Etliche Jahre galt das Adventure-Genre beim einstigen Marktführer LucasArts für vergessen und das Unternehmen setzte fast ausschließlich auf die ebenfalls sehr erfolgreichen Marken rund um das 'Star Wars'-Universum. Es ist wohl auch zu einem nicht geringen Anteil den Episodenspielen von Telltale zu verdanken, dass die einstigen Klassiker wieder mehr Beachtung seitens der Verantwortlichen gefunden haben. So überraschte 2009 die Ankündigung einer Neuauflage von 'The Secret of Monkey Island' in einer Special Edition und mit überarbeiteter Optik. Der Erfolg blieb nicht aus und das Spiel konnte ca. 20 Jahre nach der Erstveröffentlichung erneut Traumwertungen rund um den Globus einheimsen. Seit wenigen Wochen ist nun bereits 'Monkey Island 2', ebenfalls in einer überarbeiteten Special Edition, als Neuauflage zu haben. Ob das Vorhaben, an den gelungenen ersten Teil anzuknüpfen, auch aufgegangen ist, haben wir uns genauer angeschaut.

Nicht wieder diese Geschichte!
Nachdem Guybrush dem üblen Geisterpiraten LeChuck den Garaus gemacht hat, ist er endlich an dem lang ersehnten Ziel angekommen. Guybrush Threepwood ist ein mächtiger Pirat - so jedenfalls seine Meinung. Und die muss er natürlich jedem unter die Nase reiben, der es hören oder nicht hören möchte. Die Geschichte über das Ableben von LeChuck durch seine Hand kommt eigentlich auch schon jedem zu den Ohren raus. Und was ist schon ein Pirat, der nur eine Geschichte auf Lager hat und diese immer und immer wieder erzählt? Also ist es an der Zeit für ein neues Abenteuer und dieses nennt sich Big Whoop. Dabei handelt es sich um den größten Schatz aller Zeiten, den unzählige Piraten schon versucht haben zu finden. Doch niemand weiß eigentlich so recht, wo er denn überhaupt vergraben ist, alles andere wäre für eine Schatzsuche auch ziemlich witzlos. Angeblich sollen aber vier Kartenstücke existieren, die zusammengesetzt die Stelle von Big Whoop verraten. Doch bevor sich Guybrush überhaupt auf die Suche machen kann, sitzt er erst einmal auf Scabb Island fest, denn die ehemals rechte Hand von LeChuck, Largo LaGrande, lässt derzeit nur gegen eine sehr hohe Steuer Schiffe auf der Insel an- und auch ablegen.
Gefällt dir mein neuer Bart nicht?
Beim Gedanken an 'Monkey Island 2' erinnert man sich auch immer wieder gerne an die kultige Pixelgrafik, die trotz ihrer - aus heutiger Sicht - wenigen Farben und niedrigen Auflösung einen ureigenen Charme hatte. Mit der Neuauflage gelingt LucasArts hingegen nun gekonnt der Sprung in die Moderne. Nicht nur wurden sämtliche Hintergründe, Charaktere und Grafiken neu gezeichnet, auch die Auflösung lässt sich auf bis zu 1920x1080 Pixel hochschrauben. Sowohl Breitbild- als auch herkömmliche 4:3-Monitore werden bei der Menge an Einstellungsmöglichkeiten ausreichend versorgt. Dabei hält man sich optisch erstaunlich detailgetreu am Original, denn alle Schauplätze wurden in ihrem Aussehen ausschließlich aufgepeppt, aber nicht verändert - zumindest nicht offensichtlich.
Aufgrund dessen ist es auch jederzeit möglich, per Knopfdruck auf die ursprüngliche Fassung umzuschalten, um vielleicht die Veränderungen zu damals noch deutlicher vor Augen geführt zu bekommen oder um einfach in Erinnerungen und Nostalgie zu schwelgen. Kleinere Unterschiede werden erst bei näherem Hinsehen deutlich, wenn etwa ein Max-Kostüm nun plötzlich Purple aus 'Day of the Tentacle' weichen musste. Auch zusätzliche Bewegungen im Hintergrund, wie Fahnen, die nun im Wind wehen oder zusätzliche Wellenbewegungen vor LeChucks Schloss sind dem Spiel eher zuträglich, als dass sie es in irgendeiner Weise entfremden. Der Respekt, den LucasArts auch heute noch diesem Spiel und seinen Machern entgegenbringt, ist förmlich greifbar. Gerade weil man sich so eng an die Ursprungsfassung gehalten hat, ist es dann irgendwie doch jammerschade, dass das kultige Intro nicht in die Special Edition übernommen wurde. Gleiches gilt für den Abspann, der seinerzeit einige interessante Dinge aufzählte, die man nach dem Ende von 'Monkey Island 2' nun erledigen könnte. Eine Entscheidung, die nicht bei jedem Fan auf entsprechende Gegenliebe stößt.
Stattdessen hat man sich einige Kritikpunkte aus der 'The Secret of Monkey Island: Special Edition' offenbar sehr zu Herzen genommen. Guybrush hat sein knabenhaftes Aussehen nun komplett abgelegt und sich optisch deutlich mehr in Richtung Mann entwickelt. Und auch die restlichen Charaktere dürfen sich noch einmal an einem überarbeiteten und sehr gelungenem Charakterdesign erfreuen. Etwas anders sieht es bei den Charakteranimationen aus, die wie schon in der ersten Special Edition immer noch zu ruckartig und abgehackt wirken. Auf manchen Hintergründen wirkt es auch eher so, als würde Guybrush über den Untergrund schweben, als auf ihm zu laufen. Das ist allerdings nur ein sehr geringer Wermutstropfen, denn trotz der verbesserungswürdigen Animationen hinterlässt die Grafik einen hervorragenden Eindruck und hüllt den Klassiker in ein passendes neues Gewand.
Benutze gefangene Ratte mit Vichyssoise
An die Neuzeit wurde auch die bewährte Point-and-Click-Steuerung angepasst. Anstatt, wie in der Klassik-Version, auf die altbekannten Verben und das Inventar am unteren Bildschirmrand zu setzen, spart man sich den Platz für mehr Darstellungsfläche auf. Die Aktionen, die Guybrush ausführen kann, wandern stattdessen in ein Ringmenü, welches in ähnlicher Form auch schon in 'Vollgas' und 'Monkey Island 3' zum Einsatz kam. Dieses öffnet sich, sobald man auf Objekten, mit denen man interagieren kann, einen Rechtsklick ausführt. Je nachdem, um welches Objekt es sich dabei handelt, steht eine unterschiedlich große Anzahl an Interaktionsmöglichkeiten zur Verfügung, darunter beispielsweise auch das Betrachten oder Benutzen. Dies ist die wohl einfachste Möglichkeit, Guybrush zu irgendwelchen Aktionen zu nötigen, doch beileibe nicht die einzige. Alternativ können die verschiedenen Aktionen auch mit dem Mausrad durchgeschaltet oder per Tastendruck auf der Tastatur aktiviert werden, denn jeder Aktion ist auch eine bestimmte Taste darauf zugewiesen. Für die standardmäßige Handlung reicht gar schon das Drücken der Tabulatortaste und das Berühren eines Objektes mit dem Mauszeiger. Dieser ist zugleich auch noch kleiner geworden und fügt sich durch das neue Aussehen besser in die Umgebung ein, als noch in 'The Secret of Monkey Island: Special Edition'. Um das Inventar zu erreichen, reicht schon ein Klick auf die mittlere Maustaste oder alternativ die Taste "I" auf der Tastatur. Füllt sich das Inventar mit der Zeit zunehmend, und das passiert bei der Menge an Objekten zwangsläufig, so kann mit dem Mausrad oder durch Anklicken entsprechender Richtungspfeile durch dieses navigiert werden. Eine deutliche Verbesserung zur ersten Special Edition.
Hingegen gibt es weiterhin keine Möglichkeit, Guybrush irgendwie schneller durch die Szenen zu bewegen oder den Übergang per Doppelklick abzukürzen. Für die ständigen Reisen zwischen den einzelnen Inseln, die notwendigerweise für die teils äußerst kniffligen Rätsel stattfinden müssen, wäre dies sicherlich ganz hilfreich gewesen. Aber auch hier hält man sich ganz klar an die Designvorgaben des klassischen 'Monkey Island 2'. Stattdessen hat es eine Hotspot-Anzeige in die Neuauflage geschafft, so werden bei gleichzeitigem Drücken der linken und rechten Maustaste alle benutzbaren Objekte in der Umgebung dezent hervorgehoben. Da in der modernisierten Fassung auch nicht mehr zwischen zwei verschiedenen Schwierigkeitsgraden gewählt werden kann, darf stattdessen auf eine dreistufige Hilfefunktion zurückgegriffen werden, die von einem anfänglichen Hinweis bis zur kompletten Entschlüsselung des Rätsels reicht.
Darüber hinaus können mehrere Achievements freigeschaltet werden, die sich meistens schon durch das bloße Durchspielen den Titels ergeben. Nur wenige verlangen etwas mehr Aufwand, wie beispielsweise das Spiel in unter 3 Stunden zu beenden. Zusätzlich werden dazu mit der Zeit immer mehr Artworks verfügbar, unter anderem mit Originalzeichnungen von Steve Purcell, die daraufhin über den Menüpunkt "Bonus-Funktionen" zu erreichen sind und angesehen werden können.
Ich heiße Tim Schafer, ich habe diesen Kerlen Kaffee gebracht
Gelungen ist auch der Soundtrack, der die Original-Musikstücke neu und mit instrumentaler Unterstützung präsentiert. Im Klassik-Modus hingegen ertönen auch weiterhin die MIDI-Klänge der alten Generation, für Nostalgiker sicherlich ein weiterer Grund, immer mal wieder den Wechsel in die Vergangenheit zu wagen. Zusätzlich zur überarbeiteten Musik wurden alle Dialoge des Spiels aufwändig nachvertont. In der komplett englisch gehaltenen Sprachausgabe, die allerdings deutsch untertitelt werden kann (jedoch handelt es sich dabei nicht um die Original-Untertitel aus 'Monkey Island 2'), übernimmt Dominic Armato erneut die Rolle des Guybrush Threepwood, wie er dies auch schon in 'Tales of Monkey Island' oder den englischsprachigen Originalversionen der späteren 'Monkey Island'-Teile tat. Wer die Befürchtung hat, dass durch die neue Sprachausgabe der Witz in den Dialogen verloren gehen könnte, wird sich nach kürzester Zeit eines Besseren belehrt sehen. Die Kommentare von Guybrush scheinen perfekt auf Dominic Armato zugeschnitten zu sein und die verschiedenen Dialogmöglichkeiten werden derart humorvoll vorgetragen, sodass man eigentlich alle Optionen einmal durchhören möchte. Die hohe Qualität trifft auch auf so ziemlich alle anderen Charaktere zu und lässt den Bereich der Synchronisation als nahezu perfekt besetzt erscheinen. Deshalb wiegt die Tatsache, dass Dialogzeilen nicht einzeln, sondern nur der Dialog als Ganzes übersprungen werden kann, auch nur halb so schlimm. Ein Nachteil der Nachsynchronisation zeigt sich eher an anderer Stelle. Oftmals geben die Nebencharaktere irgendwelche Kommentare ab, wenn sich diese in der gleichen Szene wie Guybrush befinden. Bevor Guybrush dann wieder irgendwelche Aktionen durchführen kann, müssen diese vertonten Kommentare erst bis zum Ende abgewartet werden. In einigen Situation kann diese Verzögerung durchaus schon einmal etwas nervig sein.
Ein ganz besonderes Feature sind dagegen die Audiokommentare der 'Monkey Island'-Schöpfer Ron Gilbert, Tim Schafer und Dave Grossman. Immer wieder wird beim Betreten bestimmter Szenen am linken oberen Bildschirmrand die Verfügbarkeit eines solchen Kommentars angezeigt. Durch Drücken der Taste "A" auf der Tastatur rückt das Spielgeschehen in den Hintergrund und die drei kreativen Köpfe geben humorvolle Erinnerungen wieder, die sich in der Regel auf die aktuellen Spielszenen beziehen und verraten, wie diese entstanden sind. Die Anekdoten sind teilweise derart skurril und geben einen herrlich schrägen Eindruck in die damalige Entwicklung von 'Monkey Island 2'. Eine wirklich sehr schöne Idee, die Macher selbst auch noch einmal zu Wort kommen zu lassen.

Die große Frage, die sich bei irgendwelchen Neuauflagen immer stellt: Lohnt sich der Kauf überhaupt? Die klare Antwort darauf? Ja, er lohnt sich. Auch die Special Edition stellt unter Beweis, dass 'Monkey Island' einfach ein zeitloser Klassiker ist, der selbst nach all den Jahren nichts von seinem erstklassigen Humor oder dem einzigartigen Charme verloren hat. Die neuen Grafiken hinterlassen einen fabelhaften Eindruck und könnten eine ganz neue Generation an Spielerschaft für eines der großartigsten Adventures aller Zeiten begeistern. Dazu kommt ein erstklassiger Soundtrack und eine Vertonung, die eigentlich kaum noch Wünsche offen lässt. Für den Preis von gerade nur einmal knapp 10 Euro bekommt man ein Adventure, an das viele andere seiner Art bis heute nicht mehr herankommen. Wer sich bisher an der veralteten Grafik oder sonstigen Dingen der ursprünglichen Version gestört hat, sollte nun unbedingt die Gelegenheit ergreifen, 'Monkey Island 2' auch einmal gespielt zu haben.
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Monkey Island 2 Special Edition: LeChuck's Revenge
- Entwickler
- LucasArts Entertainment Company
- Publisher
- LucasArts Entertainment Company
- Release
- 7. Juli 2010
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.lucasarts.com/games/monkeyisland2/#/home
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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