Ein bisschen Indiana Jones, etwas George Stobbart und eine Priese Verschwörungstheorien, die einem Buch von Dan Brown entstammen könnten. Mit dieser Mischung kann eigentlich nichts schief gehen – oder doch? Jedenfalls stellt sich dtp mit dem neuesten Spiel der italienischen Entwickler von Artematica genau diesen Vorbildern. Ob 'Belief & Betrayal' diesem Vergleich standhalten kann, verraten wir in unserem Test.

Mein Name ist Danter...
Jonathan Danter hat alles, was man für ein sorgenfreies Leben braucht: Einen Loft mitten in New York und so viel Geld, dass er eigentlich nicht arbeiten muss. Um der zermürbenden Langeweile, die so viel Geld mit sich zu bringen scheint zu entgehen, arbeitet er zum Zeitvertreib als Redakteur beim Manhattan Mirror. Eigentlich hat Jonathan also nichts zu befürchten, außer vielleicht den Ärger mit Berühmtheiten, die eine Arbeit als Boulevardjournalist mit sich bringt. Bis eines Tages sein Telefon klingelt und ein Inspektor von Scotland Yard dem „Geschenk Gottes“, als das Jonathan sich selbst sieht, mitteilt, dass er in Lebensgefahr ist. Um Licht in die Angelegenheit zu bringen, muss sich Jonathan sofort nach London aufmachen, wo ihn der Inspektor bereits erwartet. Und ab diesem Zeitpunkt ist nichts mehr, wie es einmal war. Der Inspektor teilt Jonathan mit, dass sein Onkel tot ist. Für Jonathan ist diese Information nichts Neues, denn sein Onkel ist bereits vor zehn Jahren gestorben – oder zumindest war Jonathan in dem Glauben. Onkel Frank hatte seinen Tod vor zehn Jahren aber nur vorgetäuscht, um untertauchen zu können. In Wahrheit arbeitete er seit dem für das Legat, einen geheimen Arm des Vatikans. Diese Geheimorganisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Geheimnisse und Mythen aus den inzwischen über 2000 Jahren Kirchengeschichte zu erforschen. Bei seinen letzten Forschungen muss Frank allerdings eine Entdeckung gemacht haben, die besser verborgen geblieben wäre. Denn der Mord an Frank ist nur der letzte in einer Reihe blutiger Ritualmorde an Mitgliedern des Legats, die London seit einiger Zeit erschüttern. Da Jonathan noch einige Zeit in London festsitzt, beschließt er auf eigene Faust dem Geheimnis um den erneuten Tod seines Onkels auf den Grund zu gehen. Schon bald trifft er auf Katrin McKendal, die bereits Frank bei seinen Forschungen assistierte. Zusammen versuchen sie, dem Rätsel auf die Spur zu kommen. Doch sie müssen sich beeilen, denn die Anhänger der mysteriösen Sekte, die auch den Tod von Frank zu verantworten hat, sind jetzt hinter ihnen her. Und auch die Polizei fahndet nach Jonathan, der beschuldigt wird, zwei Polizisten ermordet zu haben. Diese spannende Jagd führt Jonathan und Katrin quer durch Europa. Dabei stehen so berühmte Gebäude und Orte auf dem Reiseplan wie die Kathedrale von Chartres, die Vatikanstadt oder der Dogenpalast in Venedig.
Sightseeing
Alle diese Orte wurden mit viel Liebe zum Detail gezeichnet und schaffen es wirklich, einen tollen Eindruck von den realen Gebäuden zu vermitteln. Alleine das berühmte Fresko „Der Borgobrand“ von Rafael wirkt schon fast so beeindruckend, wie das Original. Die Hintergründe sind also über jeden Zweifel erhaben. Ganz anders sieht das bei den Animationen aus. Obwohl viele Bewegungen umgesetzt wurden, wirken die Bewegungen der Figuren steif. Bei Gesprächen fuchteln Jonathan und seine Kumpanen dauernd mit den Händen herum. Anfangs ist das vielleicht noch ein nettes Gimmick, später nervt es. Dabei sind die Figuren in den Gesprächen noch ganz gut animiert. Zwar nicht lippensynchron, aber auch längst nicht so steif wie in den anderen Bewegungen. Die übrigen Animationen kommen ebenfalls nicht an die hohe Qualität der Hintergründe heran und wirken dadurch aufgesetzt. Bei den Gegenständen sieht es ähnlich aus. Oft erkennt man bereits, welche Gegenstände mitgenommen werden dürfen und welche zum Hintergrund gehören.
Ein weiterer Minuspunkt ist der Cursor. Sicher, er ist zweckmäßig. Aber das wäre er auch noch, wenn er zwei Nummern kleiner gewesen wäre. Der Vorteil eines großen Cursors ist hingegen, dass auch kleinere Hotspots schneller gefunden werden, weil ein größerer Teil des Bildes abgesucht werden kann.
Gedanken sammeln Das wichtigste an einem Adventure sind bekanntlich die Rätsel. Und da kommt bei 'Belief & Betrayal' eine ganz neue Komponente ins Spiel, über die vorher viel Gesprochen wurde: Das Gedankeninventar. Dabei handelt es sich um einen Notizblock, der bei Bedarf am rechten Bildrand eingeblendet werden kann. Hier halten Jonathan, Katrin und Damien, der dritte steuerbare Charakter, ihre Ideen zu einem bestimmten Problem Form von Stichpunkten fest. Diese Ideen können und müssen dann weiterverwendet werden. Meistens geschieht das in Verbindung mit den Communicator. Beispiel? Kathrin erfährt während eines Gesprächs, wie man auch nachts noch in die Kathedrale von Chartres hineinkommt. Genau das ist das Problem von Jonathan. Katrin kann die Information aus ihrem Gedankeninventar mit dem Communicator kombinieren, der daraus automatisch ein Mail generiert. Dieses Mail muss Katrin nur noch an Jonathan schicken, dessen Communicator nun wiederum durch Blinken auf eine neue Nachricht aufmerksam macht. Doch so ganz perfekt ist die Ideensammlung nicht, oder besser gesagt: sie nimmt dem Spieler nicht allzu viel Arbeit ab. So stellt Jonathan zwar fest, dass einige Bücher in einer falschen Reihenfolge stehen und dass auf diesen Büchern römische Ziffern stehen. Auf seinen Notizblock schreibt er nur die Information, dass die Bücher eine falsche Reihenfolge haben. Später im Spiel braucht er eine Kombination aus römischen Ziffern. Aber wie war die noch mal? Das steht leider nicht auf dem Notizblock und man muss zum Bücherregal zurück. Eine Möglichkeit, zusätzlich eigene Gedanken und Notizen in den Block oder den Communicator einzugeben, wäre eine schöne und sinnvolle Ergänzung gewesen. Der Communicator selbst dient hauptsächlich zum Übermitteln von Mails an die anderen Charaktere. Man findet ihn immer in der oberen linken Ecke und zusätzlich noch im Inventar. Um ihn mit Ideen oder anderen Gegenständen zu Kombinieren, muss man ihn jedoch im Inventar suchen. Warum man die Ideen nicht auch einfach auf den ständig angezeigten Communicator ziehen kann, werden wohl nur die Entwickler von Artematica sagen können.
Ansonsten fallen die Rätsel in 'Belief & Betrayal' eher mager aus. Zwar gibt es einige Kombinationsrätsel, aber schwere Nüsse gibt es nicht zu knacken. Dafür gibt es oft unterschiedliche Lösungswege, um ans Ziel zu kommen und die Aufgabenstellung ist immer offensichtlich.
Bei der Suche nach Objekten hilft der Hotspotfinder, der souverän alle Objekte anzeigt. Ausgänge werden hingegen nicht angezeigt und das kann schon frustrieren, weil die Ausgänge zum Teil besser versteckt sind als die Gegenstände. Doch selbst mit der Funktion zum Finden der Objekte ist es nicht einfach das Inventar zu füllen, wenn beim Design geschlampt wird. Fast jeder Gegenstand muss dreimal angeklickt werden, bis alles darüber gesagt wurde. Und auch dann kann ein benötigter Gegenstand noch nicht immer mitgenommen werden. Manchmal durchsucht man eine schon mehrfach untersuchte Location nach einer erneuten Aufforderung ein weiteres Mal und findet dann dieselben Gegenstände. Nur dieses Mal kann man sie mitnehmen. Das in Verbindung mit dem nervenden Dreimalklicken hätte leicht vermieden werden können und für mehr Spielspass gesorgt.
Wirklich? Ja. Oder Nein? Diese Frage stellt das Spiel in den Menüs und offenbart damit erneut, dass es nicht perfekt ist. Beim Speichern macht das ja noch Sinn, weil man im entsprechenden Menü ist. Aber wenn auf dem Monitor einfach nur die Frage „Wirklich?“ erscheint, ohne Hinweis auf die Folgen wirkt das recht merkwürdig. Gut, eigentlich kann man sich denken, was das Drücken der ESC-Taste bewirkt. Aber Anstelle von „Wirklich?“ wäre „Beenden?“ Eindeutiger gewesen.
Ansonsten hinterlässt die Steuerung einen soliden Eindruck. Jonathan wird per Linksklick durch die Gegend geschickt, per Rechtsklick ändert sich der Cursor und man kann Gegenstände benutzen. Das Inventar blendet sich am unteren Bildrand ein, wenn die Maus in den entsprechenden Bereich bewegt wird. Ähnlich ist es mit dem Gedankeninventar und dem Tagebuch, in dem immer die aktuellen Geschehnisse festgehalten werden.
Angenehme Kirchenmusik
Punkten kann 'Belief & Betrayal' auch beim orchestralen Soundtrack. Der passt nicht nur prima zu den Orten, er unterstützt auch die Stimmung in der Kirchenverschwörungsgeschichte. Bei den aufschlussreichen und informativen Dialogen setzt dtp auf professionelle Sprecher, die auch wirklich gut zu den einzelnen Charakteren passen und liefert dadurch eine hervorragende Lokalisation ab.
Leider hilft auch der gute Sprecher nicht, dem Hauptcharakter Jonathan etwas mehr Tiefe zu geben. Während des ganzen Spiels bleibt er flach und unsympathisch, ganz anders als zum Beispiel seine Gefährtin Katrin.
Spannung garantiert Besonders gut gefällt bei 'Belief & Betrayal' die Geschichte. Die hätte vom Meister der Kirchenverschwörungen Dan Brown selbst stammen können. Ähnlich wie in den Brownschen Büchern geht es auch bei 'Belief & Betrayal' Schlag auf Schlag. Zwar nicht immer wirklich realistisch, das tut der Spannung aber keinen Abbruch. Auch sonst macht Artematica vieles richtig, was bei anderen aktuellen Spielen bemängelt wurde: Bis zu drei gleichzeitig steuerbare Charaktere gibt es nur selten. Auch wenn es sich dabei jeweils um eine andere Handlung dreht, sorgt das doch für willkommene Abwechslung. Mit der Gedankensammlung hält eine gänzlich neue Funktion Einzug in das Adventuregenre, die man sich etwas weiterentwickelt als neuen Standard wünschen kann, ähnlich wie die Funktion zum Finden der Hotspots.
Bei 'Belief & Betrayal' scheiden sich die Geister. Für die Spieler, die gern schwere Rätsel knacken wollen ist das Spiel nichts. Liebhaber guter und spannender Geschichten werden trotz der aus heutiger Sicht etwas kürzeren Spielzeit von rund 8 Stunden ihren Spaß haben. Leider bleibt Hauptcharakter Jonathan während des Spiels recht farblos und schafft es nicht den Spieler auf seine Seite zu ziehen. Dennoch überwiegen unter dem Strich die Vorteile und das Preisleistungsniveau stimmt.
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Belief & Betrayal: Das Medaillon des Judas
- Entwickler
- Artematica
- Publisher
- dtp - digital tainment pool
- Release
- 23. Februar 2007
- Spielzeit
- 8 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.beliefandbetrayal-game.de/
- Sprachen
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