2009 / 2010 haben wir in unserer Sierra-Studie ausführlich über den Werdegang des Publisher- und Entwickler-Unternehmens berichtet. Die damalige Koryphäe in der Adventure-Game-Branche meldete sich 2015 mit einem neuen 'Kings Quest' zurück. Zumindest teilweise, denn es erschien, und erscheint weiterhin, zeitgenössisch im Episoden-Format, entwickelt von The Odd Gentlemen. In diesem Klassiker-Test wollen wir uns den Anfängen dieser großartigen Fantasy-Serie widmen. Wir verbeugen uns vor Sierras Pioniers-Arbeit, dem ersten echten Grafik-Adventure, einem Wegbereiter und Meilenstein für unser Lieblings-Genre.

Auf nach Daventry
Einst regierten der gütige König Edward und seine Königin das friedliche und glückliche Königreich Daventry. Doch trotz all des Glücks gab es leider etwas, das ihnen nicht vergönnt war. Die Tatsache, dass sie keine Kinder bekommen konnten, versetzte sie in große Trauer. Nicht nur, das ein Thronfolger fehlte, der große Herzenswunsch blieb unerfüllt. Diese Not machte sich ein böser Magier zu Nutze. Er stattete dem königlichen Ehepaar einen Besuch ab und bot ihnen an mit Magie ihr Problem zu lösen. Als Gegenleistung verlangte er den magischen Spiegel, der die Zukunft vorhersehen konnte. Dieser zeigte bei vorherigem Befragen tatsächlich einen Thronfolger und so willigten sie ein. Dies war, wie es auch in Märchen immer so ist, ein Fehler. Die Königin erwartete nach Jahren immer noch kein Kind und es startete eine regelrechte Unglücksserie. Die Ernten blieben aus, das Volk hungerte, Teile des Landes mussten verkauft werden, die Königin wurde krank. Alles Unglücke, die mithilfe des Spiegels hätten verhindert werden können.
Ein weiterer Handel mit einem Zwerg, der versprach, seine Ehefrau zu heilen, ließ Edward sein magisches Schild verlieren, das sein Heer bisher unbesiegbar machte. Doch seine Ehefrau starb, sein Königreich war angreifbar und erlitt großen Schaden. Nach einigen Jahren der Trauer, heiratete König Edward eine junge Prinzessin. Die Hochzeit gab ihm Hoffnung, doch leider war die Prinzessin keine richtige Prinzessin, sondern ein böse Hexe und nachdem sie erfahren hatte, wo sich die nie versiegende Schatztruhe befand, machte sie sich auch schon damit aus dem Staub. Voller Verzweiflung bat der König seinen treusten und besten Gefolgsmann zu sich, Sir Graham. Sollte ihm es glingen, die drei magischen Gegenstände (Spiegel, Schwert, Schatztruhe) wieder zu beschaffen, würde er damit das Königreich retten und sogar der Thronfolger von Daventry werden.
Es war einmal im Märchenland
Die lange Vorgeschichte ist detailliert im Handbuch nachzulesen und führt uns gut in das Abenteuer ein. Weitere narrrative Elemente im Spiel selbst sind allerdings nicht zu erwarten. Wir schlüpfen also direkt in die Rolle von Sir Graham und finden uns auch gleich vor King Ewards Schloss wieder. Eine Holzbrücke führt uns über den moddrigen Schutzgraben, in dem bereits hungrige Alligatoren auf einen Fehltritt unsererseits warten. Die Brücke passiert, öffnet Graham auch schon die große Eingangstür des Schlosses und gelangt nach einem kurzen Gang durch die Schlosshallen zum König. Keine Wachen weit und breit und auch sonstiges Personal ist nicht zu sehen. Der Souverän des Landes klagt uns, diesmal persönlich, sein Leid und bittet uns um Hilfe.
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Sogar mit einem feuerspeienden Drachen bekommt Sir Graham es zu tun. |
Wir nehmen uns selbstverständlich der Herausforderung an und streichen durchs Land, in der Hoffnung die magischen drei Gegenstände wieder zurückzubringen. Die Welt von 'Kings Quest I' überrascht hierbei mit einem symphatischen Mix aus Bestandteilen diverser Mythen und Märchen. So treffen wir beispielsweise auf einen Riesen, der über den Wolken lebt, die Hexe in ihrem Lebkuchenhaus, Kobolde, Gnome, Oger, eine Fee, die einen schützenden Zauber über Sir Graham legt und einiges mehr, dass dem Spieler bekannt vorkommen kann. Auch eine weitere namhafte Person hat hier einen Gastauftritt. Leider habe ich den Namen vergessen, auch würde er mir nicht einfallen, wenn ich drei Mal raten müsste. Aber bestimmt würde sich diejenige beim richtigen Treffer selbst in Stücke reißen.
Rätsel genauso märchenhaft?
Es mag hilfreich sein die Geschichten der Gebrüder Grimm etc. zu kennen, um einige Rätsel zu lösen, jedoch darf man nicht erwarten, dass Roberta Williams, die Schöpferin dieses Spiels, die Begebenheiten aus den Märchen einfach übernommen hat. Ganz im Gegenteil, nicht selten führt sie den Spieler damit sogar gekonnt aufs Glatteis. Der Riese über den Wolken beispielsweise hat nichts mit dem goldenen Ei zu tun, obwohl die Verbindung aufgrund des Märchens “Hans und die Bohnenranke” gezogen werden könnte.
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Anstatt die Bohnenrampe zu erklimmen, nahm ich lieber die Treppe. |
Auch kann man den gefährlichen Riesen nicht mit der Steinschleuder erlegen. Dieser Gedanke kam mir nämlich in der Hoffnung, damit die Lösung aus David und Goliath zu ziehen. Mit solchen gut gemachten, anspruchsvollen Denkaufgaben ist das Spiel prall gefüllt. Sie sind in der Regel immer logisch aufgebaut und mit einiger Knobelei zu knacken. Doch leider gibt es auch ein paar Ausnahmen, Rätsel, die wenn überhaupt, nur mit außerordentlichen Einfallsreichtum und Kreativität oder lediglich zufällig zu lösen sind. Das ist eine Spur zu knochig, so dass der Spielspaß stark gehemmt wird.
Grundlagen des Spielprinzips
Zum ersten Mal in diesem Spiel verwendet wurde der sogenannte Adventure-Game-Interpreter, kurz AGI, zu damaligen Zeiten eine absolute Revolution. Die Figur wird mit dem Cursor durch die Spielelwelt geführt und kann durch Befehlseingabe über die Tastatur Handlungen durchführen. Das Handbuch gibt leider keinerlei Hinweise darauf, welche Befehle das System als gültig ansieht und welche nicht.
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Die Begegnung mit dem Riesen ging in diesem Fall übel aus. Vorsicht ist geboten. |
Die Suche nach den richtigen Vokabeln gestaltet sich als nicht allzu schwer, doch Spieler, die bisher Erfahrungen in AGI-Adventures der Serien 'Space-Quest', 'Police-Quest' oder beispielsweise 'Larry' gesammelt haben, werden sich schneller in das Spielprinzip einfinden können, als Neulinge. Richtige Aktionen werden mit Punkten belohnt. Zu erreichen gibt es übrigens 158. Um 'Kings Quest I' erfolgreich abzuschliessen, ist nicht die volle Punktzahl nötig. Der erreichte Wert kann mehr als Hinweis auf den Spiel-Fortschritt gesehen werden oder darauf, dass eine getätigte Handlung evtl. nicht ganz richtig war. Wurde ein Gegenstand nämlich falsch verwendet oder hat man einen verloren, bekommt man Pünktchen abgezogen. Bestrafungen können bei dem Adventure aber vielseitig sein. Der Held kann bei einer Fehlhandlung oder einem Fehltritt durch Ertrinken, Fallen oder auch durch Hand eines feindlich gesonnenen Zeitgenossen sterben, aber auch die höchste und schlimmste aller Strafen kann einem zu Teil werden: die Sackgasse.
Wer nicht regelmäßig unterschiedliche Spielstände anlegt, wird sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf einen Neubeginn des Abenteuers freuen dürfen. Das Game besteht aus viel Lauferei, Spots erkunden und regem Ausprobieren. Anzuraten ist, händisch eine Karte zu fertigen und sich dazu eine Menge Notizen zu machen, um nicht den Überblick zu verlieren und planloses Umherirren zu vermeiden.
Grafik und Sound – Willkommen im Jahr 1984
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Retro-Look mag in Mode sein, aber die EGA-Optik wird wohl nicht bei jedem Spieler Akzeptanz finden. |
Die Landschaften von Daventry werden in der 16-Farben-Optik abgebildet. Die Spielegrafik bietet viel Natur: Bäume, Büsche, Seen, Felsen, Brücken, eine Wolkenlandschaft und vieles mehr. Dies und die Animationen der märchenhaften Gestalten ließen dem Spieler von damals in ein schönes Fantasy-Abenteuer eintauchen. Heutzutage erscheint es selbst für jemanden, der sich mit EGA-Grafik anfreunden kann, sehr unsauber, grob und lieblos – teilweise wie Werke aus einem Paint-Anfänger-Kurs. Der PC-Speaker fiept im Titelbildschirm den Folk-Song Greensleeves, auf weitere musikalische Untermalung muss das Spiel aber verzichten. Einzig ein paar Sound-Effekte bekommt man noch zu hören, wenn beispielsweise unsere Spielfigur von einem Felsen fällt oder auf einen Bösewicht trifft.
Versionen und Verfügbarkeit
Auf folgenden Plattformen ist 'Kings Quest I' erschienen: MS-DOS, Tandy 1000, Mac, PCjr, Apple II, Apple IIGS, Amiga, Atari ST und sogar für die 8-Bit-Spiele-Konsole Sega Master System. An das Original wird man nicht mehr dran kommen, an eine Collection mit weiteren Fortsetzungen als CD-Box oder als Download bei den gängigen Online-Verkaufsplattformen. Dosbox und ScummVM sorgt für problemloses Spielen auf allen Windows-Systemen. 1990 veröffentlichte Sierra eine SCI-Neuauflage mit detaillierterer Grafik in höherer Bilschirmauflösung. AGD Interactive hat 2001 sogar eine Fan-VGA-Version des Adventures entwickelt und kostenfrei ins Netz gestellt. Das Fan-Remake von AGD-Interactive ist hier zu finden. Auch via Steam und GOG ist die Fantasy-Reihe inzwischen verfügbar.
Nüchtern betrachtet mag dieser Titel zwar das Adventure-Genre revolutioniert haben, doch die Urfassung von Kings Quest – Quest for the Crown will in die heutige Zeit nicht mehr so richtig reinpassen. Es wirkt einfach sehr alt. Durch die kaum vorhandene Handlung erfährt der Spieler wenig Unterhaltung, wobei der Märchen-Mix aber eine gute Idee ist. Die Rätsel waren nach meinem Geschmack anspruchsvoll und einfallsreich und müssen mit einem Lob gewürdigt werden, doch ist der Schwierigkeitsgrad teilweise so hoch, dass der Spielspaß dabei schnell abhanden kommt. Sehr ärgerlich sind die Sackgassen, findet man sich mal in einer wieder, hat man wenig Lust den ganzen Weg dieser öden detailfreien EGA-Landschaft noch mal zu durchlaufen. Sterbemöglichkeiten sehe ich wie immer nicht als negativ an, die können Spannung ins Spiel bringen. Sierra-Fans und Spieler, die keinen Meilenstein des Adventure-Genres verpassen möchten, sollten einen Blick drauf werfen, denn die Rätsel machen es auch heute noch spielenswert.
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King's Quest: Quest for the Crown
- Entwickler
- Sierra
- Publisher
- Sierra
- Release
- 10. Mai 1984
- Trailer
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