Wenn ein neuer Film mit Til Schweiger in die Kinos kommt, teilen sich die Kinogänger in zwei Lager: Für die einen zählt der Film zu den besten seiner Zunft, spielt doch er selbst mit. Die anderen würdigen selbst den Trailer keines Blickes. Schließlich spielt Schweiger mit. Bei Filmumsetzungen als Computerspiel gibt es meistens nur ein Lager. Gelten Spiele zu Kinofilmen doch in der Regel als lieblos zusammengeschusterte Machwerke, die im Regelfall nicht einmal die Länge ihrer Vorlagen erreichen oder sich allenfalls als Jump’n’Run für Kleinkinder eignen. Nun ist mit '1 ½ Ritter' der neue Film des deutschen Schauspielers in den deutschen Kinos angelaufen und erste Publikumsmeinungen klingen alles andere als überzeugend. Für einen deutschen Film doch eher ungewöhnlich, hat sich Warner Bros. dazu entschieden, eine PC-Umsetzung in Auftrag zu geben. Überraschenderweise handelt es sich dabei nicht um ein Jump’n’Run, sondern um ein Adventure. Und damit wenigstens beim Spiel nichts schief geht, wurden die Adventure-Experten von Daedalic Entertainment mit der Umsetzung beauftragt. Wir haben uns '1 ½ Ritter' angeschaut und verraten im Test, wie sich Ritter Lanze am PC schlägt.

Es war einmal…
… der edle Ritter Lanze, der beste Schwertkämpfer aller Schwertkämpfer und der edelste aller edlen Ritter. Ritter Lanze ist unsterblich verliebt in die schöne Prinzessin Herzelinde, doch er ist viel zu schüchtern, ihr das auch zu sagen. Da auch der König von den Schwertkampfkünsten des Ritters Lanze überzeugt ist, macht er ihn zum Leibwächter der Prinzessin. So kann der Ritter wenigstens in der Nähe seiner Herzdame sein. Und sie lebten Glücklich und zufrieden bis an… Halt! So schnell ist die Geschichte von '1 ½ Ritter' dann doch nicht erzählt. Denn an einem lauen Sommerabend schaut der Ritter, der Dinge wie Alkohol absolut ablehnt, zu tief ins Glas. Oder besser gesagt: Irgendjemand scheint ihm etwas in sein Wasser gemischt zu haben. Damit fangen die Probleme aber erst an, denn natürlich nutzt der schwarze Ritter die Gunst der Stunde und entführt Prinzessin Herzelinde. Am Liebsten würde sich der edle Ritter natürlich sofort auf die Suche nach seiner Prinzessin machen. Doch durch den Zwischenfall ist er beim König in Ungnade gefallen und sitzt jetzt im Verließ, wo er auf seine Strafe wartet. Hier begegnet ihm auch Erdal, ebenfalls Ritter. Zumindest solange, bis Lanze erkennt, dass an Erdal gar nichts ritterlich ist. Im Gegenteil: Erdal nimmt es mit der Ehrlichkeit nicht ganz so genau. Da es aber außer Erdal niemanden gibt, der ihm in dieser Situation helfen kann, tun die beiden sich zusammen und entkommen dem Verließ. Vom König bekommen sie die einmalige Chance, ihren Ruf wieder herzustellen und so der Strafe zu entgehen, dafür werden Sie auf die Suche nach Herzelinde geschickt.
Originalsprecher: Ja glaub i `s denn?
Bei einem Spiel zum Film dürfen sie eigentlich nicht fehlen: Die originalen Stimmen der Leinwandhelden. Oftmals wird dennoch darauf verzichtet, so zum Beispiel beim kürzlich erschienenen 'Die Wilden Kerle 5'. Warum die Hersteller auf die aus dem Kino bekannten Stimmen verzichten, ist dann meist nicht klar. Um so schöner, dass Daedalic bei '1 ½ Ritter' die Möglichkeit hatte, mit Til Schweiger, Rick Kavanian, Udo Kier, Ralph Herforth sowie Julia Dietze zumindest die Hauptrollen mit den Originalsprechern zu bestücken. Die übrigen Rollen werden wie schon bei 'Edna bricht aus' von Daedalic Mitarbeitern oder von unbekannten Sprechern vertont. Doch mit guten Schauspielern ist das so eine Sache, wenn sie eine Figur in einem Computerspiel vertonen sollen. Til Schweiger und Julia Dietze sind ganz offensichtlich nicht als Synchronsprecher geeignet. Bei Julia Dietze als Herzelinde fällt das noch nicht so sehr ins Gewicht, hat sie doch durch die Geschichte gezwungenermaßen eher eine Nebenrolle. Til Schweigers Vertonung des Ritter Lanze hingegen begleitet den Spieler durch das ganze Adventure. Dass es sich hin und wieder so anhört, als ob bei der Sprachaufnahme der Aufnahmeknopf zu spät gedrückt wurde, kann man sicherlich auf die Technik schieben. Schlecht betonte oder Lustlos vorgetragene Sätze sind hingegen einzig dem Sprecher anzukreiden. Das ist insbesondere deshalb schade, weil dadurch ein Großteil der Atmosphäre auf der Strecke bleibt. Für Lanze sollte es doch das Wichtigste überhaupt sein, Herzelinde zu finden und so sein Leben zu retten. Wenn er dann aber genervt und gelangweilt über seine Aufgabe und seine große Liebe spricht, passt das einfach nicht zu der Figur. Der einzige Lichtblick unter den „Profis“ ist dann noch Rick Kavanian als Erdal. Der liefert gemessen an anderen Adventures zwar auch eher eine durchschnittliche Leistung ab, ist aber mit Abstand der beste Originalsprecher in '1 ½ Ritter' und schafft es so als Einziger, seine Figur überzeugend rüberzubringen.
Für die musikalische Untermahlung hat Daedalic ebenfalls auf die Kinovorlage zurückgegriffen. Die liefert zwar keine Top Hits, immerhin aber einige stimmige Lieder, die sich dezent im Hintergrund halten, besondere Highlights sind also nicht darunter.
Wie man sich das Mittelalter vorstellt
Daedalics Version vom Mittelalter beinhaltet jede Menge Anspielungen auf andere Adventures des Hambuger Entwicklers. Fast in jedem Screen begegnen uns Charaktere aus 'Edna bricht aus' oder 'A Whispered World'. Allerdings geht man mit den Anspielungen angenehm zurückhaltend vor, so dass Spieler, denen die übrigen Spiele unbekannt sind, diese gar nicht erst bemerken. Doch auch wer die Spiele oder Charaktere kennt, wird nicht jede Anspielung sofort finden. Sehr schön umgesetzt wurde auch das Mittelalter, das der Film liefert. Es quillt geradezu über vor Anspielungen und Parodien an die heutige Zeit. Die Schildzeitung, die Ritter Lanze nur wegen der Turnierergebnisse liest, ist nur ein Beispiel von vielen. Spätestens, wenn die Pferde im Quartettspiel in Kategorien wie PS oder Augenumdrehungszahl eingeteilt werden und lustige Namen wie „Frankenpferd“ (nebst passendem Bild) präsentiert werden, dürfte kein Auge trocken bleiben.
Altbewehrte 2D Grafik
Wenn Daedalic eines wichtig ist, dann zweidimensionale Grafik. So scheint es zumindest, denn wie schon 'Edna bricht aus' sucht man in '1 ½ Ritter' vergeblich nach 3D-Grafiken. Das muss auch gar nicht sein, denn die Grafiken überzeugen auch so. Die Hintergründe bieten eine schön schräge, dennoch aber detaillierte Comicwelt, die durch kleine, passende Animationen aufgelockert wird. Auch die Charaktere sind passend gestaltet. Trotz ihres Comiclooks erkennt man die Darsteller des Films ausnahmslos auf den ersten Blick wieder. Das es für '1 ½ Ritter' trotzdem nicht zu einem Top-Adventure in Sachen Grafik reicht, liegt dann leider an den Animationen, die durchaus etwas runder und flüssiger hätten ausfallen dürfen. Zwar bewegen sich die Charaktere ihrer Comicwelt entsprechend. Dennoch fehlen einzelne Bilder in den Abläufen, um eine flüssige Animation darzustellen.
Pferdequartett und Räuberarmdrücken
'1 ½ Ritter' bietet neben allerhand klassischer Rätselkost jede Menge Minispiele. Angefangen bei dem schon erwähnten urkomischen Pferdequartett geht die Palette der Kreativen Ideen über ein Hühneroulette und Plättchenspringen bis zum Schwertduell. Die Minispiele werden allesamt gut erklärt und sind auch nie sonderlich schwer zu bestehen. Eine Funktion zum Überspringen der Spiele fehlt jedoch. Zusätzlich ist es auch während eines Minispiels nicht möglich, das Spiel zu speichern, bzw. ins Spielmenü zu gelangen. Wenn man also irgendwann nicht weiterkommt und das Spiel beenden möchte, muss man sich einen anderen Weg dafür suchen. Immerhin legt '1 ½ Ritter' aber zu Beginn eines jeden Minispiels einen automatischen Speicherpunkt an. Für die Freunde von Minispielen hat man übrigens ein kleines Bonbon eingebaut: Alle gewonnenen Minispiele lassen sich direkt aus dem Spielmenü starten und erneut spielen. Die übrigen Rätsel bestehen aus meist fairen und nachvollziehbaren Aufgaben und beinhalten die gesamte Palette von Inventar- bis zu Dialogrätseln. Einige Rätsel sind aber wohl auch absichtlich kompliziert und nehmen sich damit selbst aufs Korn. Denn so Umständlich wie Ritter Lanze hat wohl noch niemand aus einer 66 eine 99 gemacht. Anderen merkt man an, dass sie das Spiel durchaus etwas strecken sollen, doch auch diese Rätsel werden nicht langweilig, bieten aber einiges an Laufarbeit. Die geht übrigens leicht von der Hand, wie die gesamte Steuerung auch. Per Linksklick bewegt sich unser Ritter an den gewünschten Ort, ein längerer Klick auf ein Objekt öffnet ein neuerdings wieder in Mode kommendes Optionsfeld mit den Möglichkeiten Benutzen, Reden und Ansehen, ähnlich wie in 'A Vampyre Story'. Damit man kein Objekt übersieht, können sämtliche Hotspots auf Tastendruck angezeigt werden.
Es gibt Filmumsetzungen zu guten Filmen, die man besser gleich vergessen sollte. Und es gibt wirklich gute Umsetzungen zu eher mäßigen Filmen. '1 ½ Ritter' gehört eindeutig zur zweiten Gruppe und somit zu den wirklich guten Filmumsetzungen. Wenn man den Meinungen aus Kinoforen glauben darf, ist das Spiel gar um einiges besser als die Vorlage. Und das will schon was heißen! Überraschend ist vor allem die mit knapp zehn Stunden recht lange Spielzeit, die uns Daedalic mit witzigen Dialogen, schicker Comicgrafik und interessanten Rätseln garniert. Das '1 ½ Ritter' dennoch kein Top-Adventure ist, liegt zum einen an den eher schwachen Animationen und der teils wirklich schlechten Synchronisation der Originalsprecher, wodurch viel Atmosphäre verloren geht. Immerhin bekommt man auf diesem Wege einmal bewiesen, dass es nicht immer von Vorteil ist, auf die Originalsprecher zu setzen (müssen).
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1 1/2 Ritter
- Entwickler
- Daedalic
- Publisher
- Warner Bros. Entertainment
- Release
- 12. Dezember 2008
- Spielzeit
- 10 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://wwws.warnerbros.de/ritter/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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