Nachdem THQ und Nickelodeon im letzten Jahr ihre langjährige Lizenzvereinbarung bis zum Jahr 2010 verlängert haben, ist es wohl kaum verwunderlich, dass es zum Release des SpongeBob-Kinofilms nun auf allen Plattformen diverse Videospielumsetzungen zum Unterwasser-Abenteuer regnet. Publisher THQ hat glücklicherweise sehr früh schon gemerkt, dass sich TV-Serien und Kinofilme auf dem PC nicht mit derselben Dogma umsetzen lassen, wie für Konsolen. Der gelbe, quadratische Psychopath stürzt sich deshalb anders als auf dem Gamecube oder der Playstation 2 nicht in ein fingerverkrampfendes Jump’n’Run, sondern – wie schon im Jahre 2003 in 'Employee of the Month' - in ein klassisches Point and Click-Adventure. Ob und inwiefern es SpongeBob aber gelingt, die Herzen der Adventurespieler schneller schlagen zu lassen, zeigt euch unser Testbericht.

Ein besonderer Morgen
Wie jeden Morgen wird SpongeBob Schwammkopf vom ohrenbetäubenden Getöse seines Weckers wach, um motiviert und naiv den neuen Tag anzutreten. Doch heute war ein ganz besonderer Morgen: Mr. Krabs hatte vor die zweite Filiale der Krossen Krabbe zu eröffnen und das gute Wetter draussen schrie förmlich nach einer Beförderung von SpongeBob zum Manager der Krossen Krabbe 2. Nachdem SpongeBob seine Kleider angezogen und ein paar kurze Worte mit seiner miauenden Hausschnecke Gary gewechselt hat, machte er sich sogleich mit den Worten „Ich bin bereit… Beförderung!“ auf, um seinen neuen Titel entgegen zu nehmen.
Natürlich sollte wieder einmal alles anders kommen, als es sich der fleissige Schwamm vorgestellt hatte. Nachbar Thaddäus erhält an seiner Stelle den Titel zum neuen Manager und noch während SpongeBob mit viel Eiscreme den Frust zu lindern versucht, heckt Plankton bereits schon einen neuen diabolischen Plan (Z) aus, um die Herrschaft über Bikini Bottom erlangen zu können: Er stiehlt die Krone König Neptuns und verkauft sie an die Muschelstadt (ein geheimnisumwobener Ort, den noch nie ein Schwamm zuvor betreten hat) und schiebt den Diebstahl Mr. Krabs in die Scheren. Neptun verwandelt sogleich die geldgierige Krabbe in einen Eisblock und kein geringerer als SpongeBob Schwammkopf bietet sich an, zusammen mit seinem treudoofen Kumpel Patrick, Mr. Krabs zu helfen und die Krone für den Meereskönig zurückzuholen.
Weisses Hemd, braune Shorts, rote Krawatte. Klassisch! Das PC-Spiel knüpft direkt an die Hintergrundgeschichte des Filmes an. Mittelmässige FMV-Sequenzen sollen den eigentlichen Plot zwischendurch grafisch weitererzählen. Leider wurden die Sequenzen nur durch ein nicht-interaktives Buch ersetzt und mit einer miserablen – im direkten Vergleich zur TV-Serie absolut verfälschten – Erzählerstimme besetzt. Das Buch enthält Bildmaterial aus dem Film, was aber durch diese Aufbereitung eher unspektakulär wirkt. Das ernüchternde Intro wirkt im Vergleich zum ersten SpongeBob-Adventure relativ billig, zumal dasjenige noch eigene, 3D-gerenderte Videosequenzen beinhaltete. Dass man bei einem Film als Story-Vorlage vorzugsweise eine andere Erzählweise anführt entschuldigt zudem nicht die eher magere Qualität dieser Zwischensequenzen.
Viel interessanter sind nun die eigentlichen Quests, die einem in den acht völlig unterschiedlichen Kapiteln erwarten. Natürlich darf man gleich im ersten Kapitel in die Haut von Mr. Motivation himself, SpongeBob Schwammkopf, schlüpfen. Dabei wuselt man in angenehmer Point & Click-Manier von Bildschirm zu Bildschirm, um sich auf der Suche nach SpongeBob’s Kleidern schon ein bisschen mit der Umgebung vertraut zu machen. Der gelbsüchtige Würfel steht nämlich in Unterhosen da und da er bald ein Treffen mit seinem Chef Mr. Krabs hat, liegt es nun am Spieler den kleinen Schwamm auf einen anstrengenden Tag vorzubereiten.
Wie erwähnt geschieht das ganze sehr klassisch: Man durchsucht diverse Räume nach nützlichen Gegenständen, führt Multiple-Choice-Gespräche mit miauenden Unterwasserschnecken und verblödeten Seesternen oder kombiniert u.a. auch Inventarinhalte miteinander. Da die Zielgruppe beim Spiel konsequenterweise auf derjenigen der TV-Serie und des Kinofilms beruht, musste das ganze Sujet auch so einfach wie möglich gehalten werden. Diesem Vorsatz kam die sogenannte „Ein-Klick“-Taktik entgegen: Der Spielcharakter gibt zu eher weniger interessanten Gegenständen einen situationsbezogenen Kommentar ab, nimmt den Gegenstand aber sogleich auf, falls er für den späteren Spielverlauf relevant sein sollte. Einzig wenn man den Charakter zum rennen bewegen möchte, kann man das mit einem Doppelklick erreichen. Wie schon in 'Employee of the Month' gibt es auch wieder völlig schwachsinnige Hotspots, wobei per Klick irgendwelche Gegenstände kurz in Bewegung versetzt werden. Dabei verkneifen sich aber sogar SpongeBob & Co. unnötige Sprüche.
Denk nach, Mann, DENK NACH! Weniger vorteilhaft wirkt sich das einfach gehaltene Gameplay auf die Rätseldichte aus. Durch die Gespräche mit NPC’s wird meistens ziemlich viel von dem Handlungsablauf offensichtlich. Fans der Serie und Kenner des Kinofilms wissen nicht selten was als nächstes auf sie zukommt und nachdem man alle zugänglichen Räume durchsucht hat, bleibt man auch kaum irgendwo für längere Zeit hängen. Das hilft auf der einen Seite einen unglaublich motivierenden Spielfluss zu fördern, auf der anderen Seite macht es das ganze Abenteuer aber viel kurzweiliger und ungemein verdaulicher als es eigentlich sein sollte.
Wenn man den Film bereits gesehen hat, darf man sich jedenfalls über die vielen bekannten- und die paar neuen Locations freuen. Die einzelnen Kapitel, die sich "hinter" dem eigentlichen Filmablauf abspielen, kommen ausserdem mit einer Vielzahl an total abgedrehten, neuen Charakteren einher. SpongeBob und sein debiler Kumpel Patrick dürfen sich im PC-Adventure also um einige Angelegenheiten mehr kümmern: So kommen die beiden beispielsweise während ihrer Suche nach der Krone einer suspekten Widerstandsbewegung der Wirbellosen auf die Schliche, derer es sich bald anzuschliessen gilt, um einen respektlosen Arzt davon zu überzeugen, dass Lebewesen ohne Wirbelsäule auch ein Recht auf eine chiropraktische Untersuchung besitzen.
Im Spielverlauf weitet sich das Inventar fast nie über mehr als vier Gegenstände aus und die Hinweise auf den Fortgang eines Rätsels werden meistens offensichtlich betont – ja, teilweise fühlt man sich gar von diversen Hinweisen penetriert. Doch trotz dieser Tatsachen muss man gestehen, dass 'SpongeBob Schwammkopf – Der Film' das - für eine solche Zielgruppe - bis anhin innovativste Rätseldesign überhaupt besitzt.
Die Ideen sind meistens unglaublich kreativ. Ausserdem hat man sich vorbildlich dazu bemüht, den Adventurespieler jeder Altersklasse auch ein bisschen zu fordern. Leider ist dieses Ziel natürlich schlicht und einfach unmöglich. Gewiefte Spieler und alte Veteranen werden Bikini Bottom nach knapp 4 Stunden vom grössenwahnsinnigen Plankton befreit haben, eher jüngere Spieler (oder ziemlich blöde) werden wohl eine oder zwei Stunden länger benötigen, bis sie die Krone gefunden und die Seelaus vertrieben haben. Da der Wiederspielbarkeitswert nach einmaligem Spielen quasi bei null steht, ist das eher weniger erfreulich, unter Berücksichtigung des Preis-/Leistungs-Verhältnis' aber zu verkraften.
Also wenn du kindisch bist, dann bin ICH auch kindisch!
Erfreulicherweise darf man nun auch in die Haut von anderen Charakteren schlüpfen. Neben SpongeBob übernimmt man abwechslungsweise einmal die Rolle von Plankton (ein unglaublich witziges Kapitel übrigens), Prinzessin Mindy und Patrick. Unterschiede im Gameplay gibt es dabei keine und auch wenn sich der Spielcharakter Patrick dümlicher als all die anderen gibt, kriegt man doch immer genügend Hinweise von ihm, was man als nächstes zu tun hat. Wie schon der Vorgänger, besitzt auch dieses SpongeBob-Adventure an einigen Stellen auflockernde Minispielchen. Im Gegensatz zu denen bei 'Employee of the Month' sind diese hier aber viel eher storyrelevant, was heisst, dass sie gemeistert werden müssen um weiterkommen zu können. Gleich im zweiten Kapitel muss man beispielsweise Plankton mit seinem Jet-Pack in die Richtung von Neptun's Burg Steuern. Dabei kommen ihm ständig irgendwelche Quallen entgegen, denen es auszuweichen gilt. Stürzt man einmal ab, muss man einige Meter weiter hinten wieder anfangen. Diverse Schwierigkeitsgrade gibt es nicht. Die Spielchen sind auch gerade so simpel, dass man sie im ersten Anlauf gleich schaffen kann.
Ich bin bereit... höhere Auflösung!
Im Gegensatz zur TV- und Kinovorlage treten alle Protagonisten im Spiel als 3D-Charaktere auf. Hierbei gliedern sie sich angenehm korrekt in die Aquarell-Hintergründe ein, die stiltypisch mit der gewohnten Skurrilität inszeniert wurden, wie wir es von der Hillenburg’schen Unterwasserwelt gewohnt sein sollten. Qualitativ haben sich die Charaktermodelle ein bisschen verfeinert und auch die allgemeine Spielauflösung wurde ein bisschen erhöht. Bikini Bottom erstrahlt so in detailreicher Grafikpracht, mit vielen hübschen, psychedelisch-angehauchten Kleinigkeiten. Für das Genre, wie auch für SpongeBob & Co. eine absolut geeignete Umsetzung.
Genauso sauber wie die Grafik präsentiert sich das Spiel durchwährend in allen technischen Bereichen. Einziges Manko sind die bereits erwähnten FMV Sequenzen, die qualitativ hinterher hinken. Nicht-steuerbare Ereignisse werden in den jeweiligen Kapiteln allerdings mit Ingame-Sequenzen erzählt, die allesamt viel angenehmer aussehen. Clipping-Fehler oder nervige Bugs sucht man im ganzen Spielverlauf vergebens.
Wir alle sind taube Nüsschen, YEAH!
AWE Games und THQ ist die Portierung des eigentümlichen Humors auf das Videospiel besonders gut gelungen. Wie den meisten bekannt sein sollte, ist das ganze Drumherum des gelben Schwammes nicht jedermanns Geschmackssache. Der kränkelnde Humor richtet sich aber nicht nur an die ganz Kleinen, sondern beinhaltet auch Slapstick-Elemente die besonders einer älteren Generation zusagen sollen. Diesbezüglich empfohlen sei allerdings, dass man sich selber einmal eine Sendung auf Super RTL oder vielleicht sogar den Kinofilm ansieht, um entweder auf den Geschmack zu kommen, oder den immerzu motivierten, gelben Spinnerschwamm auf Lebzeiten aufgrund seiner total abgefahrenen, nervigen Skurrilität zu hassen.
Das Spiel hängt jedenfalls gekonnt an diese Art Humor an. Die Dialoge sind besonders witzig und wechseln sich elementar von sarkastisch zu total blöd ständig ab. Weniger vorteilhaft ist hierbei leider die deutsche Synchronisation: Keine Spielfigur besitzt die Original-Synchronstimme, einzig die Stimme Patricks klingt derjenigen aus der TV-Vorlage zumindest ähnlich. Für deutschsprachige Hardcore Fans mag das vielleicht einen etwas grösseren Einfluss auf die Eingewöhnung ins Spielgeschehen haben. Alle anderen sollte das aber weniger interessieren, da Publisher THQ wohl gezielt darauf geachtet hat einigermassen ähnliche Sprecher zu engagieren. Blöderweise lassen sich Kommentare und diverse Wortwechsel die man schon einmal gehört hat nicht durch Mausklick oder Tastendruck abbrechen. So kommt es nicht selten vor, dass man zwei verschiedene Gegenstände mit denselben Worten kommentiert bekommt und man sich nicht dagegen wehren kann. Ansonsten bietet das Spielgeschehen durchwährend eine sehr passende Soundkulisse. Wo allerdings die meisten Szenen im Film mit dem Goofy Goobers Song oder diversen Rock-Medley’s untermalt wurden, besitzt das Spiel einen einfachen, aber über längere Zeit äusserst störenden Score. Nicht selten gerät man da in Versuchung die Hintergrundmusik abzuschalten um das Spektakel akustisch ein bisschen mehr geniessen zu können.
Als Konsumgut für jede Altersklasse hat 'SpongeBob Schwammkopf – Der Film' mit denselben Problemen zu kämpfen, wie schon sein Genre-Vorgänger oder Spiele wie 'Prezzemolo in una giornata da incubo': Hat der Konsument ein gewisses Alter erreicht, wird er diverse Erzähl-Elemente vielleicht nicht mehr lustig finden und absolut keinen anspruchsvollen Rätseln mehr begegnen.
Trotz diesem unausweichlichen Dilemma der multiplen Zielgruppe sollte vermerkt bleiben, dass sich THQ für die Filmumsetzung auf dem PC noch einmal richtig ins Zeug gelegt hat. Die Adventure-Gemeinde dankt jedenfalls dafür, nicht irgendwelche Power-Ups oder sogenannte "Männlichkeitspunkte" einsammeln zu müssen um einen "Macho Schlag" erhalten zu können, nur damit man den Endgegner eines Levels besiegen kann. Die PC-Besitzer haben nämlich ein waschechtes, klassisches Point & Click-Adventure, mit witzigen (aber geschmacksabhängigen) Dialogen und hübscher, zeitgemäßer Optik serviert gekriegt. Fans sollten trotz kleinen Verfälschungen durch die Lokalisation sofort zugreifen. Allen anderen sei zuvor aber eine TV-Folge ans Herz gelegt.
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SpongeBob - Der Film: Grösser! Eckiger! Schwammiger!
- Entwickler
- AWE Games
- Publisher
- THQ
- Release
- 30. November 2004
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