Microids entwickelt sich für viele Adventurefreunde momentan zu einem gern gesehen Produzenten von Spielen eben dieses Genres, nachdem man bereits mit 'Syberia' einen grundsoliden Titel ablieferte folgte nur kurze Zeit später das Thrilleravdenture 'Post Mortem'. Wie es abgeschnitten hat, erfahrt ihr in unserem Test...

Ein Detektiv in Paris
Gus McPherson hatte sich vorgenommen nie wieder den Detektiv zu spielen, deswegen ließ er sich in Paris in einem bescheidenen Atelier als Maler nieder. Doch eines Tages tritt die mysteriöse und etwas bleiche Sophia Blake in sein Leben und bittet ihn darum, den Mord an dem amerikanischen Ehepaar Whyte aufzuklären. Diese wurden vor wenigen Tagen in einem Pariser Nobelhotel enthauptet und mit Geldmünzen bestückt aufgefunden, ganz klar ein Fall für einen Detektiv - denn die Polizei arbeitet für Sophias Begriffe nicht schnell und sorgfältig genug. Und unversehens steckt Gus dann auch schon wieder in seinem Trenchcoat und macht sich auf die Suche nach dem offenbar leicht geistesgestörten Mörder, um festzustellen, dass der ganze Fall nicht so einfach zu lösen ist, als zunächst angenommen...
Die ohne Frage äußerst spannende Hintergrundgeschichte wird den geneigten Spieler fesseln, zumindest wenn man nicht eine natürlich Abneigung gegen ein ausschweifendes und äußerst komplexes Dialogsystem hat. 'Post Mortem' setzt den Beruf eines Schnüfflers von allen bisher releasten Detektivspielen wohl am realistischsten um, das Hauptaugenmerk der Arbeit liegt auf Gesprächen mit anderen Charakteren, Kombinations- oder Gegenstandsrätsel wie wir sie aus anderen Adventures kennen treten nur vereinzelt auf. Was man davon halten mag sollte jeder Adventurefan für sich entscheiden, eine neue und interessante Idee ist es allemal. Aber wie mit allen Innovationen gibt es auch an dieser Stelle etwas zu bemängeln: man kann es sich je nach Antwort mit einigen Nichtspielercharakteren verscherzen, so dass sie keines Sterbenswörtchen mehr mit Gus sprechen. Allerdings ist es zumeist so, dass man jeden einzelnen Punkt der Dialogkärtchen ansprechen muss, um alle Informationen zu erhalten, sonderlich viel Einfluss auf den Spielverlauf hat das aber nicht: so sind zum Beispiel vor wenigen Minuten noch schwer beleidigte Gesprächspartner auf einmal wieder äußerst redselig. Auch kann es passieren, dass man Antwortmöglichkeiten mit Informationen zur Auswahl bekommt, von denen man im Prinzip noch gar nichts wissen kann - an einigen Stellen schon recht ärgerlich, glücklicherweise trifft dieser Bug nicht allzu oft auf... Der dadurch eigentlich an gestrebte "Der Spielverlauf kann sich jederzeit dramatisch ändern"-Effekt wird durch solche Macken deutlich abgeschwächt, schade.
256 Farben oder was?
Beim Anblick der Hintergrundgrafiken lief mir beim ersten Spielstart ein kalter Schauer über den Rücken, so eine schlechte Grafikqualität muss im Jahr 2002 nun wirklich nicht mehr sein. Gerade auch weil Charaktere und Zwischensequenzen recht gut gelungen sind stellt man sich als Spieler die Frage: "Musste sowas sein?". Die Zeiten von 256 Farben-Grafiken (Anm.: zum stärken der Aussage "etwas" überzogen) sind auch im Adventuregenre schon etwas länger vorbei und ein wirklich logischer Grund für solche Einsparungen will mir einfach nicht einfallen - vielleicht Angst vor einer dritten CD?
Gute Musik, Schlechte Sprecher
Auch in Punkto Sound weiß 'Post Mortem' nicht vollends zu überzeugen. Sind Effekte und Musik sehr gut gelungen und verstärken die Wirkung der spannenden Story, so weiß die Sprachausgabe diese Wirkung wieder komplett zu versauen. In kaum einem anderen Spiel - mal abgesehen von 'Gilbert Goodmate' - hab ich so furchtbare Sprecher ertragen müssen, die zu einem großen Teil unmotiviert klingen und dementsprechend deplaziert wirken. Um das zu verdeutlichen stellt euch einfach jemanden vor, der in einem brennenden Haus um Hilfe schreit, sich dabei aber anhört als würde er grad eine Pizza bestellen.
Im Inventory verirrt Zumindest Steuerung des Adventurethrillers konnte mich dann aber weitestgehend überzeugen. Der Mauszeiger verwandelt sich beim Bewegen über interessante oder spielrelevante Gegenstände und Charaktere in das jeweilige Interaktionssymbol, einfacher geht's nicht. Lediglich das Inventar kann bei wachsendem Inhalt zu einem Ärgernis werden, da es am unteren Bildschirmrand klebt und man deswegen immer nur einen Bruchteil der eingesammelten Gegenstände direkt anwählen kann. Dann ist nerviges Scrollen angesagt, was je nach Größe der Hosentaschen seine Zeit dauern kann.
Es fällt mir wirklich schwer 'Post Mortem' zu bewerten. Einerseits bieten uns die Jungs von Microids eine spannende Story, andererseits ist das Spiel alles andere als technisch ausgereift. Wer momentan auf der Suche nach einem weiteren Adventure ist, der sollte ruhig mal einen Blick auf 'Post Mortem' werfen. Es ist sicherlich nicht der Messias, der das Genre vor dem Untergang retten wird, mit um die 15 Stunden Spielzeit aber durchaus ein netter Zeitvertreib.
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Post Mortem
- Entwickler
- Microïds
- Publisher
- Vivendi Universal Interactive
- Release
- 31. Dezember 2002
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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