Den Archäologie-Professor Layton und den Anwalt Phoenix Wright ein gemeinsames Abenteuer erleben zu lassen, nun ja, das klingt nicht nur in visueller Hinsicht gewagt. Davon ließen sich die Entwickler von Capcom und Level-5 allerdings nicht beirren und so erblickte 'Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney' vor mehr als drei Jahren in Japan am Nintendo 3DS das Licht der Welt. Kürzlich haben auch wir einen Blick darauf geworfen und berichten im ausführlichen Test davon.

Ein rätselhafter Fall
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Rechts haben wir Phoenix Wright und der Herr links ist Professor Layton |
Eines Nachts erhalten Professor Layton und sein Assistent Luke in England unerwartet Besuch von einer jungen Frau, die Hilfe benötigt. Hexen seien ihr auf den Fersen und wollen sie zurückholen in eine mysteriöse Stadt namens Labyrinthia. Tatsächlich wirkt Sophie, als stamme sie nicht von hier. London ist für sie ein Fremdwort, wie so viele andere Dinge. Grund genug, um an ihrem Verstand zu zweifeln, doch bald wird deutlich, dass ihre Ängste sehr wohl berechtigt sind: Sophie wird von einem hexenartigen Geschöpf entführt und es hat ganz den Anschein, als wäre tatsächlich Magie im Spiel. Wie kann das sein? Für den rätselbegeisterten Archäologie-Professor ist dieses Mysterium ein gefundenes Fressen und als selbsternannter Gentleman setzt der Mann mit dem eleganten Hut alles daran, um die junge Frau zu retten und zwar komme was wolle.
Wie passt Phoenix Wright nun in dieses Puzzle? Der berühmte Anwalt wurde im Rahmen eines Austauschprogramms der internationalen Anwaltskammer nach London geschickt. Für seine aufbrausende Assistentin Maya Fey die ideale Gelegenheit für eine ausgiebige Sightseeing Tour, was ihrem Boss ein paar graue Haare beschert. Während Professor Layton stets besonnen und rational agiert, ohne einen Fehler zu machen, erlebt man mit Phoenix Wright für gewöhnlich emotionale Achterbahnfahrten, die davon geprägt sind, dass er trotz Fehlschläge und peinlicher Zwischenfälle niemals aufgibt. Das zeigt sich bald, denn der London-Aufenthalt bleibt nicht touristisch. Phoenix soll als Verteidiger vor Gericht antreten und wird ohne Möglichkeit zur Vorbereitung ins kalte Wasser geworfen. Es hat den Anschein, als wolle jemand einen Schuldspruch erzwingen. Die Angeklagte ist Sophie und was ihr angekreidet wird, passt bei näherer Betrachtung immer weniger zusammen...
Auf nach Labyrinthia
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Über die Kartenfunktion bewegen wir uns recht übersichtlich durch Labyrinthia und per Lupenfunktion betrachten wir einzelne Orte aus der Nähe |
Beide Duos kommen später in Berührung mit einem recht wundersam verzierten Buch, das angeblich die Geschichte von Sophies Heimat enthält und zwar alles was war und alles was sein wird. Besagt Zeilen stammen vom „Schöpfer“. Das alles mag völlig absurd klingen, doch unsere Helden bekommen bald die Gelegenheit, sich selbst ein Bild davon zu machen, denn das Lesen dieser Lektüre befördert sie geradewegs nach Labyrinthia...
In dieser mittelalterlich inspirierten Welt existiert Magie offenbar wirklich, der Schöpfer und seine Geschichten werden vergöttert, Hexenprozesse abgehalten und verurteilte Hexen zur Läuterung ins Feuer getrieben. Ein Ende sollen diese abscheulichen Prozesse erst finden, wenn die große Hexe Arcana gefasst und verurteilt ist. Es bedarf wenig Vorstellungskraft, um zu erahnen, dass die Fähigkeiten von Phoenix Wright als Spitzenverteidiger bei einer solchen Verhandlung gefragt sein werden und dass in Labyrinthia nicht nur ein Rätsel auf den Professor wartet.
Umfangreiche Story mit vielen Wendungen
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Gibt es Magie tatsächlich? Dieses Buch deutet darauf hin... |
Wer an dieser Stelle meint, wir hätten bereits zu viel von der Geschichte verraten, der sei beruhigt, denn die Story beschäftigt im Normalfall deutlich mehr als 25 Stunden lang (das ist in etwa vergleichbar mit 'Phoenix Wright: Ace Attorney - Dual Destinies') und geht mit zahlreichen Wendungen einher. Erst jetzt geht es richtig los und eines sei unterstrichen: Capcom und Level-5 ist eine durchaus packende Story gelungen, die in eine fremde Welt hineinsaugen kann. Humor, Drama, Rätsel und Intrigen... praktisch ist alles dabei und die Geschichte ist relativ gut verschachtelt. Bei jedem Start des Spiels folgt noch dazu eine kurze Zusammenfassung der letzten Ereignisse, was praktisch ist.
Obwohl Vorwissen im Hinblick auf Professor Layton und Phoenix Wright hilfreich ist, ist das Handheld-Abenteuer für Neulinge sehr offen. Zu bedenken ist aber, dass die Charaktere ähnlich skurril und überzeichnet sind, wie man es von beiden Reihen gewohnt ist und das Crossover nimmt sich selbst nicht übertrieben ernst. Und so empfehlenswert und abwechslungsreich die Geschichte über weite Strecken sein mag, am Ende darf man den beiden Entwicklerteams vorwerfen, dass bei der Auflösung manches ein wenig zu rund läuft. Ein paar Erklärungen erfordern im Nachhinein eine satte Portion Wohlwollen, um akzeptiert zu werden. Wer nicht allzu kritisch in solchen Dingen ist, der braucht sich von diesem Einwand freilich nicht beirren lassen.
Zwei Konzepte in einem...
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Die Mini-Games von Professor Layton darf man sich in etwa so vorstellen |
Die 'Professor Layton'-Abschnitte im Spiel sind gekennzeichnet durch 70 Mini-Games, wobei ein Viertel optional ist. Hierbei handelt es sich um verschiedenartige Herausforderungen, wobei manche Typen in leicht abgewandelter Form wiederkehren. Beispielsweise wird verlangt, mit einer Schachfigur sämtliche gegnerischen Figuren beseitigen, ohne in einer Sackgasse, beziehungsweise einer Falle zu landen. Andere Rätsel erfordern räumliches Vorstellungsvermögen, kleine Zahlenspiele, Umfüllaufgaben, oder man soll in Turnbased-Puzzle-Manier unbemerkt einen Ausgang erreichen und vieles mehr. Teilweise ist der Bezug zur Story deutlich, manchmal weit hergeholt. Die meisten Aufgaben sind nicht besonders schwierig und für den Fall, dass man einmal überfordert ist (oder keine Lust hat), hält die Umgebung Hinweismünzen versteckt, die gegen wertvolle Tipps (bis hin zur Lösung) eintauschbar sind.
Im Gegensatz dazu drehen sich die Abschnitte mit Phoenix Wright darum, Tatorte aus der statistischen Ego-Perspektive nach Hinweisen abzusuchen, Zeugen vor Gericht zu befragen, nachzubohren und entdeckte Widersprüche anhand von gefundenen Beweisen zu untermauern. Neu im Vergleich zu den bisherigen 'Ace Attorney'-Spielen ist nur, dass oft mehrere Zeugen gleichzeitig befragt werden, was eine witzige Dynamik entfalten kann. Vor Gericht ist aufmerksames Zuhören von Vorteil und Querdenken. Kritisierbar ist wiederum, dass meist immer nur ein bestimmtes Objekt geduldet wird, um einen bestimmten Widerspruch zu zeigen, obwohl manchmal womöglich auch ein anderes dieselbe Argumentationslinie ermöglicht hätte (z.B. Zauberspruch und Zauberstab). Die 'Ace Attorney'-Trilogie war in diesem Punkt zum Beispiel flexibler. Ab und zu sticht der Widerspruch auch recht früh ins Auge, doch das Spiel zwingt einen dann zu mehreren Zwischenschritten, ehe es endlich zum Punkt kommt.
Unterm Strich zeigen beide Helden sich von einer sehr soliden, aber nicht von der besten Seite. Der vorsichtige Schwierigkeitsgrad zielt vermutlich darauf ab, Neulinge auf beiden Seiten nicht zu vergraulen. 'Professor Layton vs. Phoenix Wright' ist zweifellos ideal um herauszufinden, ob und welche der beiden Reihen einem eher zusagt. Übrigens gibt es zwölf kostenlose Bonusepisoden, die nach dem Durchspielen verfügbar werden. In jeder wartet ein Rätsel, nachträgliche Erklärungen zur Story, oder Meta-Gags, die sich u.a. auf das Dasein als Spiel beziehen. Die Bonus-Abschnitte eignen sich vorwiegend für Fans und bringen ein bis zwei Stunden Zusatzbeschäftigung.
Film-taugliche Zwischensequenzen
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Die vielen Anime-Zwischensequenzen sind eindrucksvoll gelungen |
Das risikoscheue Gameplay wird zum Teil von der – für Nintendo-3DS-Verhältnisse – überragenden Präsentation wettgemacht, die mit toll visualisierten und animierten Anime-Zwischensequenzen (die sich in jedem Kino-Trickfilm prima machen würden), mitunter erstaunlich guten 3D-Effekten sowie durch stimmungsvolle Musik glänzen kann. Der recht unterschiedliche Grafikstil beider Spiele-Reihen wurde gut aneinander angepasst, ohne fremd zu wirken. Auch die Grafik abseits der vielen Zwischensequenzen ist gut gelungen, wenn auch schlichter.
Die Sprachausgabe wurde für den deutschen Sprachraum lokalisiert und sämtliche Texte wurden übersetzt. Einschränkend sei jedoch erwähnt, dass nur einen Bruchteil der Texte vertont ist und man eine Fülle an Text selbst lesen muss. Wer diese Art von Spiel kennt, den überrascht das nicht. Die Dialoge sind zwangsläufig mitunter recht ausschweifend und lang geraten. Auch das wird nicht jedem zusagen. Was die deutsche Vertonung anbelangt, so fällt diese oft in die Kategorie „schön vorgelesen“. Emotionen vermitteln nur wenige Sprecher wirklich überzeugend.
Altersfreigabe
Obgleich die Verpackung des Spiels eine USK-Freigabe ab 6 Jahren vorschlägt, sind die hier behandelten Themen nicht unbedingt für alle Altersstufen ideal. Immerhin gilt es auch Mordfälle aufzuklären, Hexen werden verurteilt und die Gerichtsfälle erfordern mitunter etwas komplexere Gedankengänge. Obendrein ist die Geschichte trotz viel Humor nicht immer leichte Kost und entwickelt sich mit Fortdauer der Handlung in eine dramatische Richtung. 'Professor Layton vs. Phoenix Wright' dürfte für etwas reifere Jugendliche und Erwachsene interessant sein, ein Kinderspiel ist es allerdings nicht.
Mit 'Professor Layton vs. Phoenix Wright' ist Capcom und Level-5 ein starkes Crossover gelungen, das vor allem von der dichten Geschichte lebt, die mit dramatischen sowie humorvollen Aspekten aufwarten kann. In spielerischer Hinsicht wird vorwiegend auf vertraute Kost gesetzt, ohne Überraschungen. Die Mischung zweier Konzepte, in Verbindung mit dem narrativen Gerüst und toll gemachten Anime-Zwischensequenzen sorgt dennoch dafür, dass es bis zum Ende sehr unterhaltsam bleibt. Allerdings wird Phoenix Wright durch den superklugen, makellosen Professor phasenweise in den Schatten gestellt. Egal wie oft betont wird, dass Teamwork der Schlüssel zum Erfolg sei... das Rätsel rund um Labyrinthia hätte Layton wohl auch so geknackt. Dieser Einwand ändert jedoch wenig am sehr positiven Gesamteindruck.
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Professor Layton vs. Phoenix Wright: Ace Attorney
- Entwickler
- Capcom
- Publisher
- Nintendo
- Release
- 28. März 2014
- Sprachen
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