Die polnische Softwareschmiede City Interactive betritt mit ihrem ersten Adventure 'Die Kunst des Mordens' ungewohntes Territorium. Die Heldin ihres ersten Genretitels, Nicole Bonnet, muss sich als unerfahrene F.B.I. Agentin mit einem Serienmörder auseinandersetzen, dessen grausame Tötungsmethode auf ein altes Inka Ritual hinzudeuten scheint. Ob die ersten Adventure Gehversuche von City Interactive dabei zu überzeugen wissen, lest ihr in unserem Test.

Dem Serienmörder auf der Spur
Nicole Bonnet's erster Tag im Außendienst des F.B.I. hätte wohl nicht schlechter beginnen können: Ihr Partner James schickt sie los, um einen Kaffee zu holen und als sie zurückkommt ist es bereits geschehen. Nicole hört im Treppenhaus noch die Schüsse, aber als sie bei James angelangt ist, kann dieser ihr vor seinem Tod nur noch eine Botschaft für seinen alten Partner Nick übermitteln - vom Täter ist derweil keine Spur mehr zu sehen. So kämpft Nicole bei ihrem Chef dafür, sich um den Mord kümmern zu dürfen. Dieser lehnt jedoch ab, teilt sie James' Ex Kollegen Nick zu und beauftragt sie mit der Klärung einer Reihe von Serienmorden. Die Opfer haben nicht nur die Gemeinsamkeit, dass sie aus hohen Bildungskreisen kamen, sondern auch die Entfernung ihres Herzens und eine hinterlassene, alte Spanische Goldmünze am Körper. Da diese Vorgehensweise an ein altes Inka Ritual erinnert, beginnen Nicoles Ermittlungen in einem Präkolumbischen Museum, indem nicht nur der Direktor Dreck am Stecken zu haben scheint.
Nicoles' neuer Partner glänzt derweil mit Abwesenheit und scheint im Hintergrund seine ganz eigenen Ermittlungen zu führen. So muss die junge F.B.I. Agentin - beinahe allein auf sich gestellt - mit ansehen, wie der Killer einen Mord nach dem anderen begeht. Nicoles' Ermittlungen führen zu einer überraschenden Erkenntnis: Eine zwanzig Jahre zurückliegende Amazonas Expedition scheint der Schlüssel zu den Morden zu sein. Nicole weiß, dass ihre Ermittlungen nur Erfolg haben können, wenn sie sich an den Ort begibt, der die Antworten auf alle Fragen zu liefern scheint: Eine vergessene Stadt im tiefsten Amazonas Dschungel.
Steuerung und GameplayDie Steuerung dürfte wohl niemanden vor Probleme stellen. Per rechter Maustaste werden Hotspots betrachtet, per linker Maustaste wird mit ihnen interagiert. Die Rätsel bieten angenehm altmodische Adventurekost: Es gibt keinerlei Maschinenrätsel oder sonstige "mystige" Logikrätsel (bis auf ein kleines). Im Normalfall sammelt man Gegenstände ein, kombiniert diese mit anderen Inventargegenständen oder Hotspots und unterhält sich in sehr knapp gehaltenen Dialogen mit den anderen Spielfiguren.
Sehr zu Hilfe kommt einem das aus 'Geheimakte Tunguska' bekannte Lupensystem, mit welchem man sich alle Hotspots und Ausgänge innerhalb einer Location anzeigen lassen kann. Beim Inventar haben wir es mit einem intelligentem Inventar zu tun. Bei Verlassen eines Ortes werden nicht mehr benötigte Gegenstände automatisch rausgeworfen, so dass die Anzahl der potenziell zu verwendenden Gegenstände nie sonderlich groß ist. Gelegentlich muss man auch mal im Labor Beweismittel analysieren. Dies ist allerdings - ohne Aufwand - mit ganz wenigen Mausklicks bereits geschehen und bremst nie den Spielfluss. Überhaupt lässt sich das Spiel auf Grund des sehr niedrig angesetzten Schwierigkeitsgrades wie aus einem Guss spielen. Wirklich knifflig wird es nur an einer Stelle, die im Übrigen einen der beiden Punkte im Spiel darstellt, an dem die Heldin das Zeitliche segnen kann. Wie man es beispielsweise von 'Gabriel Knight: The beast within' kennt, legt das Spiel in diesen beiden Situationen aber einen Autosave an, so dass man sich keine Sorgen um die zuvor erzielten Fortschritte machen muss. In einem Falle muss man eine Stromleitung für einen Aufzug reparieren. Dass man sich vor nicht isolierten Stromquellen in Acht nehmen sollte, weiß man indes ja nicht erst seit der Frisur von Götz Alsmann. Ungleich schwerer geht es in der anderen Situation zu.
Nicole befindet sich in der Wohnung zweier Schwerverbrecher, wird von ihnen überrascht und an einen Stuhl festgebunden. Der Fußboden besteht aus einer Unmenge von quadratischen Kacheln und wir müssen uns einen Weg zum anderen Ende des Raumes bahnen, an dem sich auf einem Tisch etwas befinden könnte, mit dem wir uns befreien können. Klingt in der Theorie nicht sonderlich schwer, das Problem ist nur, dass nicht alle der lädierten Kacheln Nicoles Gewicht aushalten und sie bei einer falschen Kachel mit dem Stuhl umfällt - Worüber sich die Gangster nicht sehr erfreut zeigen. Geschieht dies drei Mal wird unsere Protagonistin erschossen- Wer nicht über hellseherische Fähigkeiten verfügt, wird somit einige Tode sterben bist er oder sie die richtigen siebenundzwanzig Kacheln in Folge angeklickt hat. Etwas Vergleichbares kommt dann im Spiel glücklicherweise nicht mehr vor und es darf sich weiter im Schnelldurchlauf durch das Spiel gerätselt werden. Praktischerweise verlässt Agentin Bonnet nie einen Schauplatz, wenn es nicht noch etwas zu erledigen gibt. So ist die Anzahl an Möglichkeiten, um ein Weiterkommen zu beschleunigen stets gering und kann durch pures Rumprobieren schnell gefunden werden. Rumprobieren ist in manchen Situationen auch der einzige Weg zum Erfolg, denn einige Rätsel lassen sich einfach mit keiner Logik erklären. In einer Szene muss einem Betrunkenen eine benötigte Information entlockt werden. Eine Whiskeyflasche befindet sich praktischerweise bereits in unserem Besitz. Dumm nur, dass unser randvoller Freund eine andere Marke bevorzugt. Doch wie es so geht, haben wir schnell eine abgebrochene Flasche seiner Lieblingssorte gefunden. Die Lösung scheint auf der Hand zu liegen: Unseren Whiskey in die abgebrochene Flasche füllen können wir nicht, also benutzen wir einfach beide Flaschen miteinander, um die Etiketten zu vertauschen. So viel zur Theorie - die Praxis erfordert von uns die abgebrochene Flasche in ein Waschbecken zu legen, den Wasserhahn aufzudrehen, zu warten bis das Etikett sich im Wasser löst und anschließend auf die andere Whiskeyflasche zu kleben. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht. Zumindest muss man sich durch die wenigen benutzbaren Items und durch das Nicht-Verlassen-Können der Locations nicht lange mit solcherlei Dingen herumärgern, aber manches Mal sehnt man sich schon danach, etwas zu tun, für dass es auch einen nachvollziehbaren Grund gibt. Mit der Logik nimmt es 'Die Kunst des Mordens' ohnehin in kaum einem Aspekt besonders genau. Das gilt ebenso für Löcher in der Story, wie für die Rätsel. Zwei andere Beispiele: Man bittet die Sekretärin im F.B.I. Büro um eine Information. Sie sagt, sie wird uns diese per E- Mail zukommen lassen. Nun gehen wir die ca. zwei Meter von ihrem zu unserem Schreibtisch und haben ihre Mail auf dem Schirm - Nicht sehr einleuchtend das Ganze. In einer anderen Situation finden wir an einem Mordschauplatz eine Visitenkarte - Nicoles' Kommentar: "Vielleicht rufe ich ihn morgen an."
Also wenn ich als F.B.I. Agent im Haus eines Mordopfers unweit der Leiche eine Visitenkarte finden würde, dann würde ich dem Inhaber der Karte im Bruchteil von Sekunden ein Einsatzfahrzeug auf den Hals hetzen, aber mit Sicherheit nicht sagen "Vielleicht rufe ich ihn morgen an". Solche Vorgänge trifft man im Spiel zu Haufe an und dennoch schaffen sie es nicht 'Die Geheimakte F.B.I.' zu einem schlechten Spiel zu machen. Ist man bereit, sich von den vielen Vorfällen der Art - so wie den später beschriebenen Bugs - nicht die Laune verderben zu lassen, schafft es die Spielmechanik durchaus zu unterhalten.
Aus Tag wird NachtDie vorgerenderten Hintergründe sehen zu Großteilen sehr gut aus, nur dass mit der Schönheit eine gewisse Form der Leblosigkeit Hand in Hand einhergeht. Aber seien wir ehrlich, es gibt nur wenige Adventures dieses Jahrtausends, denen man diesen Vorwurf nicht machen könnte. Besonders schön ist der Dschungelabschnitt geraten, die strahlend hellen Farben lassen es einem förmlich warm ums Herz werden. Die Figuren sehen auch nicht schlecht aus, wirken aber gelegentlich etwas fehl am Platze. Meistens betrachtet man die Personen aus der Ferne, wirklich nahe kommen tun sie einem nicht, womit es sich die Entwickler von City Interactive gespart haben dürften, mehr Zeit als nötig für die Modellierung der Spielfiguren zu verwenden. Die selten verwendeten Cutscenes sind allesamt hervorragend in Szene gesetzt und wecken die Lust auf mehr.
Sehr positiv fällt auch auf, dass sich im Laufe der 10 Tage, auf die das Spiel verteilt ist, die Tageszeit ändert. Zur Abendzeit sehen wir so bereits bekannte Schauplätze auch mal im Dunkeln und fühlen uns zu dieser Tageszeit auch ungleich bedrohter. "Im Dunkeln" ist ohnehin ein gutes Stichwort. Manche der Räumlichkeiten sind sehr dunkel gehalten und besonders bei Nacht ist es gelegentlich schwer, Dinge zu erkennen. Ändern kann man daran in den Alibi mäßig wirkenden Optionen nichts, so dass in manchen Fällen einfach das Ausschalten aller Lichtquellen die Alternative sein wird.
Der Sound
Im Hauptmenü werden wir mit einer schönen Klaviermelodie verwöhnt, die Musik im Spiel selbst, passt sich oft gut der Stimmung des Ortes an, an dem wir uns gerade befinden. Spektakulär ist die Musikuntermalung vielleicht nicht, aber sie darf als gelungen bezeichnet werden . Generell weiß die Soundkulisse zu überzeugen. So wirkt der Dschungel durch die vielen Umgebungsgeräusche sehr real und steigert die Furcht vorm unbekannten, dass einen da potenziell umgibt. Der Sound weiß also einen guten Beitrag zur ohnehin gelungenen Atmosphäre des Spiels beizusteuern. Die Leistungen der Sprecher sind durch die Bank weg gelungen. Besonders die Sprecherin der Hauptfigur macht einen sehr guten Job und verleiht mit ihrer markanten Stimme Nicole Bonnet ein Profil, dass die Entwickler ihr aufgrund von nicht vorhandener Charakterausarbeitung versäumt haben zu geben.
Wer die meisten Fehler findet, gewinnt…So oder so ähnlich könnten City Interactive es tatsächlich gesehen haben, denn das Spiel bietet eine Menge an Bugs, die zum Teil so offensichtlich sind, dass sich der Hersteller die Frage gefallen lassen muss, was das ganze eigentlich soll. Vieles im Spiel wirkt unfertig und gehetzt, könnte es wohl sein, dass hier jemand um jeden Preis eine Deadline einhalten musste? Kundenfreundlich ist dieser Vorgang jedenfalls nicht. Das positive daran ist nur, dass die Bugs glücklicherweise nicht zu Abstürzen führen oder das Spiel in irgendeiner Form unspielbar machen. Einige Gegenstände, beziehungsweise Hotspots wurden nicht beschriftet. Für noch mehr der gleichen fehlt beim Anklicken der gesprochene (und geschriebene) Kommentar, so dass man manches Mal etwas planlos in der Gegend rumsteht und sich fragt, was es nun mit dem Objekt eigentlich auf sich hat. Auf dem Testrechner blieb gelegentlich auch mal einfach eine Cutscene schwarz, andere Fehler sind auch zu finden, aber eher von harmloserer Natur.
Das Gefühl, dass das Spiel schnell fertig werden musste, lässt sich aber während des ganzen Spiels nicht loswerden. Hierfür ließen sich neben den fehlenden Kommentaren und Beschriftungen noch wesentlich mehr Beispiele finden. Sogar die Readme Datei, das Handbuch und wie bereits erwähnt das Optionsmenü wirken spartanisch in letzter Minute zusammen geschustert. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, schon mal so eine kurze Readme Datei gelesen zu haben und das letzte Spiel mit so wenigen Einstellungsmöglichkeiten dürfte schon etwas her sein. Auch bei der Sprachausgabe merkt man, dass nur sehr wenige Kommentare für nicht erfolgreiche Kombinationen aufgenommen worden sind (so wie generell vergleichsweise wenig Sprachausgabe aufgenommen wurde). Beispiel: Zu einem Zeitpunkt gibt es im F.B.I. Archiv fünf anklickbare Gegenstände. Nicoles Kommentar zu jedem(!) der verschiedenen Gegenstände: "Ich weiß nicht, was ich damit tun sollte." Etwas mehr Aufwand und Liebe zum Detail hätte es also gerne sein können. Eine etwas längere Produktionszeit hätte der 'Kunst des Mordens' definitiv gut getan.
Seicht aber unterhaltsamNach durchschnittlich acht bis zehn Stunden flimmert der Abspann über den Schirm und irgendwie ist man noch nicht mal über das an und für sich überhastete Ende enttäuscht. Ganz einfach aus dem Grunde, dass einem die Stunden davor nicht wirklich suggeriert haben, dass es auf ein episches Finale hinauslaufen würde. Zu oberflächlich und überhastet wirkte das Spiel bis dahin. Informationen über die Hauptcharaktere fehlen fast komplett, Charakterentwicklung findet nicht statt, viele Bestandteile der Story werden oft nur schemenhaft umrissen und dennoch schafft es das Spiel zu unterhalten. Wie ist das möglich? Eine gute Frage – vielleicht liegt es daran, dass das Spiel zwar vieles nicht wirklich optimal, aber vieles zumindest auch nicht schlecht macht. Letzten Endes ist das Spiel wie ein Blockbusterfilm: Wenn man sich mal ein bisschen zurücklehnt und nicht zu viele Gedanken über das Gesehene macht, kann es durchaus unterhaltsam sein – solange man weiß, dass man nicht nur noch Dinge der Art konsumieren muss.
Kein schlechter Einstieg, den City Interactive da mit 'Die Kunst des Mordens' hingelegt haben. Ein Spiel für die Adventure Hall of Fame haben sie zwar nicht grade abgeliefert, aber immerhin etwas, auf dem sich aufbauen lässt. Das Spiel eignet sich besonders gut für Genreneulinge, die mit diesem Spiel schnell Erfolge feiern können. Ebenso angesprochen fühlen dürfen sich alle, die der Meinung sind, Maschinenrätsel haben nichts in Point & Click Adventures zu suchen. In der 'Geheimakte F.B.I.' geht es sehr klassisch zur Sache. Wirklich anspruchsvolle Spieler sollten sich den Kauf allerdings zumindest gut überlegen, da sie kaum gefordert werden und das Spiel wahrscheinlich mit verbundenen Augen durchspielen können. Spieler, die von einem Adventure Tiefgang und Anspruch erwarten, werden diesem Spiel auch nur sehr wenig abgewinnen können. Trotz einiger Kritik kann man gespannt abwarten, was von dieser Firma in Zukunft zu erwarten ist. Nach einem soliden Beginn in Form dieses Spiels sollte beim nächsten Titel aber zumindest eine Steigerung zu erkennen sein.
Mein Tipp: Neben dem Bugfixing solltet ihr euch beim nächsten Spiel auch mal ganz intensiv den inneren Werten widmen - Dann wird es vielleicht sogar etwas mit einem Hit!
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Die Kunst des Mordens: Geheimakte FBI
- Entwickler
- City Interactive
- Publisher
- City Interactive
- Release
- 11. Januar 2008
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.artofmurdergame.com/
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