Nicht nur im deutschsprachigen Raum sind Adventures traditionell beliebt, sondern auch Spanien hat eine richtige Community entwickelt. Es ist deswegen wenig verwunderlich, dass das Madrider Studio Tequila Works in genau diesem Genre tätig ist. Nach 'Deadlight' (2012) und 'The Sexy Brutale' (2017) ist 'RiME' ihr drittes Werk. Die Madrilenen schicken diesmal einen gestrandeten Jungen durch eine fantasievolle Welt mit Rätseln, Story-Elementen und Kletteraktionen. Der Puzzle-Plattformer verzichtet auf unnötig schwere Geschicklichkeitseinlagen und spendiert breite Timing-Fenster, wenn überhaupt Zeitdruck aufkommt. Sehen wir uns das grafisch opulente Spiel im Stil von 'Journey' oder 'Ico' an.

S.O.S. – Das Schiff sinkt
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Gestrandet |
Sturm auf hoher See. Eine Situation, in der man nicht gerne stecken möchte. Der namenlose Spielheld steckt aber genau da drin und wird über Bord geschleudert. Die Wellen sind einfach zu hoch, um wirklich schwimmen zu können, und schnell wird er unter Wasser gedrückt. Er verliert das Bewusstsein und wacht viel später bei strahlendem Sonnenschein an einem Strand auf. Glücklicherweise wurde unser Held mit rotem, zerrissenem Umhang an Land gespült. Wo ist er aber hier gelandet? Er sieht einen verfallenen und fremdartig wirkenden Turm aus dem Meer ragen. Die Brücke dorthin ist aber ebenso verfallen. Deswegen beschließt er, erst einmal die Insel zu erkunden und klettert den Berg hinauf. Staunend entdeckt er eine ganze Reihe weißer Bauwerke mit rätselhaften Statuen. Durch Schreien kann er diese Fuchsstatuen aktivieren. Aber warum und wozu? Er findet dann auch noch eine rätselhafte Gestalt in einer roten Kapuze, die er ab hier immer wieder sieht. Die Nacht wird zum Tag und mit Hilfe von Wildschweinen, die er mit Früchten anlockt, kann er alle aktivieren. Auf einem Rondell erscheint deswegen ein Fuchs und dieser will den Jungen offenbar irgendwohin führen. Die Reise durch die Welt von 'RiME' hat gerade erst begonnen.
Schreien, Benutzen und Hüpfen
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Leuchtende Kugeln oder Statuen aktivieren wir mit Stimmgewalt |
In typischer Dritter Person steuern wir den Helden mit Gamepad oder Maus und Tastatur. Neben Laufen, Springen und Rollen ist das Benutzen von Hebeln und Mechanismen auch noch der typische Genre-Standard. Schreien ist hingegen neu. Einige Elemente im Spiel reagieren nämlich auf den Schrei oder auch auf Gesang des Jungen. Per Taste setzt er die Stimme ein und aktiviert so blaue Statuen, Kugeln oder entfacht Feuer. Durch das ganze Spiel zieht sich eine eindeutige Farbkodierung. Weiße Objekte werden erklommen oder verschoben, blaue können aktiviert werden und goldene Gegenstände sind Teil eines Rätsels bzw. beweglich. Rote Elemente wie der Umhang stehen hingegen für die Hintergrundgeschichte und ziehen sich buchstäblich wie ein roter Faden durch das Spiel.
Neben den Rätseln ist das Erkunden das tägliche Brot des Spiels. In den acht Stunden Spielzeit suchte ich immer wieder den nächsten Weg oder versuchte eines der versteckten Objekte in 'RiME' zu finden. Einige der findbaren Gegenständen verdichten die Geschichte, andere sind simples Spielzeug, das man später wiedersieht. Ebenso kann man ein schönes Schlaflied oder verschiedene Kostüme für den Protagonisten finden. Die Exploration ist somit eines der Kernelemente und die melancholische Hintergrundgeschichte bietet dem Spiel nur ein sehr loses Fangnetz. Kurz gesagt: Die Geschichte ist Nebensache, die Optik und das Erkunden der Star.
Minimalistisch und wunderschön
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Optisch abwechslungsreich und in Bewegung noch einmal hübscher |
So minimalistisch wie das Storytelling zeigt sich auch der Grafikstil. Auf Screenshots wirkt das Spiel zum Teil sehr detailarm, und Texturen sind oft nur einfarbig und sehr einfach gehalten. In Bewegung sieht die Spielwelt aber atemberaubend aus und wirkt fast wie ein Gemälde. Nicht nur spielerisch, sondern auch optisch lässt es sich deswegen gut mit opulenten Spielen wie 'Journey' oder 'Ico' vergleichen. Der Weg ist das Ziel und ich rate dazu, hie und da stehen zu bleiben und einfach das grafische Feuerwerk zu bestaunen. Der wunderschöne Wechsel von Tag zu Nacht läuft fließend und so bewegen sich die Schatten mit dem Sonnenstand. Mit Licht wird allgemein gern gespielt, und Feuer können heller entfacht werden oder nur wenig vor sich hin lodern. Auch die Tauchgänge unter Wasser wissen zu gefallen. Dass sich das Spiel grafisch auf sehr hohem Niveau herumtreibt, zeigen vor allem die Regeneffekte gegen Schluss. Noch wenige Spiele zauberten so einen schönen Regen und spiegelnd nasse Oberflächen auf meinen Bildschirm. Die minimalistische Farbgebung mit bewusst rotweißen Gewändern, dunklen Hintergründen und wenigen Feuerstellen verstärkt diesen wunderschönen Effekt nur.
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Die dynamischen Regeneffekte sind ein Traum |
Genau hier liegt auch die Schwäche des Spiels, denn abseits der malerischen Optik und den explorativen Phasen bietet das Spiel nur wenig. Die Geschichte wird ohne Sprache mit wenigen, sehr kurzen Zwischensequenzen gezeigt und wäre in wenigen Zeilen zusammenzufassen. Auch hier ist eher die Reise das Ziel. Das spanische Studio liefert dafür einen überragenden Soundtrack zum Spiel ab, der sich ebenso nicht verstecken muss. Die orchestrale Musik wird atmosphärisch perfekt eingepasst und bietet von Drama, Melancholie bis fröhlich epische Klänge das gesamte Gefühlsspektrum. Wer gerne Spielesoundtracks hört, wird hier frohlocken und genussvoll zuhören. Diese Momente muss man förmlich wie ein Schwamm aufsaugen, um die schwächeren Phasen des Spiels zu überbrücken.
Rätsel im Dunkeln
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Licht, Schatten und bewegliche Teile. Die Rätsel können komplex werden. |
Die Rätsel wissen gekonnt und fast schon routiniert das typische Genre-Spektrum abzudecken. Durch verschiebbare Objekte werden Schatten geworfen und diese öffnen wiederum Türen. Gucklöcher offenbaren uns Gegenstände, die wir durch den richtigen Blickwinkel zu einem verschmelzen lassen. Blaue Statuen schreit man an und aktiviert so wiederum Türen oder andere Objekte. Nichts ist davon ausgefallen oder überragend umgesetzt, aber genauso ist nichts davon wirklich schlecht. Schon nach dem ersten Viertel kennt man den Grundaufbau der meisten Rätsel und spult diese mit Erfahrung herunter.
Die Klettereinlagen sind ebenso sehr simpel gehalten und deswegen auch nicht sonderlich schwierig. Selten kommt es zu getimten Einlagen, wo Türen nur kurze Zeit offen sind und man schnell durchlaufen muss. Noch seltener tauchen Feinde im Spiel auf. Dieser gibt es nämlich genau zwei: Ein Vogel, der den Jungen heimsucht, wenn man sich zu lange außerhalb des schützenden Schattens aufhält und später im Spiel noch Schattenwesen, die durch Licht vertrieben werden. Da sie nur in wenigen Spielminuten wirklich eine Rolle spielen, sind sie nicht störend. Gleichzeitig kommt nur genau in diesen Momenten eine wirkliche Abwechslung zum allgemeinen Rätsel- und Klettertrott zum Vorschein. Trotz des repetitiven Rätseldesigns wissen Geschichte, Optik und Musik aber genügend Motivation zu spenden.
Setzt man sich nach 'RiME' kurz hin und denkt über das Spiel nach, überwiegen die wunderschönen Szenen. Selten konnte mich ein Spiel optisch so ansprechen und gleichzeitig auch musikalisch viel bieten. Die Rätsel machen anfangs noch Spaß, verblassen aber im Laufe des Spiels. Dabei wären die Rätsel zum Teil auch gar nicht so einfach und erkunden kann man auch genau. Einige Dinge sind aber so versteckt, dass man schon sehr gründlich und einfallsreich herumlaufen sollte. Das Spiel schwächelt eigentlich nur am Ballast der vorhergegangenen Spiele, denn viele Elemente aus anderen explorativen Puzzle-Plattformern kann man in 'RiME' entdecken. Es scheint diese gekonnt in ein Paket zu verpacken, aber bietet dabei nur wenig Neues. In kleinen Portionen von 30 bis 60 Minuten weiß das Spiel aber vollends zu überzeugen und Optik sowie Musik belohnen den Spieler dementsprechend. Nicht nur einen Blick wert, sondern auch ein absoluter Ohrenschmaus erwartet Euch hier.
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Rime
- Entwickler
- Tequila Works
- Publisher
- Grey Box
- Release
- 26. Mai 2017
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.tequilaworks.com/eng/projects-to-go/2
- Art
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Independent
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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