Fast 20 Jahre sind vergangen, seit ein jugendlicher Abenteurer auf der Insel Melee Island angekommen ist, von dem Wunsch getrieben, Pirat zu werden. Woher dieser Junge eigentlich kam, war egal, fest stand, wohin er ging: In die Scumm-Bar, um von den drei Prüfungen zu hören, die jeder zu bestehen hätte, der Pirat werden wollte. Während dieser drei Prüfungen lernte er die Gouverneurin der Insel kennen und lieben. Doch noch ehe er sich als mächtiger Pirat daran machen konnte, die Governeurin näher kennen zu lernen, wurde diese entführt. Wohl jeder Adventurespieler kennt die Geschichte, die LucasArts, damals noch unter dem Namen Lucasfilm Games im Jahre 1990 in 'The Secret of Monkey Island' erzählte und fast jeder hat mit Guybrush Threepwood versucht, das Geheimnis von Monkey Island zu lüften. Zur Überraschung aller hat LucasArts kürzlich diesen Klassiker wieder ausgegraben, komplett überarbeitet und per Steam neu auf den Markt gebracht. In unserem Test werfen wir einen Blick auf die Neuerungen und verraten, ob sich der Kauf des Spiels auch für Besitzer des Originals von 1990 lohnt.
Mein Name ist Guybrush Threepwood und ich will Pirat werden!
Die Grafik von 'Monkey Island' zählte beim Erscheinen zum Besten, was das Genre zu bieten hatte, auch wenn man das heutzutage angesichts von nur 16 Farben und einer Auflösung unterhalb der eines aktuellen Handy-Displays kaum noch glauben mag. Damit neue Spieler nicht gleich verschreckt werden, bestand hier also großer Handlungsbedarf. LucasArts hat bei der Neugestaltung der Hintergründe aber stets das Original im Blick behalten. Zwar wurden alle Grafiken für eine Auflösung von 1920x1080 Pixel neu gezeichnet.
Die wichtigen Elemente erkennt der Fan aber sofort wieder, auch wenn sie jetzt deutlich bunter und detaillierter daherkommen. Überzeugen darf man sich dabei direkt vor der Scumm-Bar, an deren Pier jetzt einige Schiffe ankern und so die Atmosphäre gut unterstützen. Diese Beobachtung zieht sich durch wirklich alle Hintergründe. Der neue Grafikstil sieht schick und frisch aus, ist aber auch immer wieder eine Verbeugung vor dem Original. Neu hinzugekommen sind Grafikeffekte, wie Wasserbewegungen oder das Hitzeflirren über den Lavaflüssen auf Monkey Island, die für zusätzliche Stimmung sorgen. Ein Streitfall sind die Figuren. Dank der Pixelgrafik von damals konnte sich jeder Spieler im Kopf seinen eigenen Guybrush basteln, fehlende Grafik wurde einfach durch Vorstellungskraft ausgeglichen. Ein Fakt, der schon bei 'Monkey Island 3' für Diskussionsstoff sorgte, lies das Spiel doch dank seiner hervorragenden Comicgrafik erstmals keinen Platz mehr für eigene Interpretationen. So muss sich der Guybrush Threepwood der 'Special Edition' also gegen Abermillionen individueller Brüder durchsetzen. Ein Kampf, den er
nur verlieren kann, denn auch der „neue“ Guybrush lässt keinen Spielraum mehr für eigene Details und nicht nur das – er unterscheidet sich deutlich von seiner Frühform. So wirkt er nicht nur sehr viel jünger, auch seine Frisur unterscheidet sich deutlich vom Original. Diese Veränderung haben alle wichtigen Charaktere durchgemacht. Elaine, Herman Toothroot oder LeChuck lassen sich aber immer noch wieder erkennen. Wenn man auch über das Aussehen streiten kann, muss man doch zugeben, dass auch die Figuren gut gezeichnet wurden, wenn sie auch stark in Richtung Comic gehen, wie spätestens bei den Nahaufnahmen Guybrushs Gesprächspartner deutlich wird. Da diese im Original sehr realistisch gezeichnet waren, wirkt die Neuauflage äußerst ungewohnt.
So schickt die Grafiken auch sind, bei den Animationen hätte sich LucasArts etwas mehr Mühe geben müssen: Gefühlt gibt es nicht mehr Bewegungen als im Original von 1992, so dass die Bewegungen oft etwas abgehakt wirken.
Das ist der zweitbeste Ton, den ich in einem Monkey Island Spiel gehört habe…
Nein, stimmt nicht. Es ist definitiv der beste Ton. Nicht nur, dass LucasArts dem Spiel eine hervorragende (englische) Sprachausgabe spendiert hat, in dem Guybrush selbstverständlich mit der selben Stimme wie in 'Monkey Island 3 & 4' sowie Telltales 'Tales of Monkey Island' spricht, auch die Soundeffekte wurden neu aufgenommen. Das kann speziell im Dschungel dazu führen, dass man die zwitschernden Vögel direkt neben sich vermutet. Dabei kommt die Geräuschkulisse komplett aus den PC-Lautsprechern.
Eine deutsche Sprachausgabe gibt es übrigens nicht, immerhin werden aber deutsche Untertitel mitgeliefert, die sich größtenteils an die von Boris Schneider übersetzte Original-Fassung halten – inklusive „Zahl nie mehr als 50 Mark für ein Computerspiel.“ Auch der Soundtrack wurde neu eingespielt. Bisher galt die Ausgabe des Originals mit CD-Soundtrack als Highlight. Für die Special Edition hat LucasArts den Soundtrack neu geschrieben. Aber nicht, um die Melodie als solches zu verändern, sondern um den Soundtrack mit einem Orchester neu aufnehmen zu können. Und das hat sich gelohnt, denn dieser Soundtrack kann auch klanglich Problemlos mit irgendwelchen Hollywood Blockbustern mithalten.
Du klickst wie ein dummer Bauer.
Ein Nachteil, den die neuen Grafiken mit sich bringen ist, dass am unteren Bildschirmrand kein Platz mehr für das Scumm-Menü ist. Damit sich das Spiel dennoch steuern lässt, hat LucasArts das Verbenmenü wie auch das Inventar als Einblend-Variante eingebaut. Außerdem wurde die Maussteuerung verbessert. Per Linksklick läuft Guybrush wie gewohnt durch die Gegend, ein Rechtsklick führt die naheliegenste Aktion aus, z.B. „Öffne Tür“. Die restliche Steuerung gestaltet sich jedoch etwas unhandlich, zumal neben der Maus auch immer die Tastatur benötigt wird. Denn sowohl Verbenmenü als auch Inventar lassen sich nur per Tastendruck auf den Bildschirm zaubern. Während man die Verben auch per direkten Tastendruck oder per Scrollrad an der Maus durchschalten kann – wobei keine der Möglichkeiten komfortabel ist – ist für das Inventar die Tastatur zwingend notwendig. Spätestens dann, wenn die erste Ansicht gefüllt ist und man eine Zeile weiterschalten will, muss man zu den Cursor-Tasten greifen. Unnötig ärgerlich ist das bei den zeitkritischen Aufgaben, also beispielsweise wenn Guybrush den Grog von der Scumm-Bar zum Gefängnis trägt oder wenn er sich per Kanone Richtung Monkey Island schießen lässt.
Leider ist die Maussteuerung zumindest auf unserem Testrechner auch nicht völlig Problemfrei gewesen: Klicks direkt am Bildschirmrand waren nicht möglich, da der Spiel-Cursor dann zum normalen Windows-Mauszeiger wurde und die Befehle so nicht umgesetzt wurden. Das führte zwar nicht zu weiteren Problemen, doch musste der Spielcursor zunächst wieder "eingefangen" werden, was auf die Dauer doch etwas nervig werden kann.
Trotz der ganzen Neuerungen hat LucasArts nicht am Spiel selbst verändert. Die Laufwege sind teils recht lang, Komfortfunktionen wie eine Hotspot-Anzeige, Doppelklick-Abkürzungen beim Screenwechsel oder die Möglichkeit zu rennen fehlen. Außerdem sind viele der Rätsel doch recht kompliziert – im Vergleich zu einigen aktuellen Spielen. Damit das Spiel dennoch ohne Komplettlösung beendet werden kann, gibt es eine dreistufige Hilfefunktion, die auf Tastendruck zuerst einen Tipp einblendet und schlussendlich die komplette Lösung aufdeckt und dem Spieler per Pfeil sogar die Richtung weist.
Das gehört in ein Museum!
Wem all diese Neuerungen außer dem Soundtrack nicht gefallen, für den hat LucasArts die 1992er Version von 'Monkey Island' ins Spiel integriert. Per Tastendruck kann fast jederzeit im laufenden Spiel zwischen den Versionen hin- und hergeschaltet werden. Auf diese Art kann jeder für sich selbst die Veränderungen im Spiel vergleichen und auch auf aktuellen Systemen einen Blick auf die alte Version werfen. Dann jedoch nur mit englischen Untertiteln, eine Sprachausgabe gibt es nicht. Dafür ist dann aber wieder das bekannte Scumm-System nebst gut zu bedienenden Inventar verfügbar.

Fast 20 Jahre sind vergangen, seit ein jugendlicher Abenteuerspieler fünf Disketten in den heimischen PC schob, um ungeduldig dem Installationsbalken zu folgen und anschließend mithilfe der „Dial-A-Pirate“-Codescheibe zum ersten Mal 'The Secret of Monkey Island' zu starten. Was der Junge eigentlich hätte tun wollen, war egal, fest stand, wohin er die nächsten Tage ging: In den Keller, um mit Guybrush Threepwood den bösen Geisterpiraten LeChuck zu besiegen. Und nach dem ersten Mal folgten unzählige weitere Besuche der Inselwelt tief in der Karibik. Man muss ganz ehrlich zugeben, dass die 'Special Edition' von 'The Secret of Monkey Island' eine würdige Neuauflage eines der besten Adventures überhaupt ist, der man auch die Ehrfurcht des Entwicklerteams vor dem Original anmerken kann. Die Verbesserungen bringen das Spiel auf einen fast aktuellen Stand, ohne dabei das Rätseldesign zu verändern, wie es bei Neuveröffentlichungen auch gern gemacht wird. Damit schafft es LucasArts, ein fast perfektes Spiel noch ein bisschen besser zu machen und verspricht am Ende gar „Guybrush Threepwood will return!“ – wir hoffen darauf. Eines muss man jedoch auch einmal anmerken: Geübte Spieler können das Spiel in weniger als drei Stunden beenden, das Argument, das aktuelle Adventures zu kurz sind und früher wirklich alles besser war, stimmt also nicht. Trotzdem ist 'The Secret of Monkey Island Special Edition' ein absoluter Pflichtkauf für alle, die keine Probleme mit Steam haben oder stolze Besitzer einer 'Xbox 360' sind.
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Monkey Island Special Edition
- Entwickler
- LucasArts Entertainment Company
- Publisher
- LucasArts Entertainment Company
- Release
- 15. Juli 2009
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Monkey Island Special Edition bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
6 Kommentare
Wird hier allen ernstes behauptet, das ursprüngliche Monkey Island hätte nur 16 Farben gehabt? wtf? Das wird ja sogar bereits auf den Screenshots widerlegt.
Von der Fassung mit 16 Farben finden sich sogar Fotos der Spielepackung (hier mal die deutsche Version) bei Mobygames.
https://m.youtube.com/watch?v=86O3PxdLrg8
Zitat vom Video: "The Secret of Monkey Island CGA (Floppy version) emulated on DosBox with Internal Speakers.
To run in CGA, simply write: "/monkey.exe c i""