„Guybrush Threepwood. Mighty Pirate... Even I get tired of hearing that!“ Lang ists her, dass unser Lieblingsseeräuber mit der blonden Haartolle zum ersten Mal den Säbel in die Hand nahm. Und viel ist seitdem passiert. Mit Geisterpiraten und Kannibalen, Seeräuberfrisören und fetten Gouverneuren musste sich Guybrush schon herumschlagen, aber bis jetzt ging immer alles glimpflich aus, für den Mann der seinen Atem zehn Minuten lang anhalten kann. Nun droht er selber zum Zombie zu werden während Erzfeind LeChuck mit Elaine turtelt. Telltale Games nahm sich der Weiterführung des wohl berühmtesten aller Adventures an und präsentiert uns seit August in regelmäßigen Abständen mit 'Tales of Monkey Island' das neueste Abenteuer von Guybrush und Co in Episodenform. Mittlerweile geht das ganze schon in die dritte Runde. Dieses mal warten unter anderem Riesenwalrösser, ein Anti-Fluch-Schwamm, gnadenlose Piratenfratzenduelle und sexy Kopfgeldjäger auf Guybrush der währenddessen verzweifelt versucht den Verlust seiner Hand durch einen schicken neuen Haken zu kompensieren. Wird es ihm gelingen auch einhändig Herr der Lage zu bleiben? Und wo bleibt der Spieler bei dem ganzen Chaos? Die Corner ist in die Karibik gesegelt um Antworten auf diese Fragen zu finden. Und eines schon mal vorab: in der Südsee ist immer noch der Teufel los!

Tief in der Karibik...
Nahtlos knüpft die Handlung an das Ende vom zweiten Teil an. Guybrush, Captain Winslow und die Kopfgeldjägerin Morgan LaFlay finden sich im Bauch eines riesigen Walrosses wieder das die drei mitsamt Schiff verschluckt hat. Viel Zeit sich an die neue Umgebung zu gewöhnen hat Guybrush aber nicht, denn der Fluch der ihn und Winslow befallen hat wird schnell stärker. Also schnell Morgan entwaffnen und dann nix wie raus aus dem Walrossbauch. Zweiteres erweist sich aber als relativ knifflig. Und unser Held ist auch beleibe nicht so allein wie man es anlässlich der bizarren Location vermuten würde: neben dem skurrilen Sonderling Coronado deCava, Exfreund der Voodoolady und schon lange selbst auf der Suche nach Esponja Grande, dem saugkräftigen Voodooschwamm, ist auch der gesamte Rest seiner Crew anzutreffen. Guybrush muss unter anderem einige Aufnahmerituale überstehen der Crew beizutreten, dem Walross seine verlorene Innenohrschnecke wiederfinden, von der Voodoolady Besitz ergreifen und sogar ein echtes Hochsee-Kanonenduell überstehen.
Die fremdartigen Elemente aus den ersten beiden Teilen, wie zum Beispiel der reichlich fehl am Platz wirkende Marquis deSinge werden in 'Lair of the Leviathan' weitestgehend fallen gelassen und so konzentriert sich der dritte Teil auf das, was die Serie einmal stark gemacht hat: Piratenhumor, Duelle und eitriges Walrosswundsekret. Die Story ist über weite Teile stimmig und wirklich witzig, wobei Originalität eine große Rolle spielt. Die einzelnen Piraten-Oneliner zünden dabei mal mehr und mal weniger. Bedingungslos lustig wie die ersten drei Spiele aus den 90ern ist 'Tales' auch in der dritten Runde nicht, macht aber insgesamt mehr Spaß als Teil 4 und die ersten beiden Installationen von Telltale. Tatsächlich wirkt der dritte Teil in sich geschlossener, wohl auch deswegen, weil die Sidestories größtenteils negiert werden. Einzig Spieler mit einer Walrossphobie werden sich an der Geschichte stören, denn um den dicken Meeressäuger dreht sich beinahe alles. Von Körperfunktionen bis zu den Paarungsritualen muss Guybrush das Riesenwalross studieren, dazu gehört auch dessen Sprache zu lernen um ihm, ganz nach Art des Cyrano de Bergerac, Hilfestellung beim Flirten zu geben.
Einen nicht unwesentlichen Anteil am höheren Spielspaß des dritten Teiles, haben die Rätsel, die im neuen Teil noch mehr wie gelungene Hommagen an die Klassiker anmuten. Anstatt drei Seemänner(frauen) für seine Crew zu gewinnen, muss Guybrush sie dazu bewegen ihn in ihre Crew aufzunehmen. Anstatt Beleidigungsfechten oder Reimduelle gibt’s in 'Lair of the Leviathan' das Fratzenschneideduell. Das klingt zwar zunächst reichlich albern, macht aber eine Menge Spaß. Als Inspirationsquelle für die Grimassen dienen andere Piraten, Gemälde und sogar Totenschädel. Und zwar nicht nur irgendein Totenschädel, denn der dämonische Murray ist ebenfalls wieder mit von der Partie! Die Rätseldichte und der Schwierigkeitsgrad lassen aber wie in den ersten beiden Teilen ein wenig zu wünschen übrig. So braucht der geübte Spieler kaum mehr als fünf Stunden um am nächsten Cliffhanger anzukommen, bevor man sich wieder in Geduld üben muss bis der nächste Teil erscheint.
Süßwasserpiraten
Obwohl Telltale sich merkbar Mühe gibt, den Flair der 'Monkey Island' ausmacht mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln umzusetzen, so ganz gelingt es ihnen nicht. Vor allem im Walrossbauch mag die saubere, fast schon sterile Grafik überhaupt nicht überzeugen. Und auch die einzelnen Charaktere leiden unter Telltales beschränkter Engine.
Die Animationen sind zwar durchgehend flüssig, aber der saubere Look passt einfach nicht zum dreckigen Piratengenre. Oft kann man nur erahnen, wie eine Figur tatsächlich rüberkommen sollte, im Vergleich zu dem wie sie es tatsächlich tut. Dem verlotterte Moose zum Beispiel, ein entspannter Hippiepirat mit breitem kalifornischen Surferakzent, dessen zweifelhafter Geruch sogar in seiner Akte vermerkt ist, wurden nur ein paar sichtbare Achselhaare spendiert, um sein ungepflegtes Äußeres sichtbar zu machen. Wenn man da im Vergleich an den von Schleim triefenden, schlurfenden und wankenden Zombie-Lechuck aus Teil 2 denkt, dann kommt man nicht umhin die grobkörnige SVGA-Grafik ein wenig zu vermissen. Auch die Mimik kommt im neuen Teil nicht immer gut weg. Auffallend ist, wie viel besser Guybrush’s Gesichtszüge im Vergleich zu denen aller anderen Figuren abschneiden. Im besonderen Morgan LaFlay wirkt in ihrer beschränkten Mimik reichlich retardiert. Insgesamt akzeptiert man die Grafik und kann sich schnell auf die flotte Story und den charmanten Witz von 'Lair of the Leviathan' konzentrieren. Ein wenig Wehmut kommt aber trotzdem auf, wenn man daran denkt, was Lucas Arts mit einem ordentlichen Budget daraus hätte machen können.
Die Musik von Michael Land klang auch schon mal inspirierter, kann aber insgesamt mit einigen upbeat Calypsonummern überzeugen. Auch die Soundeffekte, die sich wie schon die Story rund um das Walross ranken (insbesondere die Walrosssprache ist überaus putzig) sind sehr gelungen.
Es hat wenig Sinn sich lange an den Mankos aufzureiben, die schon in 'Launch of the Screaming Narwal' und 'Siege of the Spinner Cay' negativ auffielen. Die abgespeckte Grafik und der zu leichte Schwierigkeitsgrad sind die größten Probleme, die der ansonsten besten Episode bisher eine Spitzenwertung verwähren. Eine dichtere Story, mehr Kohärenz zu den vorherigen Spielen und bessere Gags sind die Gründe, warum 'Lair of the Leviathan' das bisher beste Telltale-Südseeabenteuer darstellt. Neue Voodootricks wie die Inbesitznahme anderer Körper sind clever und könnten auch in den folgenden zwei Teilen übernommen werden um dem dann im Frühjahr erscheinenden Gesamtpaket eine höhere spielerische Dichte zu bescheren. Insgesamt darf man darauf hoffen, dass Telltale Games sich auch noch in den beiden ausbleibenden Teilen steigert um den Höhepunkt dann im Finale zu setzen. Den Hut kann man aber trotz kleiner Schwächen getrost vor der Spieleschmiede ziehen: sich der Prestigeträchtigen Saga anzunehmen fordert Respekt. 'Monkey Island' mit ein paar Schönheitsfehlern ist immer noch um tausend Seemeilen besser als gar kein 'Monkey Island'. Und wurde schon erwähnt das Murray wieder da ist?
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Tales of Monkey Island
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- LucasArts Entertainment Company
- Release
- 9. November 2010
- Spielzeit
- 18 Stunden
- Webseite
- http://www.telltalegames.com/monkeyisland
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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