Ron Gilbert, Dave Grossmann und Tim Schafer legten im Jahr 1990 den Grundstein für die wohl beliebteste Reihe des Adventuregenres. Damals arbeiteten die drei für die Firma Lucasfilm Games, die später in LucasArts umbenannt wurde und schickten den Möchtegernpiraten Guybrush Threepwood auf die Suche nach der Insel Monkey Island.Genau zehn Jahre später erschien mit 'Die Flucht von Monkey Island' nicht nur das letzte Adventure um Guybrush und seine Freunde, sondern auch das letzte Adventure aus dem Hause LucasArts. Jahrelang forderten Fans erfolglos die Fortsetzung der Serie, für LucasArts schien das Genre gestorben, die Entwickler von damals arbeiten schon seit Jahren nicht mehr für die kalifornische Spieleschmiede. Umso überraschender kam daher auch die Meldung vor rund einem Monat, dass LucasArts nicht nur eine Neuauflage des Klassikers von 1990 veröffentlichen wird, sondern dass die Serie nach rund neun Jahren fortgesetzt wird. Verantwortlich für die Umsetzung ist Telltale. Das Studio, in dem sich viele der ehemaligen LucasArts Mitarbeiter zusammengeschlossen haben, machte nicht zuletzt durch die Episodenspiele zur TV-Knetserie 'Wallace & Gromit' und die ebenfalls bei LucasArts in Ungnade gefallenen 'Sam & Max' von sich reden. Nun sind die Episodenspezialisten also für die Rückkehr von Guybrush Threepwood zuständig. Damit das Spiel seinen Vorgängern in Nichts nachsteht, hat man sich die Unterstützung eines großen Teils der damaligen LucasArts-Mannschaft gesichert. Ob die Anstrengungen von Erfolg gekrönt waren und 'Tales of Monkey Island' an die Klassiker heranreicht, steht in unserem Test. Eine Wertung folgt erst im Test zur letzten Episode.

Deep in the Caribbean…
Der schlimmste Alptraum aller Seefahrer ist zurück: Der berüchtigte Geisterpirat LeChuck. Und natürlich hat er in den vergangenen neun Jahren nichts von seiner Boshaftigkeit eingebüßt. Auch seinen Plan, Elaine Marley zu ehelichen, hat er noch immer nicht aufgegeben. Damit das jetzt endlich mal klappt, kapert er kurzerhand das Schiff von Elaine, fesselt diese und steuert die nächste Insel mit Kirche an. Wie schon viermal zuvor hat er die Rechnung aber ohne Elaines Ehemann Guybrush Threepwood gemacht. Der ist dem Untoten und seiner Gefangenen nicht nur ganz dicht auf den Fersen sondern hat sogar schon einen Plan, LeChuck ein für alle Mal loszuwerden. Eine Kombination aus Voodoo-Malzbier und einem Schwert soll dem Geisterpiraten das untote Dasein endgültig beenden. So kommt es dann auch bald zum Showdown auf hoher See und das Spiel könnte eigentlich zu Ende sein. Da aber auch bei Guybrush nichts so läuft, wie geplant, geht der Stress jetzt erst richtig los. Durch einen unglücklichen Zwischenfall wird LeChuck menschlich, ein Teil seines bösen Voodoo springt auf die Hand unseres Helden über und das Schiff fliegt in die Luft. Elaine, Guybrusch und LeChuck werden durch die Explosion in verschiedene Richtungen geschleudert und zumindest Guybrush landet bald auf der seltsamen Insel Floatsome Island. Schnell steht fest, dass weder Elaine noch LeChuck auf dieser Insel gestrandet sind, weswegen er dringend ein Schiff benötigt, um seine Liebe zu finden. Das Problem an der Sache: Es gibt nur ein Schiff auf der ganzen Insel, aber selbst das wird ihm nicht helfen: Auf Floatsome Island spielen die Winde verrückt und wehen immer nur in eine Richtung: Landeinwärts. Unter diesen Bedingungen kommt kein Segelschiff besonders weit. Fast noch schlimmer: Seine rechte Hand macht sich aufgrund des Fluchs selbständig und gehorcht nicht mehr seinem Willen. Um der misslichen Lage zu entkommen, macht sich Guybrush auf, die Insel zu erkunden. Ein Zeitungsreporter hat einen Informanten, der unserem Piraten bei seiner Mission helfen könnte, doch ehe er ihm die Adresse verrät, muss Guybrush für interessante Schlagzeilen sorgen, in dem er eine erfolgreiche Schatzsuche (nach einer Porzellan-Priaten-Actionfigur) bestreitet, eine Bar Schlägerei anzettelt und ein Schiff kapert. Dass er bei der Erkundung der Insel auf allerhand merkwürdige Gestalten und sogar Bekannte trifft, versteht sich von selbst. Zu seinem größten Problem wird aber der örtliche Arzt, Dr. De Singe, der in Guybrush verfluchter Hand die Formel ewigen Lebens vermutet dessen Hobby das Amputieren verschiedenster Gliedmaßen zu sein scheint. Eine ganz üble Kombination…
Du kämpfst wie eine Kuh!
Nein, Schwertkämpfe gibt es in der ersten Episode von 'Tales of Monkey Island' keine. Zumindest kein Beleidigungsfechten. Dafür hat Telltale die firmeneigene Engine um jede Menge Funktionen aufgepeppt, damit die Rätsel eines 'Monkey Island' würdig werden. Das recht geräumige Inventar bietet so erstmals die Möglichkeit, Gegenstände zu kombinieren und zu untersuchen. Von diesen neuen Funktionen wird auch häufig Gebrauch gemacht, so dass die Rätsel um einiges schwerer und umfangreicher werden, als in den bisherigen Episodenspielen des Entwicklers. Dabei bleiben die Aufgaben aber stets fair und die Lösungen logisch. Bei der Schatzsuche geht es beispielsweise in den Dschungel, der 'Monkey Island'-typisch ein Labyrinth ist. Glücklicherweise haben wir eine Karte, die jedoch – ebenso 'Monkey Island'-typisch – keine einfachen Richtungsangaben enthält. Stattdessen finden sich auf dem Weg zum Schatz einige Tierzeichnungen. Wie die Lösung aussieht, werden wir hier freilich nicht verraten, nur so viel: Das Rätsel selbst ist bekannt, die Umsetzung ist neu und interessant gestaltet. Insgesamt warten jedoch drei solcher Rätsel auf uns, wobei Eines auch umgangen werden kann, indem man zuvor den Dschungel erkundet. Generell überrascht 'Tales of Monkey Island: Launch of the Screaming Narwhal' bei den Rätseln, die eher Richtung der Vorgänger tendieren, so dass des Öfteren auch mal um die Ecke gedacht werden darf, weil die Lösung eben nicht auf dem Silberteller präsentiert wird.
Maus: Ja. Point&Click: Nein.
Telltale hat für 'Tales of Monkey Island' nicht nur neue Möglichkeiten der Objektinteraktion in die Engine eingebaut, auch die Steuerung wurde weiterentwickelt. Bei 'Wallace & Gromit' gab es erstmals eine direkte Tastatursteuerung für die Figuren, nur Interaktionen wurden per Maus gesteuert. Geschuldet war diese Änderung zu den vorherigen Titeln der Tatsache, dass die Episoden zeitgleich auf der X-Box erschienen und man sich daher keine Extra-Steuerung leisten wollte. 'Tales of Monkey Island' erscheint für PC und Nintendo 'Wii' und auch hier wollte man eine einheitliche Steuerung für beide Systeme schaffen. Geblieben ist die Tastatursteuerung (die auch per Gamepad bedient werden kann) über Cursortasten oder WASD, die sich zu 'Wallace & Gromit' nur dadurch unterscheidet, dass zumindest unsere Testversion von 'Tales of Monkey Island' keine Taste zum Hervorheben interaktiver Objekte kennt. Zusätzlich gibt es aber auch die Möglichkeit, das Spiel komplett mit der Maus zu bedienen. Um Guybrush über die Insel zu schicken, wird die linke Maustaste gedrückt gehalten und die Maus in die Richtung geschoben, in die er sich bewegen soll. Die rechte Taste lässt Guybrush rennen. Beide Steuerungen funktionieren gut, wenn auch die Maussteuerung recht ungewohnt ist. Übrigens bietet das Spiel wie die Vorgänger eine Inselkarte an, auf der per Maus ein Zielort gewählt werden kann.
Klingt wie Monkey Island, sieht aus wie Monkey Island...
Was die Soundkulisse angeht, fühlt man sich bei 'Tales of Monkey Island' sofort heimisch, was nicht zuletzt daran liegt, dass Telltale mit Michael Land auch den Komponisten des originalen 'Monkey Island' Soundtrack in seinen Reihen hat. Was die Sprecher angeht, dürfte Dominic Armato den Spielern der englischen Ausgaben von 'Monkey Island' 3 und 4 bekannt vorkommen, schließlich lieh er Guybrush auch damals schon seine Stimme.
Auf Kenner der Spiele setzt Telltale auch bei der Grafik, so finden sich im Team auch einige der Zeichner und Animatoren der früheren LucasArts-Spiele. Folglich passt auch der Grafikstil zur Serie, was wieder einmal zeigt, wie wandlungsfähig das Entwicklerteam ist. Dass die Grafik dennoch nicht mit der Pracht eines 'Book of unwritten Tales' mithalten kann, liegt an der für Download-Spiele begrenzten Dateigröße, immerhin lassen sich die Grafiken aber in allen gängigen Auflösungen spielen.
... ist es denn auch Monkey Island?
'Tales of Monkey Island' fühlt sich zumindest zu Beginn wie ein richtiges 'Monkey Island' an. Das erste Kapitel Geschichte fügt sich nahtlos in die abgedreht-schräge Karibikwelt des Guybrush Threepwood ein. Die Charaktere passen sich dem an, bewegen sich jedoch Teilweise auch auf dem Niveau des vierten Teils, in dem auch schon einige Figuren etwas fremd wirkten. Speziell Dr. De Singe, der zum Gegenspieler von Guybrush wird, mag sich nicht so recht in die Welt einfügen. Da jede der fünf Episoden ein Kapitel des Spiels darstellt, lässt sich natürlich nach dem Anfang noch nicht beurteilen, wie gut die gesamte Geschichte ist. Dennoch lässt sich feststellen, dass Telltale auch hier einen großen Schritt in die richtige Richtung zu gehen scheint, denn die knapp fünf Stunden haben bereits gut unterhalten und waren Stellenweise brüllend komisch. Zu erwähnen sei noch, dass Telltale zuerst nur eine englischsprachige Version anbietet, lokalisierte Fassungen (zumindest, was die Untertitel angeht), sollen nachgereicht werden.
Guybrush ist zurück, soviel steht fest. Und mit Telltale scheint auch genau der richtige Entwickler gefunden zu sein. Nicht nur, dass sich bei dem Studio ein Großteil ehemaliger LucasArts-Leute zusammengefunden haben. Telltale hat auch mit 'Wallace & Gromit' oder 'Sam & Max' bewiesen, dass Adventures als Episodenspiele funktionieren und noch wichtiger, dass sie mit großen Lizenzen umgehen können. Bei Episode Nummer Eins von 'Tales of Monkey Island' ist das auf jeden Fall auch gelungen, denn das erste Kapitel des Spiels fühlt sich so an, wie sich ein richtiges 'Monkey Island' anfühlen muss und bietet noch dazu mit rund vier bis fünf Stunden Spielzeit eine ordentliche Länge. Das Spiel greift den Witz der Vorgänger auf, bietet schräge Charaktere und anspruchsvolle und abwechslungsreiche Aufgaben. Wir freuen uns, endlich wieder Guybrush Threepwood durch neue Abenteuer zu steuern und warten gespannt auf die nächsten Teile.
Fazit von Ulrika Tegtmeier:
Ich erinnere mich noch, als sei es gestern gewesen, wie ich mit meinem damals besten Freund im Keller 'Monkey Island' gespielt habe, begeistert, fasziniert und mit einem kindlichen Enthusiasmus von dem ich heute nur noch träumen kann. Unbestreitbar ein Gefühl, dass man niemals wiederbringen kann. Anders, und die Transition mag jetzt ein wenig hölzern klingen, als die Neuaufnahme der Charaktere und Themen des damals lieb gewonnenen Spiels. Wie soll man also ein Adventure wie 'Tales of Monkey Island' vollkommen vorurteilsfrei beurteilen und/oder einfach nur spielen und genießen? Klar fällt es nicht schwer, sich dank der guten Grafik und der exzellenten musikalischen Untermalung wieder auf die Abenteuer von Guybrush Threepwood und LeChuck einzulassen. Aber - und hier muss ganz dringend der kleine Fanboy, bzw. kleine Fangirl geknebelt und gefesselt werden - 'Tales of Monkey Island' hat auch Schwächen, recht deutliche sogar. Wenn ich sage und schreibe Drei Kartenrätsel absolvieren muss und das in einem Episodenspiel, versagt selbst mir der Humor. Wenn dann noch Charaktere wie der Marquis de Singe dazu kommen, die dermaßen überzeichnet sind und in ihrer gekünstelten Jack-Sparrow-esquen Art und Weise einfach nicht ins 'Monkey Island' Universum passen wollen, reguliert sich der Blutdruck automatisch zurück auf ein normales Level. Auch wenn Steuerung und Grafik seit 'Wallace und Gromit' einen großen Schritt vorwärts gemacht haben, und die Dialoge durchaus zum Schmunzeln einladen, hätte ich mir gerade in Punkto Rätseldesign wirklich, wirklich, wirklich mehr Kreativität gewünscht. So wirkt das Ganze nämlich ein bisschen wie ein zu oft aufgegossener Tee, die Essenz ist noch immer delikat, aber fad ist er trotzdem.
Ein Hinweis zur Bewertung:
Da 'Tales of Monkey Island' in Form von fünf Kapiteln/Episoden erscheint, die gemeinsam eine große Story bilden, wird zunächst jede Episode von uns einzeln bewertet. Aufgrund der kurzen Spieldauer der Episoden ist diese Wertung aber nicht direkt mit einem Vollpreisspiel vergleichbar, sondern dient eher dazu den Spielspaß einzuschätzen und in Relation zu späteren Folgen zu bringen.
Eine abschließende Gesamtwertung des gesamten Spiels wird erst nach Veröffentlichung der letzten Episode vergeben, sobald deutlich ist, wie gut sich die einzelnen Teile zu einem Gesamtwerk vereinen.
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Tales of Monkey Island
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- LucasArts Entertainment Company
- Release
- 9. November 2010
- Spielzeit
- 18 Stunden
- Webseite
- http://www.telltalegames.com/monkeyisland
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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