Keine andere Spiele-Serie hat die Adventurefans so sehr in zwei Fraktionen gespalten, wie die 'Myst'-Serie. Während Fans der Spiele von wunderschöner Grafik, knackigen Rätseln und stimmungsvoller Atmosphäre schwärmen, kritisieren 'Myst'-Gegner die Spiele häufig als langweilige Standbildshow mit Schalterrätseln. Mit 'Uru: Ages beyond Myst' haben sich die Entwickler von Cyan Worlds das ehrgeizige Ziel gesetzt, sowohl 'Myst'-Fans zu begeistern, als auch Kritiker von den Qualitäten des Spiels zu überzeugen. In wie weit ihnen das gelungen ist, zeigt euch unser Test.

Die Kultur der D'ni
Einst bildeten die D'ni (gesprochen "Daanie") eine große, blühende Zivilisation, die in einem unterirdischen Reich lebte. Dort erlernten sie die sagenhafte "Kunst des Schreibens". Mit ihrer Hilfe erstellten sie "Verbindende Bücher", die es ihnen ermöglichten Zugang zu unglaublichen alternativen Welten, genannt Ages, zu erlangen. Während dieser Zeit gelangte eine Gruppe der D'ni auch an die Stelle, an der das heutige New Mexico liegt und verband so ihre Welt mit der unsrigen.
Tausende Jahre lebten die D'ni in ihrem Reich, bis eine große Katastrophe ihrer Zivilisation ein jähes Ende bereitete. Ihre unterirdischen Städte blieben unbewohnt zurück und die Kunst des Schreibens schien für immer verloren. Doch heute, 250 Jahre nach diesen Ereignissen, erwacht die Kultur der D'ni zu neuem Leben. Suchende auf der ganzen Erde werden ohne zu verstehen warum von der Wüste New Mexicos angezogen.
Frei erstellbarer Avatar In 'Uru: Ages beyond Myst', dem mittlerweile vierten Spiel der 'Myst'-Serie, übernimmt man die Rolle eines dieser Suchenden und findet sich unverhofft in der Wüste wieder. Doch bevor man damit beginnt die Geheimnisse der D'ni zu erforschen, gilt es erst einmal eine ganze andere Aufgabe zu bestehen: Die Erschaffung eines Avatars, mit dem man das Spiel bestreiten möchte. Noch nie zuvor hatte man in einem Adventurespiel die Möglichkeit das Aussehen des Protagonisten so sehr zu beeinflussen, wie in 'Uru: Ages beyond Myst'. Ob nun Frisur, Haarfarbe, Nasenlänge, Hautfarbe oder Kleidung, es gibt kaum etwas, das man nicht nach seinen Wünschen gestalten kann. Auf diese Weise ist es dem Spieler möglich, den Protagonisten des Spiels nach seinem eigenen Abbild zu kreieren. Sollte man im Spielverlauf mit dem Aussehen des Charakters unzufrieden sein, kann man ihn später in seiner Heimatwelt noch frei umgestalten.
Nachdem man mit der Erstellung des Avatars fertig ist geht es in der Wüste New Mexicos weiter. Hier muss der Spieler zunächst einige einfache Rätsel lösen, die größtenteils dazu dienen die Steuerung zu erlernen und einen Einstieg in die Geschichte liefern. Nach diesen Einstiegsrätseln gelangt man schließlich zu seiner zukünftigen Heimatwelt Relto, von der aus man Zugang zu mehreren Ages hat.
So viele Schalter
Die Hauptaufgabe eines jeden Ages ist es, sieben Weltentücher zu finden, zu berühren und danach eine spezielle Tür zu öffnen. Die Weltentücher, die auch als Lesezeichen für die späteren Besuche der Ages fungieren, sind dabei häufig an schwer zugänglichen Orten versteckt. Um sie erreichen zu können ist es oftmals notwendig, zahlreiche Schalterrätsel zu bestehen oder kleine Geschicklichkeitseinlagen zu meistern. Leider ist es nicht immer einfach Hinweise zu den Rätseln zu finden. Oft kann es vorkommen, dass man sich in einem Raum wieder findet, in dem zwar einige seltsame Schriftzeichen an den Wänden einen Hinweis enthalten könnten, man aber dennoch kaum weiß was man zu tun hat. Daher besteht das größte Rätsel manchmal darin per Try and Error herauszufinden, was ein Schalter überhaupt bewirkt und wie man dies nutzen kann. Zusätzlich zu den Weltentüchern gilt es noch so genannte Relto-Seiten zu finden. Dabei handelt es sich um Buchseiten, die zwar nicht für den Spielverlauf wichtig sind, mit deren Hilfe man aber beispielsweise das Wetter in seiner Heimatwelt oder die Beschaffenheit des Daches seiner Hütte ändern kann.
Die Hintergrundgeschichte der D'ni und die Bedeutung des D'ni Restaurationsrates (DRC), der großer Bestandteil des Multiplayer-Online-Modus ist, wird zum einen nach dem erfolgreichen Lösen eines Ages erzählt oder kann in den zahlreichen Büchern des DRCs, die man in den verschiedenen Ages finden kann, durchgelesen werden. Mit insgesamt fünf Ages (inklusiv der Wüste New Mexicos) enthält 'Uru: Ages beyond Myst' in seinem Singleplayermodus viel zu entdecken und bietet eine lange Spieldauer. Jedoch hat das Spiel aber keinen besonders hohen Wiederspielbarkeitswert, da die meisten Rätsel ihren Reiz verlieren, sind sie erst einmal gelöst worden.
Zwei Perspektiven Im Spiel kann man zwischen zwei Perspektiven frei wechseln und das Geschehen entweder aus der First Person oder der Beobachterperspektive betrachten. Dank der Beobachterperspektive ist es hierbei zum ersten Mal in einem 'Myst'-Spiel möglich den Protagonisten des Spiels zu sehen.
Gesteuert wird für gewöhnlich mit einer Kombination aus Tastatur und Maus, die sehr an die Steuerung bei einem 3D-Shooter erinnert. Mit der Tastatur bewegt man den Charakter, läuft, springt oder wechselt die Perspektive, während man mit der Maus Gegenstände untersucht und benutzt. Theoretisch ist es zwar auch möglich nur mit der Maus zu spielen, dabei werdet ihr dann aber sehr schnell an die Grenzen eures drei- bis viertastigen Freundes stoßen. Erfreulicherweise ist die Tastatur frei belegbar, so dass der Spieler die Steuerung seinen persönlichen Bedürfnissen anpassen kann.
Etwas unkonventionell ist hingegen die Tatsache, dass man nicht speichern kann. Wenn das Spiel beendet und später wieder gestartet wird, beginnt der Spieler stets in seiner Heimatwelt Relto. Von da aus kann man dann über Bücher in die verschiedenen Ages gelangen. Dabei könnt ihr auswählen, ob ihr am Startpunkt des Ages oder am zuletzt berührten Weltentuch beginnen wollt. Die bereits erzielten Fortschritte bleiben dabei erhalten. Sollte man einmal aus irgendeinem Grund in einem Age stecken bleiben oder es ein weiteres Mal durchspielen wollen, kann der jeweilige Fortschritt auch gelöscht werden.
Wenn der Spieler in einem Age feststeckt oder erst einmal woanders weiter machen möchte, hat er die Möglichkeit über ein Buch, das der Charakter bei sich trägt, jederzeit nach Relto zurückzukehren.
Etwas unglücklich wurde die Handhabung mit Gegenständen geregelt. Da es kein Inventar gibt, man aber trotzdem teilweise Gegenstände transportieren muss, bleibt nur die Möglichkeit die Gegenstände mit den Füßen durch die Gegend zu schieben. Hier wäre es deutlich sinnvoller gewesen, zumindest eine Zuhilfenahme der Arme zuzulassen.
Realistische 3D Grafik 'Uru: Ages beyond Myst' wartet mit einer realistischen 3D-Grafik auf, die im Adventuregenre bisher seines Gleichen sucht. Die Tier- und Pflanzenwelt von 'Uru' blüht nur so vor Leben. Blätter wehen im Wind, Vögel fliegen umher, Fische schwimmen im Wasser. Hinzu kommen noch hervorragende Lichteffekte und wechselnde Wetterverhältnisse, die stark zur Atmosphäre der Welten beitragen. Ob bei Tag oder Nacht, bei Sonnenschein oder Regen, die wunderschönen Grafiken und Animationen sorgen dafür, dass man sich manchmal einfach nur hinsetzen und die herrliche Aussicht genießen möchte. Da man die Auflösung frei ändern und Details verringern kann, läuft das Spiel auch auf kleineren Rechnern problemlos.
Tolle Sounduntermalung
Auch Soundtechnisch hinterlässt 'Uru' einen hervorragenden Eindruck. Die realistischen Hintergrundsgeräusche, wie beispielsweise das Wehen des Windes in der Wüste, das blecherne Klopfen von Fußschritten auf metallischem Untergrund oder das Rattern von Zahnrädern lassen schnell den Eindruck entstehen, eine lebendige Welt zu erkunden.
Auch die Musik während des Spiels, zu dem Ex-Genesis Frontmann Peter Gabriel einen Song beigesteuert hat, ist mehr als gut und unterstützt die Atmosphäre des Spiels, wird aber für meinen Geschmack etwas zu selten eingesetzt. Gleiches gilt für die Synchronisation. Wenn etwas gesprochen wird sind die Sprecher stets gut gewählt und erledigen ihren Job ausgezeichnet. Aber dies passiert viel zu selten im Spielverlauf. Insgesamt trifft man nur auf zwei verschiedene Personen, die etwas sagen. Der Hauptcharakter bleibt vollkommen stumm. Dies ist vor allem deshalb schade, weil einige Kommentare das Spiel an manchen Stellen aufgelockert und eine größere Beziehung zum Protagonisten aufgebaut hätten.

Obwohl ich bisher eigentlich kein großer Fan der 'Myst'-Spiele war, hat mir 'Uru: Ages beyond Myst' sehr viel Freude bereitet. Die Grafik ist für ein Adventurespiel genial, die Rätsel sind schwer, aber lösbar, die Spieldauer ansprechend lang und es macht großen Spaß, den Spielcharakter zu gestalten. Doch leider begegnet man während des Spiels kaum anderen Personen und rätselt nur stumm und einsam vor sich hin.
Spieler, die sich an schöner Grafik und Musik erfreuen können und gerne fantastische Welten erkunden wollen oder Fans der alten 'Myst'-Spiele, werden mit 'Uru' viel Freude haben. Jedoch sollten hingegen Spieler, die mit Schalter-Rätseln nichts anfangen können und keine Lust darauf haben, während des Spiels einfach mal eine Zeit lang damit zu verbringen Ingame-Bücher zu lesen, um die Hintergrundsgeschichte besser zu verstehen, lieber einen Bogen um das Spiel machen.
Ich freue mich jedenfalls darauf die Geschichte der D'ni in Zukunft im Multiplayer-Online Modus 'Uru: Live' weitererforschen zu können.
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Uru: Ages Beyond Myst
- Entwickler
- Cyan Inc.
- Publisher
- Ubisoft
- Release
- 16. November 2003
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Webseite
- http://urulive.ubi.com/de
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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