1986, Los Angeles, Kalifornien. Während Sierra Entertainment mit 'Space Quest' ihre nächste erfolgreiche Adventure-Reihe startet, geht es mit dem Zugpferd und Erfolgsgaranten 'Kings Quest' schon in die dritte Runde. 'To Heir is Human' heißt der neue Teil, >Erben ist Menschlich<. Die Titelwahl ist interessant, denn über weite Strecken ist Sierras dritter Streich alles andere als menschlich. Denkt man aber ein wenig um die Ecke, fällt das Wortspiel mit der Phrase >To err is human< (Irren ist menschlich) auf und schon macht der Untertitel des Spiels wieder Sinn, denn bevor man im neusten Adventure aus der Feder von Roberta Williams auf einen grünen Zweig kommt, muss man eine ganze Menge Rückschläge einstecken.
Story
Zunächst gilt es für die 'Kings Quest' Fans eine kleine Enttäuschung zu verarbeiten, denn König Graham, der Held aus dem ersten und zweiten Abenteuer, ist nicht mehr mit von der Partie. Auch Daventry wird mit keiner Silbe erwähnt. Stattdessen beginnt das Adventure hoch oben auf einem Berg im Lande Llewdor, welches vom bösartigen Zauberer Manannan tyrannisiert wird. Wie es der Zufall will, schlüpft der Player in die Haut des Dieners von Manannan, dem siebzehn jährigen Gwydion, und ist daher nah dran am Tyrann. Als wäre es nicht schon schlimm genug den ganzen Tag hinter Manannan her zu räumen, hat Gwydion noch ein größeres Problem. Alle vorherigen Diener des Zauberers wurden von diesem um die Ecke gebracht, sobald sie ihr achtzehntes Lebensjahr erreicht hatten. Und Gwydions Geburtstag steht kurz vor der Tür. Es gibt also keinen besseren Zeitpunkt um sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sowohl nach einem Weg aus diesem Schlamassel als auch nach einem Weg nach Hause zu suchen. Nach Hause? Ja, das ist ein weiteres Problem für unseren Protagonisten, denn so lange er denken kann, wohnt er im Haus des bösen Zauberers und jegliche Auskunft über seine leiblichen Eltern wird vom Zauberer abgelehnt. Gwydion reicht es! Als der Zauberer das nächste Mal unterwegs ist, stiehlt sich der Junge aus dem Haus. Er hat einen Plan, aber alles muss verdammt schnell gehen, denn wenn der Zauberer ihn bei dieser Sache erwischt, dann braucht er nicht bis zu seinem achtzehnten Geburtstag zu warten. Gwydion klaut dem Zauberer seinen Zauberstab und macht sich daran die Ingredienzien zu beschaffen um dem Zauberer endgültig den Garaus zu machen. Die Mission ist klar: Zauberer kalt machen und dann nichts wie los auf die Suche nach der verlorenen Vergangenheit.
Gameplay
Wer sich schon einmal mit einem der Vorgänger beschäftigt hat, der weiß, was ihn Gameplay-technisch erwartet. 'Kings Quest III' orientiert sich klar an den ersten beiden Teilen. Ihr steuert die Spielfigur mittels Cursortasten über den Bildschirm. Per Textparser gebt ihr Gwydion Befehle und interagiert so mit seiner Umgebung. Sämtliche zusätzlichen Funktionen und Features, wie zum Beispiel das Verändern der Spielgeschwindigkeit (vom Schneckentempo bis zum Lichtgeschwindigkeitswahnsinn ist alles drin), Laden und Speichern des Spiels und der Blick in die Inventarliste werden mittels Hot-Button-Funktion bedient und befinden sich zumeist auf den F-Tasten.
Die Tatsache, dass die Maussteuerung bei 'Kings Quest III' zum letzten Mal absent ist, scheinen Williams und Co noch einmal ausnutzen zu wollen, denn die über das Spiel verteilten Geschicklichkeitseinlagen sind in keinem anderen 'Kings Quest' Teil so präsent. Und das trägt massiv zum teilweise abartig hohen Schwierigkeitsgrad bei.
Die Hilfen die Gwydion auf seinem Weg in die richtige Richtung lenken sind in diesem dritten Teil äußerst spärlich gesät. Und der böse Zauberer Manannan erweist sich als eine tickende Zeitbombe. Den Anweisungen, die der Meister dem Spieler gibt, ist strikt Folge zu leisten, denn sonst ist das Spiel schnell vorbei. Und wenn man denkt, endlich ein wenig Luft zu haben um sich in der Welt von 'Kings Quest' zu akklimatisieren, so läuft im Geheimen der Countdown, der bis zur Erfüllung der nächsten Aufgabe gesetzt wurde. Mitunter muss der Spieler eine Reihe von äußerst komplizierten und detailreichen Quests unter Zeitdruck erfüllen und sieht sich zusätzlich mit einem nervenaufreibenden Abstieg eines steilen Bergpfades konfrontiert. Und an diesen Stellen muten die Entwickler des dritten Teils dem Spieler zu viel zu. Wo die böse Hexe im zweiten Abenteuer das einzige Zufallselement repräsentierte, dass einen zu sorgen- und stressfreien Durchmarsch König Grahams verhinderte und den Spieler immer ein wenig auf der Hut sein ließ, gleichen die Überlebenschancen des Jünglings in 'To Heir is Human' denen eines als Hackbraten verkleideten Piraten in einem Rudel heißhungriger Piranhapudel. Das Spiel will, dass du stirbst. Und zwar immer!
Vorsicht!
Lass dir bloß nicht zu viel Zeit um die Arbeiten zu verrichten, die Manannan dir aufträgt, denn sonst stirbst du. Lass dich bloß nicht mit irgendeinem Gegenstand in der Tasche erwischen, der dem Zauberer schaden könnte, denn sonst stirbst du. Hüte dich davor die Treppe runter zu gehen, wenn die Katze im weg sitzt. Denn du stolperst bestimmt drüber. Und dann stirbst du. Wehe, wenn du dich daran wagst das Zauberbuch zu benutzen ohne ganz genau zu wissen, was zu tun ist, denn sonst stirbst du. Wag es nicht einen Fuß in die Wüste zu setzen, ohne vorher die Spielgeschwindigkeit auf Schneckentempo zu stellen, denn die Medusa wartet schon auf dich und sobald du sie siehst… richtig geraten! 'Kings Quest III' verlangt dem Spieler über weite Strecken enorme Konzentration ab. Regelmäßiges Speichern und Laden war auch schon in früheren Teilen und in der Science-Fiction-Reihe 'Space Quest' eine lebenswichtige Taktik. Aber hier wird das repetitive Spielen einer bestimmten Stelle auf die Spitze getrieben. Dazu kommen Zufallselemente, die einen nach unzähligen Versuchen sorgsam durchdachten Zeitplan vollkommen zunichte machen.
Um sich beispielsweise dem Zauberer zu entledigen, muss Gwydion sich mit der Kunst des Zauberns vertraut machen. Dazu gehört auch das Sammeln verschiedener Zutaten, die über ganz Llewdor verteilt sind. Ist man allerdings nicht schnell genug, dann kommt der Zauberer zurück aus dem Urlaub und Gwydion geht‘s an den Kragen. Leider sind in Llewdor auch böse Räuber unterwegs, die per Zufallsgenerator hier und da auftauchen. Und wenn das Spiel nicht gerade im Schneckentempo abläuft, haben die Räuber ihn schnell mal ausgeraubt. Die Sachen sind nun erst mal weg und der Spieler muss ins Versteck der Diebe um sie sich wieder zu holen, all derweil die Zeit drängt. Die Diebe wohnen in einem versteckten Baumhaus, dessen Zugang erst einmal entdeckt werden will. Dann geht’s eine Leiter hoch zum Haus, aber selbst dieser scheinbar nichtige Teil kann dank der Steuerung zum Problem werden, denn wenn man nicht genau aufpasst, verpasst man die Kante des Plateaus und fällt die Leiter runter. Und dann stirbt man. Hat man diese Klippe umschifft dann greift der Zufallsgenerator erneut, denn die Chancen, dass die Räuber wach sind oder schlafen, stehen 50-50. Und wenn sie wach sind, dann ist das Betreten des Hauses schon ein Todesurteil, denn die Banditen schubsen einen postwendend vom Baum.
'Kings Quest III' kommt dem Spieler zu keiner Zeit entgegen. Alles was Probleme bereiten kann, bereitet arge Probleme und alles was keine Probleme bereiten sollte, das macht trotzdem welche. Bei so einer Tour de Force den Spieler bei Laune zu halten ist beinahe unmöglich. Aber 'Kings Quest' schafft es eben irgendwie doch, dass sich die ganzen Strapazen für den Spieler lohnen. Grund dafür ist zumeist die famose Story, die den Spieler von Beginn an fesselt. Gwydion hat Charakter und es fällt leicht sich mit dem, in der Zwickmühle gefangenen Knaben zu identifizieren. Tut man nichts, hat man bald sein Leben ausgehaucht. Tut man zu viel, wird falscher Ehrgeiz ebenfalls bestraft. Der Spieler muss tatsächlich äußerst gerissen vorgehen, damit Gwydion aus dem ersten und schwierigeren Teil des Abenteuers heil heraus kommt. Das Spiel belohnt durch eine konsequente Entfaltung der Story, die erst im Laufe des Abenteuers die Brücke zu den bisherigen 'Kings Quest' Teilen schlägt. Ansonsten wird dem Spieler aber auch alles geboten. Böse Zauberer, menschenfressende Spinnen, Piraten, Drachen und der schreckliche Schneemensch sind nur ein kleiner Teil dessen was da auf einen zu kommt.
Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass man zuweilen auf seinen Computer einschlagen möchte, weil Gwydion mal wieder ins Gras gebissen hat. Neben fiesen Zufallsereignissen, harschem Zeitlimit und halsbrecherischen Geschicklichkeitseinlagen (Treppe runtergehen ist schwieriger als Drachen töten) warten altbekannte Probleme, die die Bedienung mittels Textparser nun mal mit sich bringt. Oft verzweifelt man an den grundlegendsten Aktionen, weil allgemeingültige Befehle wie „look around“ nicht immer das zu Tage fördern, was wichtig ist. Gute Kenntnisse des englischen Vokabulars sind von Nöten um jede kleinste Ecke des Bildschirms zu durchforsten. Und leider erspart einem 'Kings Quest' auch keine einzige Sackgasse. Wenn ein Zauber am Anfang nicht erlernt wurde, den man ganz am Ende des Spiels braucht, dann waren tatsächlich so einige Spielstunden für die Katz. Die Idee den Kopierschutz in Form von Zauberrezepten die aus der Anleitung Wortgetreu abzutippen sind, ins Spielgeschehen zu integrieren, geht einem auch schnell auf den Zeiger und sorgt für weitere Frustorgien, bei denen Gwydion sich oft selbst tot zaubert. Vor allem im Vergleich mit dem milden Schwierigkeitsgrad aus dem zweiten Teil, merkt man das „To Heir is Human“ kratzt und beisst, bevor man sich endlich den verdienten Abspann ansehen darf.
Grafik und Sound
Der moderne Adventure-Gamer kann über die EGA-Grafik von damals wahrscheinlich nur noch müde lächeln. Vergleicht man aber die Grafik mit den beiden Vorgängern, fällt der Fortschritt deutlich auf. Die Hintergründe wurden allesamt mit viel Liebe zum Detail gezeichnet, so dass es trotz grober Klötzchengrafik auf jedem Bildschirm etwas Schönes zu entdecken gibt. Die Schränke des Zauberers sind vollgestopft mit allerlei Zauberkrimskrams, im Wüstensand tummeln sich Schlangen und Skorpione und Mama Bärs Blumenbeet ist eine wahre Farbpracht. Auch die zahlreichen Animationen des Protagonisten und der Nebencharaktere sind schön anzusehen und verdeutlichen den Unterschied zum ersten und zweiten Teil. Wer allerdings kein Herz für den Ultra-Retrolook aufbringen kann, den wird die Grafik wohl eher nerven. Vor allem wenn man nicht erkennen kann, was die vier aneinander gereihten braunen Pixel sein sollen, die da vor einem auf dem Boden liegen und Gwydion die „Schlangenhaut“ auch per „look down“ Befehl nicht findet.
Die Musik ist bis auf das Titelthema und ein paar sekundenlange Tonfolgen, die eher Warnsignal als Hintergrundmusik sind, nicht vorhanden und kann daher negiert werden. Führt man sich aber mal die Musik zu Gemüte, die dem ersten Teil auf dem Master System spendiert wurde, kann man einfach nur heilfroh sein, dass 'Kings Quest' ohne auskommt. Einzelne kleine Soundeffekte, wie Vogelgezwitscher oder das herunter plumpsen eines ungeschickten Gwydion wurden eingebaut.
Versionen und Verfügbarkeit
'Kings Quest III: To Heir is Human' wurde zuerst 1986 von Sierra (damals noch Sierra-Online) veröffentlicht. Gab es das Spiel zunächst nur als DOS-Version, kamen bald Portierungen für Macintosh, Amiga und Atari ST heraus. 2006 brachte die Independent Software Schmiede Infamous Adventures ein Remake in schicker VGA-Grafik und mit Maussteuerung heraus, das grafisch dem späteren fünften und sechsten Teil nachempfunden wurde. Dazu wurde ein stimmungsvoller Soundtrack komponiert und sogar Sprachausgabe beigefügt. Das Remake gibt es kostenlos und vollkommen legal zum Download auf der Website von Infamous Adventures www.infamous-adventures.com. Wer das Original will, kann die Sammelbox mit den ersten sieben Teilen für etwa zwanzig Euro käuflich erwerben. Funktionieren tut das Spiel unter Windows mit dem Programm DosBox.
'Kings Quest III' ist ein harter Brocken. Möglicherweise eines der schwersten Computerspiele überhaupt. Sachverhalte und Spielsituationen müssen oft bis ins kleinste Detail studiert werden, bevor man endlich die richtige Lösung für das Problem gefunden hat. Nicht selten empfindet man als Spieler die Hürden, die sich einem dabei in den Weg stellen als unfair, und oft sind sie auch nichts anderes. Teilweise muss man dies den Programmierern anlasten, denn ein zu häufiger Bildschirmtod ist auf die Dauer demotivierend. Selbst bei der Berücksichtigung von Sierras damaliger Adventure-Philosophie stirbt man unverhältnismäßig oft. Gottseidank wartet 'Kings Quest III' ansonsten mit hoher Qualität auf. Die Story ist spannend, originell und entfaltet sich stückweise, so dass einem nie langweilig wird. Das Einsetzen von erlernten Zaubern ist ein kluger Einfall und erschafft ein neues Interaktionslevel, mit dem man seine Umgebung beeinflussen kann. Für jüngere Spieler ist der Teil aber aufgrund seines immensen Schwierigkeitsgrades vollkommen ungeeignet. Alle anderen Adventurefans, die von Rückschlägen eher noch mehr angespornt werden und auch beim fünfzehnten Absturz von der Treppe die Flinte nicht ins Korn werfen, sollten sich mal an Sierras höllenschwerem Spiel versuchen.
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King's Quest 3: To Heir is Human
- Entwickler
- Sierra
- Publisher
- Sierra
- Release
- 1986
- Trailer
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