Im aktuellen Adventure vom österreichischen Entwickler Sproing und dem deutschen Publisher ANACONDA wird der Spieler in das Deutschland des Jahres 1943 geschickt. Hier gilt es, Informationen über den Stand der Forschungen zu einer deutschen Uranbombe zu finden und zu untersuchen. Dabei entwickelt sich eine spannende Spionagegeschichte mitten in den Wirren des zweiten Weltkrieges. Ob das Spiel den ersten Eindruck aus dem Preview halten kann und was sich noch alles verändert hat, steht in unserem Review.

Der Auftrag
Als in London am 8. Januar 1943 das Telefon von Dr. John Russel klingelt, ahnt er noch nicht, dass ihm die aufregendsten und gefährlichsten Tage seines Lebens bevorstehen. Er wird in das Büro von Colonel Travers gebeten, wo er die Echtheit einiger Akten prüfen soll. Dabei handelt es sich um Baupläne einer deutschen Massenvernichtungswaffe – Der Uranbombe. Schnell wird klar, dass die Pläne echt sind und die Welt vor einer großen Bedrohung gerettet werden muss. Und wer könnte für diesen gefährlichen Einsatz besser geeignet sein, als der eher zurückhaltende Professor Dr. John Russel selbst?
Damit der Professor nicht ganz auf sich allein gestellt ist, wird ihm der MI6 Agent Peter Graham zur Seite gestellt. Er soll den Professor in brenzligen Situationen beschützen. Auf Ihrer Reise durch Deutschland treffen sie bald auf Anne Taylor, die ebenfalls als Agentin für den MI6 in Deutschland unterwegs ist und sich dem Duo anschließt. Doch schnell stellt Dr. John Russel fest, dass nicht alle mit offenen Karten spielen. Wem kann er vertrauen und wer sabotiert den Auftrag?
Der zweite Weltkrieg wurde zwar schon oft in PC-Spielen thematisiert, aber nur wenige Adventures spielen in der Zeit selbst. Somit betritt Sproing relatives Neuland. Die Story ist aber sehr interessant und leistet sich weder in der Logik noch in der Spannung irgendwelche Schwächen und wirkt dabei nie unrealistisch. Alle Gegenstände und Personen scheinen direkt der damaligen Zeit entsprungen zu sein. Die Charaktere tragen zur gelungenen Präsentation bei, ob nun der nervöse Professor, der dauernd an seiner Brille spielt oder die smarten Agenten, jeder passt gut in seine Rolle.
Riesiges Inventar 'Undercover: Operation Wintersonne' wagt bei der Steuerung keine großen Experimente und das ist auch gut so: Per Mausklick wird Dr. John Russel über den Bildschirm gesteuert, mit der linken Maustaste werden Objekte angeschaut, mit der Rechten wird eine Aktion ausgeführt. Neben dem Mauszeiger weist ein kleines Symbol auf die mögliche Aktion hin, ein Schraubenschlüssel markiert eine Aktion, eine Sprechblase den Beginn eines Dialogs. Wählt man ein Objekt aus dem Inventar, das bei Bedarf im unteren Bildschirmbereich eingeblendet wird, zeigt das Spiel dieses neben dem Mauszeiger an.
Damit man zum Füllen des Inventars nicht den ganzen Bildschirm absuchen muss, wurde auch bei 'Undercover: Operation Wintersonne' eine Funktion zum Finden aller Gegenstände und Ausgänge eingebaut, die jedoch zuerst im Hauptmenü aktiviert werden muss. Eine andere Taste zeigt nur die Ausgänge an, ohne gleich alle Gegenstände anzuzeigen. Für Spieler mit wenig Zeit gibt es natürlich auch wieder die Möglichkeit, den Professor etwas Sport treiben zu lassen: Per Doppelklick rennt Dr. Russel gewöhnlich zum Objekt der Begierde oder zum Ausgang. Das macht er aber auch nur dann, wenn es Sinn macht. Wenn der Professor lieber schleichen sollte, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, macht er das auch – und zwar ganz von allein, der Doppelklick bringt dann gar nichts. Auch beim Aufsammeln von Gegenständen zeigt der Professor eigene Intelligenz: Er stellt selbständig fest, ob zum Beispiel in einem Schrank noch weitere Gegenstände liegen und nimmt auch diese in einer Aktion an sich.
Licht und Schatten - Die Grafik von Undercover Dabei passen sich die Bewegungen der Figuren immer der Situation an. Dr. Russel bückt sich, wenn etwas aufgehoben wird, wenn er eine Tür aufschließt, bückt er sich leicht, um an das Schlüsselloch zu kommen – für wirklich jede Aktion gibt es eine passende Animation. Auch wenn manchmal geschummelt wird – der Professor dreht dem Spieler den Rücken zu und hantiert dann mit den Gegenständen, ist das doch eine sehr schöne Möglichkeit, den Charakteren Leben einzuhauchen. Vorbei ist das Gefühl, einer Schaufensterpuppe beim Wegzaubern von Gegenständen zuzuschauen.
Aber nicht nur die Charaktere wirken lebendig, auch die Umgebung trägt zu diesem Eindruck bei. Auch wenn nur wenige Figuren die Hintergründe bevölkern und den Spieler zum Teil gar nicht beachten, hat man doch immer den Eindruck, in einer lebendigen Welt unterwegs zu sein, die allerdings durch den Krieg gezeichnet ist. Überall stehen Militärfahrzeuge herum, in Berlin wehen Flaggen, Gebäude qualmen von der letzten Bombardierung und Soldaten patrouillieren durch die Straßen. Dazu kommen noch Effekte wie Hitzeflirren, Lichtstrahlen oder Rauchwolken, die allesamt das Bild einer lebendigen Welt verstärken. 'Undercover' verwendet 3D-Charaktere auf zweidimensionalen Hintergründen. Die Kombination zahlt sich aus, der Schatten der Figuren fällt immer passend zu der Lichtquelle und verändert sich auch entsprechend, wenn die Figur sich bewegt. Die Objekte wurden so gut angepasst, dass sie perfekt mit dem Hintergrund verschmelzen. Zum Glück hilft hier die oben schon beschriebene Funktion zum Finden der Hotspots. Nerviges Pixelhunting muss also nicht sein. Bei den Zwischensequenzen und Dialogen setzt 'Undercover' auf Filmflair. Das Spiel schaltet dann auf Nahaufnahmen um und bringt so die Figuren besser zur Geltung. Dabei machen Dr. John Russel und die anderen Figuren dank Antialiasing und einer Auflösung von 1024x768 oder 1280x1024 immer einen gestochen scharfen Eindruck. Trotzdem gibt sich Undercover auch mit älteren Rechnern zufrieden, ab einem GHz mit 256MB Ram und DX9-kompatibler Grafikkarte darf man seine Forschungen beginnen. Leider gibt es selbst bei schnelleren Rechnern bei Szenenwechseln kurze Ladezeiten, was für Adventures zwar ungewöhnlich ist, aber auch nicht groß stört.
Einen besonderen Bonus für Nostalgiker hat Sproing außerdem noch eingebaut: Per Klick im Hauptmenü ist es möglich, den Sepia-Filter zu aktivieren. Das ganze Spiel sieht dann wie ein Foto aus der damaligen Zeit aus. Als Vergleich hier mal dieselbe Szene mit und ohne Sepia.
So viel Aufmerksamkeit wie bei der Einbindung der dreidimensionalen Figuren hätte man auch der Synchronisation zukommen lassen können. Die Sprecher sind zwar sehr gut gewählt und halten auch die von ANACONDA gewohnt gute Qualität, aber leider ist kein Dialog Lippensynchron. Das wird bereits beim Intro sichtbar und hätte bei einer rein deutschsprachigen Produktion eigentlich nicht sein müssen. Wenn man jedoch über dieses Manko hinweg sieht, findet man einen wahren Ohrenschmaus vor. Alle Szenen sind mit Musik untermalt, die mit der Location wechselt und gut zu der Atmosphäre beiträgt. Auch alle anderen Geräusche passen sich gut in die Umgebung ein und ziehen den Spieler tiefer in die Welt.
Von Zahnrädern und Lichtschaltern 'Undercover' geht beim Rätseldesign einen anderen Weg als viele der zuletzt erschienenen Spiele. Es geht nicht zuerst darum, die Story durch einfache Botengänge oder Dialoge voranzubringen. Sicher gehört auch das dazu, aber 'Undercover' setzt überwiegend auf alte Tugenden. Neben den Inventarrätseln bei denen verschiedene Objekte kombiniert werden müssen, gibt es auch Logikrätsel. Diese Rätsel wiederholen sich jedoch nie und fügen sich immer gut in die entsprechende Situation ein. So muss zum Beispiel eine Mechanik mit verschiedenen Zahnrädern repariert werden, um eine Schleuse zu öffnen. Die Zahnräder müssen dabei an der genau richtigen Stelle platziert werden, was durchaus einige Zeit dauern kann. Ein anderes Rätsel besteht darin, über das geschickte Schalten von Lampen die Agentin Anne Taylor an deutschen Wachen vorbei zu schleusen. Auch sonst bietet 'Undercover' eine gehörige Portion Rätsel. Viele Locations sind gleichzeitig besuchbar und oftmals weiß man nicht, wo es genau weitergehen soll, damit man dem Ziel näher kommt. Ohne die eingeschaltete Hilfsfunktion dürfte es auch schwer werden, alle wichtigen Gegenstände zu finden. Aber selbst dann wird es nicht leichter. Durch die Fülle von Gegenständen im Inventar wird ein einfaches Ausprobieren aller möglichen Kombinationen zum reinen Geduldsspiel. In manchen Situationen kommt dann noch Zeitdruck hinzu. Das Spiel zeigt dann eine kleine Uhr an und es geht ab sofort um Leben und Tod. Wenn man dann entweder eine falsche Aktion durchführt oder zu lange überlegt, stirbt der Professor. So schlimm ist das jedoch nicht, denn direkt danach startet man zu Beginn der Szene neu und hat dann wieder die Möglichkeit, es besser zu machen.

Mit 'Undercover: Operation Wintersonne' steht neben 'Geheimakte Tunguska' in diesem Monat gleich das zweite Top-Adventure in den Regalen. Dabei punktet 'Undercover' vor allem durch die Animationen der Charaktere und die gute Sounduntermalung. Sieht man von kleinen Mängeln, wie zum Beispiel der nicht lippensynchronen Vertonung oder den Ladepausen ab, bekommt man für sein Geld ein gutes Adventure mit einer spannenden und packenden Story, das auch für fortgeschrittene Spieler einigen Rätselspass bietet, rund 15 Stunden dürfen eingeplant werden. Aber auch Anfänger können dank der eingebauten Hilfefunktion bedenkenlos zugreifen, zumal die Rätsel immer logisch und fair sind.
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Undercover: Operation Wintersonne
- Entwickler
- Sproing
- Publisher
- dtp - digital tainment pool
- Release
- 29. September 2006
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Webseite
- http://www.undercover-game.de
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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