Mittlerweile wissen wir wohl alle nur all zu gut, dass Adventures ein schwieriges Leben haben. Nachdem die Blütezeit der Abenteuerspiele ein jähes Ende fand, noch bevor das letzte Jahrtausend zur Neige ging, ringen die Spiele heute noch panikartig nach Luft. Genre-Lichtblicke gibt es nur wenige und wenn, dann sind sie meistens nur an die eine, vorherrschende Plattform – den PC – gebunden. Dass sich Adventures auf Konsolen einfanden, geschah nur sehr selten und meistens hinkten die Spiele dann ihrem PC-Vettern immer mit irgendeinem Manko hinterher. Sei das ein 'Discworld' auf der PSX, welche ohne entsprechende Maus und einer Memory Card mit 15 freien Block nie spielbar gewesen wäre. Oder aber ein 'Monkey Island 4', welches durch einen fiesen Speicherbug jegliche Konsolenbesitzer in den Wahnsinn trieb. Wie dem auch sei, man verschwendet kaum mehr Gedanken an Adventure-Spiele. Jedenfalls meistens nicht. Nur ab und zu gibt es ganz klitzekleine Ausnahmen, die den Markt auch in einem anderen Segment erfreulich professionell bereichern. Ein Beispiel dafür ist 'Another Code: Doppelte Erinnerung' für den Nintendo DS.

Endlich wieder Stoff für die kleine Konsole
Adventure-Fans, die nur eine Konsole besitzen, mussten bis heute wohl ein äusserst frustriertes Leben gelebt haben. Noch schlimmer muss es denen ergangen sein, die nichts weiter als einen Game Boy oder einen anderen vergleichbaren Handheld ihr eigen nennen können. Auf dem Game Boy ist es nämlich so, dass Spiele mit Titeln wie 'Indiana Jones and the Last Crusade' nichts mit "benutze Pfosten mit Bodenplatte" zu tun haben, sondern viel eher mit "penetriere Knopf A so lange bis du mit Knopf B nachladen musst".
Eine grosse, überraschende Ausnahme, die neben all den vielen Jump and Runs, RPGs und Action-Spielen das Licht der Welt erblickte, war 2002, als unser allerliebstes 'Baphomets Fluch' von Revolution Software Ltd. - nach einer PC und PSX Version - nun auch für den Game Boy Advance entwickelt wurde. Mit dem sogenannten Nintendo Double Screen (kurz DS) erschien nun eine weitere Handheld-Konsole von Nintendo, die ausschliesslich für 'Super Mario'- und 'Zelda'-Spiele gedacht ist... könnte man meinen. Doch einer der zur Zeit vielversprechendsten Adventuretitel soll nun diesen Monat für eben diesen Handheld erscheinen. Damit macht das Adventure-Genre endlich seinen ersten, grossen Schritt auf eine neue Plattform und nutzt diese auch mit all ihren Innovationen bis zum Anschlag aus. Aber beginnen wir am besten ganz am Anfang, am Herzstück eines jeden Adventure-Spiels: Der Hintergrundgeschichte.
Wenn die Mami stirbt und der Papi abhaut
Die junge Ashley Mizuki Robbins ist verbittert. Das junge Mädchen hat bereits in ihren frühen Jugendjahren eine schwere Kindheit hinter sich. Als Kleinkind wurde sie Zeuge des blutigen Mordes an ihrer Mutter Sayko. Aus nächster Nähe wurde diese von einem Unbekannten erschossen und Ashley wird fortan ihr Leben lang von Albträumen geplagt. Seit diesem schicksalsschweren Ereignis ist das junge Mädchen elternlos, d.h. auch ihr Vater verschwand danach spurlos. Ashley wächst bei ihrer Tante Jessica zu einem hübschen Teenager heran, bis sie am Tage ihres 14. Geburtstags einen mysteriösen Brief erhält. Darin bittet ihr Vater sie, so schnell wie möglich zu einer seltsamen Insel namens "Blood Edward Island" zu schippern. Ihr leiblicher Vormund soll nämlich einige interessante Informationen für sie bereit halten.
Ashley macht sich also schnurstracks auf den Weg zur Insel. Die abenteuerliche Reise unternimmt sie aber nicht alleine: Ihre Tante Jessica begleitet sie. Allerdings hält die Gefährtschaft der beiden Mädels nicht lange und Ashley verliert ihre Tante nach der Ankunft auf der Insel aus den Augen. Nun gilt es, Jessica zu finden und wie sich Ashley konsequenterweise denken kann, wird sie mit auf ihrer Suche nach Jessica wohl auch endlich auf ihren totgeglaubten Vater treffen...
Point and Click mit einem stylischen Stylus
Die Geschichte um Ashley und ihre Vergangenheit wird in einem ausführlichen und deshalb auch ziemlich langen Intro erzählt. Am Anfang des Spiels werden unzählige Dialoge geführt, u.a. mit Jessica und dem Kapitän, der sie auf diese mysteriöse Insel gebracht hat. Ein relevanter Inhalt der ersten Dialoge stellt ein rohes Tutorial zur Benutzung des Interfaces dar. Dabei haben sich die Spieldesigner was ganz besonderes ausgedacht: Quasi als eine Art Symbol für die künftige Interaktion, erhält Ashley mit dem geheimnisvollen Brief auch einen Minicomputer vom Vater mitgeschickt. Dieser sieht dem Nintendo DS zum verwechseln ähnlich. Das Mädel erfährt einige Einzelheiten zur Steuerung und zu den spielrelevanten Aktionen. Diesbezüglich nutzt 'Another Code' die innovativen Eigenheiten des Nintendo DS völlig aus. So laufen bspw. Zwischensequenzen und Gespräche immer auf beiden Bildschirmen ab. Im Spiel bewegt man Ashley per Stylus auf dem unteren Bildschirm. Der obere zeigt einem relevante Orte und Personen an, sobald die Spielfigur daran vorbeiläuft.
Spektakuläre Sonnenstrahlen im Anime-Stil

Gelangt ihr an eine Stelle, in der eine Interaktion möglich ist, wird die wie erwähnt im oberen Bildschirm aus der Ego-Perspektive gezeigt. Falls man sich dazu entschliesst dieses Areal weiter zu untersuchen, wird die Ansicht in den Touchscreen hinzugefügt. Anschliessend spielt sich das Abenteuer wie ein First-Person Adventure: Gegenstände und sonstige Bildelemente können per Klick auf eine Lupe genauer untersucht und von der Spielfigur kommentiert werden.
Auch bei den Dialogen versucht man das Gameplay so einfach wie möglich zu gestalten. Diese werden per Multiple-Choice über den Touchscreen geführt. Innerhalb einer Unterhaltung werden die Protagonisten mit einem eigenen Portrait gezeigt, welche sich je nach Emotionen der Charaktere und dem Textinhalt anpassen. Stilistisch präsentiert sich das Adventure erwartungsgemäß durchwährend im asiatischen Anime-Zeichenstil.
Es darf gedreht, gedrückt, gebogen und gekratzt werden
Die auffälligste und zugleich erfreulich vielseitige innovative Nutzung der Möglichkeiten des Nintendo DS, zeigt sich vor allem im Rätseldesign. Alle möglichen Variationen der Verwendung des Touchscreens werden im Laufe des Spiels dazu verwendet, ein Rätsel zu lösen. Sei es, um einen Hebel zu bewegen oder einen Stein wegzurücken, oder den Rost von einer Eisenplatte zu kratzen: Die erforderliche Handbewegung kann genau mit dem Stylus auf dem Screen nachempfunden werden. Das fördert ein interaktives Gefühl ungemein und bietet ausserdem eine unglaubliche Rätselvielfalt. Der Minicomputer von Ashley ermöglicht weiterhin eine Option Fotos von allen möglichen Schauplätzen zu machen. Dies hilft im Wesentlichen, die Übersicht zu wahren.
Auch ein Inventar ist im Spiel vorhanden. Gegenstände die Ashley im Laufe ihres Abenteuers aufsammelt, werden in eine kleine Tasche befördert. Eine kategorisierte Liste mit allen Dingen kann durch Klick auf den Taschen-Button abgerufen werden. Wie in einem Adventure üblich, werden die meisten Gegenstände auch in 'Another Code' dafür verwendet, um mit der Umgebung zu interagieren und Rätsel zu lösen.
Hier spielt die Musik, aber ohne Gesang
Im Gegensatz zur Optik präsentiert sich das Handheld-Adventure akustisch eher solide. Die Musikuntermahlung entspricht keiner Bach-Symphonie, mag das Spiel aber atmosphärisch bereichern. Dabei ist 'Another Code' musikalisch nie besonders heiter. So trifft man bereits im ersten Kapitel auf einen Geist, dessen Präsenz mit gruseligen Klängen untermahlt wird. Dies wird auch in den späteren Kapiteln weitergeführt, zumal die Locations gegen Ende des Spiels auch etwas düsterer und modriger werden. Sprachausgabe gibt es leider keine. Vielleicht wäre ein Schritt dahin schon etwas zu radikal, trotzdem ist es schön sich vorzustellen, wenn die Protagonisten mit entsprechend passenden Stimmen mehr Leben eingehaucht bekommen hätten.
'Another Code: Doppelte Erinnerung' spielt sich äusserst praktisch und angenehm. Die Innovation des neuen Nintendo-Handhelds fliesst offensichtlich auch in die Entwicklung der Videospiele mit ein und mit Ashleys Abenteuer steht selbst den Adventure-Fans endlich ein vielversprechendes Spiel mit knackigen, vielseitigen Rätseln, einer dichten Story und interessanten Charakteren bevor. So weist der Titel jegliche relevante Bestandteile eines guten Adventure-Spiels auf. Besonders erwähnenstwert ist ausserdem, dass man in 'Another Code' nicht sterben kann.
Ob das Spiel durchwährend in allen sechs Kapiteln auf den Spieler eine solche Faszination ausüben kann, dazu dann mehr Ende Juni im finalen Test. Ohne Zweifel könnt ihr euch aber auf den vollständig lokalisierten Titel freuen. Vielleicht ist 'Another Code' ja der erste, erfolgreiche Schritt für ein frisches Genre für Handheld-Konsolen. Nach Angaben der Entwickler CING – die sich bereits für das subtile 'Glass Rose' (PS2) verantwortlich zeigten – denke man nämlich über eine Serie nach, die mit 'Another Code' einen möglich Anfang gefunden hat.
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Another Code: Doppelte Erinnerung
- Entwickler
- CING
- Publisher
- Nintendo
- Release
- 24. Juni 2005
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Spielzeit
- 7 Stunden
- Webseite
- http://www.nintendo-europe.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Another Code bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
3 Kommentare
Freu mich schon , nur noch 2 1/2 Wochen!!
Nur behielt es den englischen Namen: Broken Sword, das Spiel selbts ist Multilanguage.
Danke für den Hinweis.