Expelled!: An Overboard! Game - Review

Irgendjemand muss die Schuld ja auf sich nehmen

Aber nicht Verity Amersham, die Hauptfigur unseres Spiels. Es ist das Jahr 1922 und wir befinden uns mit Verity in einem Mädcheninternat in England. Sie ist Stipendiatin und wurde Zeugin eines Verbrechens. Die Kapitänin des Rugbyteams wurde aus einem Fenster gestoßen und beinahe getötet. Unglücklicherweise war Verity in der Nähe und wird nun verdächtigt, die Tat begangen zu haben. Natürlich völlig zu Unrecht, oder nicht?

So oder so: Um ihre Unschuld zu beweisen, bleiben uns genau acht Stunden. Gelingt es uns nicht, wird Verity von der Schule verwiesen. Doch das ist schwieriger als gedacht, denn alle Hinweise sprechen gegen sie, egal wie sehr wir ihre Unschuld beteuern.

Und dann sind da noch die wichtigen Fragen: Wer war es wirklich? Und warum? Zumindest sollten wir das herausfinden, wenn wir ungeschoren davonkommen wollen. Oder wir schieben jemand anderem die Schuld in die Schuhe. Oder finden einen ganz anderen Weg, um dem Verweis zu entgehen.

Ein bisschen Agatha Christie im Mädcheninternat

...aber verrückter, spannender und mit jeder Menge Krimi und Wow-Effekten. Das Spielprinzip ist simpel, dennoch einprägsam. Durch geschickte Dialogführung und kluges Zeitmanagement versuchen wir, die Ereignisse zu unseren Gunsten zu lenken und die verschiedenen Akteurinnen des Internats auf unsere Seite zu ziehen.

Dabei ist es fast unmöglich, direkt im ersten oder zweiten Anlauf davonzukommen. ‘Expelled‘ spielt sich genau wie sein Gameplay-Vorgänger ‘Overboard‘. Den Test dazu findet ihr hier. Das Spiel ist auf mehrere Durchgänge ausgelegt. Je nach Ereigniskette verläuft jeder neue Versuch anders und das Ergebnis variiert. Auch das Inventar spielt eine wichtige Rolle. Hier sammeln wir Gegenstände, die wiederum neue Möglichkeiten im Spielverlauf eröffnen. Besonders bahnbrechende Erkenntnisse können im zweiten oder dritten Durchlauf zusätzliche oder alternative Optionen freischalten.

Es gibt jede Menge Abwechslung im Gameplay, verschiedene Enden und unzählige Geheimnisse sowie versteckte Errungenschaften, die jeden Durchlauf einzigartig machen und Lust auf mehr wecken. Was passiert, wenn ich schon um 8 Uhr im Krankenzimmer auftauche und den Kirchgang schwänze? Oder wäre es besser, zur Kirche zu gehen und das Krankenzimmer komplett zu ignorieren?

Eine Visual Novel als modernes Textadventure

Die Grafik ist einfach und minimalistisch gehalten. Die Charaktere sind jedoch durchdacht und ansprechend, genau wie das gesamte Setting. Das Adventure kommt im Visual-Novel-Comic-Stil daher und wirkt dennoch dynamisch und lebendig. Dazu trägt auch die stimmungsvolle und passende Jazz-Musik im Hintergrund bei. Eine vollständige Synchronisation gibt es nicht. Die Hauptfigur wird aber im Vorspann und in bestimmten Szenen professionell vertont.

Passend zum Comic-Stil werden Dialoge in Sprechblasen dargestellt. Erreichen wir einen neuen Handlungsort, zum Beispiel das Krankenzimmer, werden uns die aktuelle Uhrzeit und die dort anwesenden Charaktere angezeigt. Dann können wir handeln und mit den Personen sprechen. Dafür stehen verschiedene Dialogoptionen zur Auswahl. Da sich in mehreren Durchläufen einige Handlungen wiederholen, werden bereits gewählte Optionen farblich hervorgehoben. Zudem gibt es einen „Wiederholen“-Button, mit dem wir die Zeit schneller vorspulen und eine Szene identisch erneut durchspielen können.

Auch eine kleine Hilfefunktion ist im Spiel integriert. Wer Hinweise und Tipps benötigt, sollte sich in der Kirche genauer umsehen. Wer ‘Overboard‘ mochte, wird das Gameplay in Expelled nicht nur wiedererkennen, sondern auch genießen. Ich habe ‘Expelled‘ als etwas interaktiver empfunden als seinen Vorgänger. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich die Geschichte mit jedem Durchlauf verändert. Mehr kann ich dazu nicht verraten, ohne zu spoilern. 

Eine kleine, aber bedeutende Neuerung gibt es im Vergleich zum Vorgänger. Zu Beginn des Spiels starten wir als unbeschriebenes Blatt mit einer vollkommen reinen Weste. Doch im Verlauf des Spiels stehen uns auch rote Optionen zur Verfügung. Diese erhöhen unsere Böswilligkeit. Wir beginnen bei 0 von 100 Punkten auf der Böse-Skala. Je mehr Punkte wir sammeln, desto skrupelloser werden wir und desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich. Das bedeutet aber nicht, dass wir am Ende zwangsläufig besser dastehen.