Noch während zu Hause einige an 'Schizm 2' zu knobeln haben werden, liefert die Adventure Company bereits das nächste 2D-Logikadventure nach. Ob und inwiefern sich 'Aura – Tor zur Ewigkeit' von der Masse abheben kann erfahrt ihr in unserem Test.
Azubi im Clan der Hüter
Mit einer einleitenden FMV Sequenz wird am Anfang der sehr simple Hintergrund erklärt: In 'Aura' schlüpft ihr in die Rolle eines jungen Ringjägers, der zugleich als der beste Azubi im Clan der Hüter gilt. Letzterer bewacht seit Ewigkeiten vier heilige Ringe, welche den Trägern bzw. Vereinigern der Ringe unglaubliche Macht und ewiges Leben versprechen. Angeblich sollen sie dazu dienen, Tore zu parallelen Universen und somit zu verborgenen Welten zu öffnen.
Viel mehr wird von der Einleitung nicht preisgegeben. Nun liegt es am Spieler, vier wichtige Artefakte - sogenannte Tetraeder - in vier äusserst verschiedenen Welten zu suchen, damit diese nicht in die falschen Hände geraten. Orientierungslos wie ein kleiner Hobbit in einer riesigen Höhle, beginnt das Abenteuer auch in einer nächtlichen, sehr weiträumigen Szenerie, in welcher man zuerst einmal seinen Mentor – mit Namen Grifit – aufsuchen soll, um die Geschichte anzufangen. Doch überraschenderweise ist Grifit nicht auffindbar und alles was er uns hinterlässt ist ein kurzer Brief, in welchem er den Spieler in seine künftige Vorgehensweise instruiert. Als unerfahrener Schüler darf man sich nun fortan um ein positives Schicksal der Ringe und deren Mächte bemühen.
Der Herr der mysteriösen Gerätschaften
Einen für Adventurespiele meist typischen Tiefgang besitzt 'Aura' leider nicht - stattdessen wird das ganze Szenario sehr platt und unmotiviert erzählt. Dass es kaum Dialoge oder sonstiges Geplänkel gibt, wirkt sich in diesem Sinne eher störend als fördernd für den Spielfluss aus, da man während dem Spielen nicht selten ins kalte Wasser gestossen wird. Weder weiss man, wo man sich gerade befindet, noch können die NPCs irgendwelche Hinweise, ja gar interessante Hintergrundinfos für den weiteren Verlauf der Geschichte bieten.
Dementsprechend findet man sich auch schnell aktiv im Spiel ein und „Erforschen“ steht bei den ersten paar Schritten an oberster Stelle. Wer neu eingestiegen ist, nimmt zuerst sehr ehrfürchtig die weitreichenden Areale in Kenntnis. In den Welten Auras gibt es einiges zu entdecken und kaum hat man sich ein bisschen an die Umgebung gewöhnt, wird man fast schon von der hohen Anzahl unterschiedlichster Maschinerien erschlagen.
So gibt es z.B. in dem kleinen Häuschen – ein, zwei Klicks vom Startpunkt entfernt - bereits unzählige Armaturen die es zu untersuchen gilt. Hier lässt sich dann schon das eigentliche Rätselschema ausmachen, mit welchem der Spieler für die nächsten rund 30 Stunden unterhalten wird: Mit einem Feuerzeug, das man nach kurzem Suchen im unordentlichen Labor des Meisters findet, wird ein Kocher angeheizt, der wiederum Dampf erzeugt, vor welcher ein nächstgelegenes Gerät aktiviert. Hier befestigt man ein Thermometer, an dem man ablesen kann, wann eine gewünschte Temperatur zum Anschalten des nächsten Gerätes erreicht ist, um bei Letzterem mit einer bestimmten Schaltereinstellung einen Akku aufzuladen, der wiederum in einem anderen Raum dafür verwendet wird, eine neue Maschinerie zu aktivieren.
In diesem Sinne geht es dann auch weiter, womit man die Rätseldichte tatsächlich als ziemlich hoch bezeichnen darf. Im späteren Verlauf darf man sich neben kombinierenden- auch um akustische- und spektrale Rätsel kümmern. Der Mangel an spezifischen Anhaltspunkten fördert zwar den Forschertrieb des Spielers, erschwert aber ebenso deutlich das vorankommen. Die Rätsel sind nicht unbedingt schwierig, sondern meistens einfach zu undurchsichtig. Wer sich nicht ständig Notizen macht oder Gegenstände merkt (oder etwa Farbenblind ist), wird in 'Aura' sehr bald festsitzen. Dafür bleiben die Rätsel - obgleich ihre Qualität gegen Ende ein bisschen abnimmt - durchs Band durch logisch und fair, d.h. wer sein Gehirn auf Durchzug stellt und sich sinnlos durch die 2D-Umgebung klickt, wird schnell das Handtuch werfen müssen.
Die Maus als interaktives Auge
Was die Steuerung betrifft, knüpft das Fantasy-Spektakel an seinen Genre-Vettern 'Evany' und v.a. 'Myst 3' an. Um sich in den verschiedenen Welten zurecht zu finden, genügen einige Mausklicks in die angezeigten Richtungen oder (für eine eventuelle Interaktion) markierte Gegenstände. Mit der rechten Maustaste kann man praktischerweise zwischen der Personenansicht und dem Inventar hin und her wechseln. Was man alles mit sich trägt, darf man sich im Inventar inklusive beschreibenden Text anzeigen lassen. Ausserdem ist der Spieler von Anfang an in Besitz eines durchwährend aufrufbaren Tagebuchs, nur leider finden die meisten wichtigen Informationen nie ihren Weg in dieses digitale Nachschlagewerk. Negativ fällt diese Tatsache v.a. bei „Merkrätseln“ auf, bei welchen man sich in kurzer Zeit Zahlen oder Reihenfolgen merken muss, um weiterzukommen. Umständliche Laufwege sind eine Folge davon. Besonders unaufmerksame Spieler könnten deswegen sogar in ein Dead-End hineingeraten.
Die Maus ist auch das Auge des Spielers und zu untersuchende oder interessante Punkte müssen in der Mitte des Bildschirms zentriert werden, um sie anzusehen, aufzunehmen oder zu benutzen. Trotz einfacher Steuerung gibt es auch mühsame Passagen: Bei einigen Bereichen, werden die Bildausgänge nur im kleinen Rahmen angezeigt, sodass teilweise störend lange nach dem anzuzeigenden Pfeil gesucht werden muss. Dass die Justierung der Hotspots nicht immer grosszügig vonstatten ging, merkt man auch bei verschiedenen Objekten oder beim Ansprechen von NPCs, die zwar meistens bei verschiedenen Bildpositionen zu sehen, nicht aber überall anzuklicken sind. Ein bisschen mehr Feingefühl in diesem Bereich hätte den Spielfluss wohl mehr vorangetrieben.
Detailreichtum auf 3 CDs
Wenn man sich zum ersten Mal im Ademikal Tal umsieht, wird man zwar nicht vom Hocker gehauen, doch aber positiv überrascht sein. Die Bilder sind - dem klassischen Prinzip treu angebunden – vorgerenderte Bilder mit fliessender 360° Rundumsicht. Die Umgebungen sind unglaublich detailliert inszeniert und wirken auch besonders in storytechnisch irrelevanten Bereichen äusserst aufwändig.
Als Antagonist auf diese visuelle Pracht, wirkt sich aber leider eine (v.a. der Atmosphäre entgegenwirkende) Sterilität entgegen. Hierzu gehört auch der nicht mehr ganz zeitgemässe Dia-Charakter, der den Spieler zwingt, sich von Bild zu Bild durchzuklicken. Eingegliederte Animationen gibt es nur sehr selten und auch Nicht-Spieler-Charaktere wirken sehr unmenschlich. Vor allem die Tatsache, dass dem Spieler keinerlei Interaktionsmöglichkeiten bei den Gesprächen zur Verfügung steht, bildet einen eher mageren atmosphärischen Gesamteindruck. Da helfen auch die teilweise einsetzenden FMV Sequenzen wenig, die zusätzlich noch unter einer mangelhaften Qualität zu leiden haben. Hier hätte sich die Adventure Company eine bessere Möglichkeit der Kompression überlegen sollen. Schon alleine, dass 'Aura' mit drei CD’s ausgeliefert wird, ist nicht besonders vorteilhaft. Wie in 'Schizm' hätte man – um überhaupt die Qualität der Zwischensequenzen verbessern zu können – die Option einer DVD in Betracht ziehen sollen.
Von archaischen Klängen und wortkargen NPCs
Wie der gesamte Spielverlauf ist auch die Soundkulisse sehr ruhig gehalten. Stilistisch wirken die sanften Klänge und oft einsetzenden Streicheinlagen im Hintergrund sehr archaisch. Durch die Eingliederung in Rätseln scheint selbst die Akustik ständig mysteriös und geheimnisvoll. Da die Musikuntermahlung allerdings nur sehr selten einsetzt und sogar nur sehr wenige Standardgeräusche die Umgebung atmosphärisch unterstützen, bleibt auch in diesem Bezug ein steriler Charakter vorhanden. Die sehr selten kommunizierenden Protagonisten wurden immerhin anständig synchronisiert. Das aber auch hier nicht sonderlich viel Professionalität vorhanden ist, merkt man bei der sehr asynchronen Anpassung mit den Lippen der Sprecher. Bei der Lokalisation hätte man sich diesbezüglich etwas mehr Zeit nehmen dürfen.
Die Tatsache, dass 'Aura – Tor zur Ewigkeit' unzählige Parallelen zu seinen Genre-Kollegen aufweist, selber aber kaum neuartige Elemente hervorbringen kann, macht es zu keinem besonderen Spiel. Fans von First-Person- bzw. Knobeladventures werden natürlich voll auf ihre Kosten kommen. Unzählige, knifflige Rätseleinlagen, die teilweise hinter einem richtig intelligenten Konzept angelegt wurden, durchgehend logisch und fair sind und selbst den Profi über 20 Stunden an der Stange halten werden, sind nicht zu verachten. Trotzdem hat das neuste Produkt von Entwickler Streko Graphics und Publisher The Adventure Company unter den für das Gameplay typischen Vorurteilen zu leiden: Grafisch zu steril und für Newbie-Knobler ganz klar zu schwer und frustrierend. Die Hintergrundgeschichte wird zu wenig beleuchtet und wirkt viel mehr als plattes Nebenbei. Hierzu gehört natürlich auch das wenig informative Spielkonzept. Obendrein ist die Handhabung nicht immer so einfach, wie bei einem 'Myst 3' und auch das mögliche Dead-End bei früherer Unaufmerksamkeit wirkt sich negativ auf das Gesamtbild aus.
So oder so: 'Aura' ist garantiert nichts für Gelegenheitspieler, sicherlich aber für solche, die mit den kleinen Macken klarkommen und gerne stundenlang neue Welten erforschen.
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Aura: Fate of the Ages
- Entwickler
- Streko-Graphics Inc.
- Publisher
- The Adventure Company
- Release
- 19. Juli 2004
- Spielzeit
- 30 Stunden
- Webseite
- http://www.auragame.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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