next-gen.biz/opinion/opinion ... laytesting
Ich denke, allen drei genannten Faux- Pas' kann man sicher vorwerfen, dass das mit einem so begrenzten Budget wie für ein "durchschnittliches" Point&Click Adventure nicht möglich ist. Sechs eigene Einleitungen für ein Spiel zu basteln, ist sicherlich deutlich aufwändiger, aber es zahlt sich am Ende auch aus. Nämlich für den Spieler.
Und das ist das, was ich den aktuellen Autoren auch vorwerfe: Sie nehmen sich selbst und ihre Geschichte zu wichtig und vergessen dabei einen ganz wichtigen Faktor: Den Spieler.
Der sitzt vorm Bildschirm und klickt sich gelangweilt durch Dialoge, deren Bedeutung ihm verloren geht, weil er nicht dazu in der Lage ist, und auch wenig Anreiz geschaffen wird, Anteil zu nehmen, an dem, was da passiert.
Sicherlich gibt es auch Leute, die weinen, wenn sie einen Kinofilm sehen oder eine Fernsehserie (ich gehöre definitiv dazu), aber bei einem Spiel gehört soviel mehr dazu, als nur eine Geschichte zu erzählen.
Wenn das dann nicht mal mehr richtig funktioniert, dann passiert genau das, worüber sich im Moment alle mockieren: Die Spieler verlieren nicht nur das Interesse an einem Spiel, oder einer Sparte/ einem Genre, sondern sie verlieren das Interesse an einer ganzen Gattung Spiele.
Was schade ist, denn Adventures sind und waren immer wichtig, auch für die Anerkennung von Spielen als Kulturgut, eben weil sie die Geschichten in den Mittelpunkt rücken und durch ihre Simplizität eben auch sehr Einsteigerfreundlich sind. Die Hürde des Zugangs ist nicht so hoch wie bei anderen Spielen, weil die Steuerung genauso funktioniert, wie sie es gewohnt sind, mit Maus (und Tastatur), genauso wie auf der Windows oder OSX Oberfläche. Oder weil sie, zB in älteren Adventures, oder zB bei Edna, ein Interface haben, dass sie auf eine beinahe syntaktische Art und Weise mit dem Spiel interagieren lässt.
Umso schlimmer, wenn so ein Genre dahin siecht, weil derjenige vergessen wird, an dem am Ende jede einzelne Existenz in der Spiele- Industrie hängt: Am Spieler.
Omfg, was ein Mammut.