'We. The Revolution' versetzt Spieler/innen in die Rolle eines Richters zu Zeiten der Französischen Revolution. Entwickelt wird der ungewöhnliche Titel vom polnischen Studio Polyslash und die Veröffentlichung ist für das Jahr 2018 geplant. Bevor wir uns anhand einer spielbaren Preview-Version einen näheren Eindruck vom Spiel machen konnten, bot sich uns auf der gamescom 2017 die Gelegenheit, ein Interview mit Łukasz Józefowicz zu führen, dem Marketing-Chef von Publisher Klabater.
Adventure Corner: Das Konzept von 'We. The Revolution' klingt auf Anhieb faszinierend. Bitte stell den Ansatz etwas näher vor.
Łukasz Józefowicz: Der Spieler übernimmt die Rolle eines Richters, der sich vor der Französischen Revolution in einer eher unwichtigen Position befindet, zu Beginn der Revolution aber für ein hohes Richteramt ernannt wird. Zunächst geht es dir und deinem Charakter primär ums Überleben, da du nicht weißt, wer deine Freunde und Feinde sind und Verrat auf der Tagesordnung steht. Wenn du eine Weile gespielt hast, wirst du feststellen, dass du mit mehr Macht einerseits wesentlich mehr erreichen kannst, andererseits aber auch zunehmend zur Zielscheibe wirst. Wir bezeichnen 'We. The Revolution' gerne als Adventure, da es sich um einen breiten Begriff handelt und wir verschiedene Elemente in das Spiel packen können.
Adventure Corner: Erzähl uns etwas über diese verschiedenen Elemente.
Łukasz: Das Spiel ist in drei verschiedene Segmente aufgeteilt. Das erste dreht sich um Prozesse vor Gericht, was bedeutet, dass du Beweismittel bewerten musst, Zeugen und Angeklagte verhörst und anschließend das Urteil fällst. Ob jemand die Todesstrafe erhält, ins Gefängnis wandert oder freigelassen wird, liegt an dir. Du solltest jedoch auch die Meinung der Jury und der Bevölkerung bedenken und nicht zuletzt die Interessen derer, die in Paris um die Macht kämpfen. Allerdings wirst du auch über die Mittel verfügen, um andere Leute zu beeinflussen.
Abhängig davon, wie intensiv du dich mit dem Beweismaterial auseinandersetzt, kannst du verschiedene Frageoptionen freischalten und im Voraus sehen, wie sich die jeweiligen Fragen auf den aktuellen Fall auswirken. Möglicherweise konzentrierst du dich lediglich auf einen Teilbereich der Verhandlung und lässt einen anderen unter den Tisch fallen. Womöglich kannst du somit auch die Meinung der Öffentlichkeit zu deinen Gunsten beeinflussen. Im Grunde ist es so, dass die Wahrheit nicht wichtig ist - wichtig ist, was du entscheidest! Natürlich kannst du dich aber auch am geschriebenen Recht orientieren. Ich meine, wenn damals jemand einen Apfel gestohlen hat, würdest du ihn sicher nicht hinrichten wollen, oder? (alle lachen)
»Du kannst dich nach den Regeln richten oder aus deiner Sicht agieren und nachhelfen, indem du Verhandlungen manipulierst.«
Es gibt einen Kodex und es gibt Regeln, aber sie verändern sich permanent, da es sich bei der Französischen Revolution um einen dynamischen Prozess handelt und sich die Ereignisse überschlagen. Machthaber werden getötet und regelmäßig durch neue Herrscher ersetzt, die ihre jeweils eigene Ideologie mit sich bringen. Du kannst dich also nach den Regeln zum jeweiligen Zeitpunkt richten oder aus deiner Sicht agieren und gegebenenfalls etwas nachhelfen, indem du Verhandlungen manipulierst. Vielleicht konzentrierst du dich auch einfach darauf, deine eigene Machtposition auszubauen. Falls beispielsweise ein Beschuldigter einen Mord begangen hat, der über wichtige politische Freunde verfügt, könnten dir diese Freunde irgendwann den Rücken freihalten. In dieser Hinsicht wäre es also sicherlich hilfreich, den Angeklagten freizusprechen.
Wenn dein Tag am Gericht endet, geht das Spiel in eine Art Adventure-Modus über. Du wirst am Leben in Paris teilhaben und Entscheidungen treffen. Teilweise werden diese Segmente in Text-Form dargestellt, andere Male geht es eher in die Richtung von Cut-Scenes. In der Demo gibt es eine Gruppierung, die sich deine Unterstützung sichern will. Wenn du dich entscheidest, ihr Anliegen zu erfüllen, musst du deine Unterstützung in einem Brief formulieren. Hierbei handelt es sich um eine Art Mini-Spiel, indem du drei Abschnitte eines Briefs zusammenstellen musst. Dabei kannst du vorgehen, wie du möchtest. Du kannst das Schriftstück mit demütiger Haltung beginnen und dann beispielswiese in einen aggressiveren Ton wechseln oder einen Witz unterbringen.
Genauso gut kannst du aber auch einfach den kompletten Brief auf aggressive Weise formulieren. Sobald du einen Brief erstellt hast, der eine bestimmte Intention verfolgen soll, kommt die dritte Haupt-Mechanik ins Spiel. Hierbei handelt es sich um quasi um ein rundenbasiertes Element. Du kannst dich nicht selbst um alles kümmern, also hast du Agenten in der Stadt, die Dinge für dich erledigen und dir helfen, an Einfluss zu gewinnen. Du wirst eine Karte von Paris vor dir sehen, auf der du einzelnen Agenten pro Tag jeweils einen Auftrag zuordnen kannst.
Jeder Tag besteht also aus drei Hauptsegmenten:
1. Gerichtsverhandlungen
2. Konversationen und Sequenzen außerhalb des Gerichts
3. Anweisungen an deine Agenten.
Das ist der Kern des Gameplays.
»Es wird eine Beweisaufnahme geben und du kannst Zeugen und Angeklagte vernehmen.«
AC: Welcher Ansatz steckt denn eigentlich hinter den Gerichtsprozessen?
Łukasz: Es ist sehr interessant gewesen, sich näher mit dem Justizsystem zur damaligen Zeit auseinanderzusetzen. Du konntest im Grunde genommen für alles Mögliche beschuldigt werden, ohne dass irgendwelche Beweise vorgelegen haben. Anschließend wurdest du dann dem Richter vorgeführt, der dich angesehen und ein paar Fragen gestellt hat, um dann darüber zu entscheiden, ob du hingerichtet oder freigelassen wirst. Zwischen der Todesstrafe und der Freiheit gab es keinen Spielraum. Natürlich ist das vollkommener Irrsinn, also haben wir zwei Entscheidungen getroffen.
Zunächst sollst du eine Grundlage für deine Urteile haben, dementsprechend wird es eine Beweisaufnahme geben und du kannst Zeugen und Angeklagte vernehmen. In dieser Hinsicht entfernen wir uns also von der realen Geschichte, werten dadurch aber auch das Gameplay auf. Die zweite Entscheidung bezieht sich auf die Einführung von Gefängnisstrafen. Ein Spiel, das dir nur die Möglichkeit zwischen Todesstrafe und Freilassung gibt, würde einfach keinen Spaß machen. Wir wollen die Spieler einfach nicht in diese unangenehme Situation zwängen. Die Gefängnis-Option gibt dir etwas Handlungsfreiraum, insbesondere, wenn du dir denkst „naja, schuldig ist er, aber hat er für diese Tat wirklich den Tod verdient?“
Im Rahmen der Verhandlungen werden dir Beweisstücke präsentiert, davon abgesehen erhältst du teileweise aber auch Briefe von deinen Agenten. Zum Beispiel könnte es sich um ein Update zu einem vergangenen Ereignis handeln, in das auch du involviert bist. Vielleicht handelt es sich stattdessen aber auch um Neuheiten, die aktuelle Geschehnisse in der Stadt betreffen. Deine Entscheidungen während einer Verhandlung müssen nicht zwangsläufig alle mit dem Prozess in Verbindung stehen, letztlich wirst du permanent damit beschäftigt sein, dich um irgendwelche Dinge zu kümmern.
AC: Wir werden die Handlung mit unseren Entscheidungen mindestens ein Stück weit beeinflussen. Wie nah ist das Spiel an der realen Historie?
Łukasz: Auch wenn 'We. The Revolution' in einem historischen Setting angesiedelt ist und du auf historische Persönlichkeiten triffst, würde ich diesen Titel nicht vollständig als historisches Spiel bezeichnen. Wir wollen, dass sich deine Entscheidungen auf deine Umwelt auswirken. Dass sie eine Auswirkung auf deine Familie haben und die Menschen, denen du begegnest. Umso länger du spielst, desto größer werden entsprechend die Abweichungen zur echten Geschichte.
Uns ist es wichtig, die Atmosphäre der damaligen Zeit einzufangen, wiederzugeben, worum es in der Französischen Revolution eigentlich gegangen ist und wie es sich angefühlt haben könnte, zur damaligen Zeit eine Machtposition inne zu haben. Ich meine, wenn dir damals jemand den Auftrag erteilt hätte, Richter beim Revolutionstribunal zu werden, wie hättest du das ablehnen können? Sofort hätte man dich mit der Bourgeoisie in Verbindung gebracht und das hättest du sicherlich bereut. Wir wollen, dass du die Unsicherheit der damaligen Zeit spürst, dir das Gefühl vermitteln, in dieser grausigen Welt gefangen zu sein und dem Terror nicht entkommen zu können. Letztlich konntest du damals nur von Tag zu Tag leben und genau das möchten wir zeigen.
»Du wirst nicht alle 100+ Fälle in einem Spieldurchlauf sehen.«
AC: In Eurem Flyer steht, dass 'We. The Revolution' über 100 Gerichtsprozesse enthalten soll. Wie lang fällt ein einzelner Prozess aus und wie viele Fälle werden wir in einem Spieldurchlauf zu sehen bekommen?
Łukasz: Kommt drauf an. Wenn wir nicht von einem kompletten Spieltag reden, sondern nur von einer Gerichtsverhandlung, würde ich von 5-15 Minuten pro Fall ausgehen. 'We. The Revolution' wird kein kurzes Spiel, doch du wirst nicht alle 100+ Fälle in einem Spieldurchlauf sehen. Unser Plan sieht so aus, dass es etwa 90 Verhandlungen pro Durchgang sein werden. Jedes Mal, bevor du das Spiel von vorne beginnst, wird automatisch ein Pool aus Verhandlungen erstellt. Die Prozesse werden dann in zufälliger Reihenfolge im Spiel erscheinen. Du wirst also nicht immer exakt die gleichen Fälle in derselben Abfolge erleben. Je nachdem, wann du welchen Fall erhältst, kann sich die Rahmensituation deutlich von einem anderen Spieldurchgang unterscheiden. Dein Standing und das Verhältnis zu bestimmten Fraktionen und Charakteren wird nicht zu jedem Zeitpunkt identisch sein, so dass du entsprechend anders an Fälle herangehen musst. Natürlich kann ich nicht sagen, dass das Spiel während eines zweiten Durchgangs komplett anders wäre, aber du musst dich den Begebenheiten anpassen.
AC: Wie lange arbeiten die Entwickler von Polyslash an dem Projekt?
Łukasz: Sie sind eine ganze Weile mit der Vor-Produktion beschäftigt gewesen. Die eigentliche Produktion läuft seit etwa sieben bis acht Monaten.
AC: Wie sieht es mir einer deutschen Fassung aus?
Łukasz: Leider wird es wohl keine deutsche Sprachfassung geben. Da wir in der Vergangenheit schon ins Deutsche lokalisiert haben, ist es aber sehr wahrscheinlich, dass es zumindest deutsche Texte geben wird.
AC: Auf welchen Plattformen soll das Spiel veröffentlicht werden?
Łukasz: 'We. The Revolution' wird zu 100 Prozent für den PC, Mac und Linux veröffentlicht werden. Was Konsolen angeht, sagen wir nicht nein, können aber aktuell nichts bestätigen. Wir setzen uns intensiv mit dem Thema auseinander, da wir gerne zeitgleich Konsolen bedienen würden. Vielleicht wäre das Spiel auch gut für Mobilgeräte geeignet, aber ehrlich gesagt fühlen wir uns in diesem Terrain nicht wirklich wohl, da wir bislang keine Erfahrung im Mobile-Bereich haben. Unsere Erfahrung bezieht sich auf Konsolen und den PC.
AC: Wann rechnet Ihr mit der Veröffentlichung?
Łukasz: Das Spiel wird 2018 erscheinen. Wann genau wissen wir selbst noch nicht. Zum Ende dieses Jahres sollten wir eine genauere Vorstellung haben.
Adventure Corner: Wir danken für das Gespräch.
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We. The Revolution
- Entwickler
- Polyslash
- Publisher
- Klabater
- Release
- 21. März 2019
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://we-the-revolution.com/
- Art
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Independent
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- We. The Revolution im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Schlagwort: Interviews