Seit dem 22. Oktober ist 'Hotel – Rätsel um Schloss Bellevue' des kroatischen Entwicklerteams Cateia Games in Deutschland zu haben. Nach 'The Legend of the Crystal Valley', steht nun mit 'Hotel' das abermals von Publisher dtp vertriebene, neue Point-&-Click-Adventure in den Läden. Alles dreht sich dabei um die junge Polizistin Bridget „Biggi“ Brightstone von der New Yorker Polizei, die es in eine alte Burg verschlägt. Die Burg, die nunmehr als Hotel fungiert, liegt in der Nähe von Saint Georges de Longuepierre in Frankreich. Ob die Location zur Tiefe des Spiels beiträgt und welche Vorfälle Biggi dort untersucht, verrät unser Test ...

Ein New Yorker in Paris
Biggi, die Heldin des Spiels, genießt ihren Urlaub. Sonne, Strand, Meer und ein bequem aussehender Liegestuhl – was will man mehr? Doch mit der Unbeschwertheit ist es schnell vorbei, denn ihr Chef, Sam McCloud, ruft Biggi an und bittet sie, einen Fall in Frankreich zu übernehmen. Frankreich fällt nun nicht gerade in den Zuständigkeitsbereich der New Yorker Polizei, Biggi sagt aber trotzdem zu und bricht ins Land des Weins und Käse auf. In Frankreich angekommen führt ihr Weg sie zu einem abgelegenen Hotel. Schloss Bellevue, so der Name, wird seit einigen Jahren von Mr. Greenleaf und dessen Frau Atia geführt. Hier hat sich ein tragischer Zwischenfall ereignet: Einem Gast wurde eine wertvolle Halskette gestohlen. Das alleine würde noch keinen ungewöhnlichen Fall abgeben, wenn nicht noch die Bestohlene kurz darauf ins Koma gefallen wäre. Biggi nimmt also die Ermittlung auf, was den französischen Inspektor Matisse, der in der gleichen Angelegenheit nachforscht, alles andere als glücklich stimmt. Während Biggi in alles ihre Spürnase steckt, kommt sie schon bald einem düsteren Geheimnis auf die Spur. Außerdem wird sie regelmäßig von Albträumen geplagt. Eins ist sicher: Auf Schloss Bellevue gibt es mehr zu sehen, als man auf den ersten Blick ahnt.
Benutzerfreundliche Bedienung - meistens jedenfalls
Nachdem Biggi am Hotel angekommen ist, beginnt ein Tutorial, das den Spieler in die Steuerung einführt. Alte Hasen haben die Möglichkeit, das Tutorial zu überspringen, Neulinge werden so problemlos an das Spielprinzip herangeführt, was vor allem für Kinder eine gute Idee ist, obwohl die Steuerung nicht sehr kompliziert ist. Die Spielfigur wird ausschließlich mit der Maus bewegt und begibt sich zu der Stelle im Bild, auf die man geklickt hat. Interessante Objekte werden hervorgehoben, indem sich der Cursor in eine Lupe oder eine Hand verwandelt, wenn man mit den Gegenständen interagieren kann. Personen, mit denen man Dialoge führen kann, werden ebenfalls durch ein entsprechendes Symbol gekennzeichnet.
Die Steuerung ist also ganz klassisch und lässt beinahe keine Wünsche übrig. Beinahe? Bei einigen Minispielen wäre doch mehr Genauigkeit angebracht gewesen. Bei einer Aufgabe später im Spiel muss Biggi z. B. farbige Kugeln in einer bestimmten Reihenfolge anordnen und drehen. Das Ganze ist eine Fummelei, weil der Cursor die Kugel nicht sofort erkennt, wenn man mit der Maus darüber fährt. Die Hotspot-Anzeige steht noch auf der grünen Kugel, obwohl man sich längst die violette vorgenommen hat. Als Folge wird natürlich wieder die grüne Kugel bewegt, nicht die violette, die man eigentlich verschieben wollte. Was die Steuerung angeht, ist dies aber bereits das größte Ärgernis.
Im unteren Bildbereich befindet sich die Navigationsleiste, über die man nicht nur das Inventar und das Menü aufrufen kann, sondern auch Zugriff hat auf eine Hotspot- und Hilfe-Funktion wie auch auf die Komplettlösung des Spiels, die in der Collector’s Edition gleich mitgeliefert wird.
Hotel ja, Urlaubsparadies nein
Die Bildschirmauflösung lässt sich variabel einstellen. Von 800 x 600 bis hin zu 1440 x 900 Pixeln ist alles dabei, wobei die Standardeinstellung des Spiels bei 1024 x 768 Pixeln liegt. Man kann auch Shader-Qualität und Anti-Aliasing festlegen. Für jeden PC dürfte folglich etwas dabei sein, wobei als Betriebssystem mindestens Windows XP vorhanden sein muss.
Die Hintergründe kann man als solide bezeichnen. Die einzelnen Locations sind hübsch. Die herrschaftliche Burg, bzw. das nähere Umfeld, sind malerisch anzusehen. Obwohl in Biggis Fallakte extra darauf hingewiesen wird, dass sich das Hotel in der Nähe von Saint Georges de Longuepierre befindet, spielt dies fürs Spiel keine große Rolle, da die ganze Geschichte auf eine kleine Anzahl an Orten beschränkt ist. Leider sind die Hintergründe sehr statisch geraten. Keine Motten umschwirren die Lampen, keine Blätter bewegen sich im Wind. Immerhin gibt es Tag und Nacht und somit unterschiedliche Beleuchtungen. Vor den Hintergründen bewegen sich 3D animierte Figuren, jedoch keine von ihnen flüssig. Wendet Biggi sich z.B. einem Objekt zu, entsteht der Eindruck, als hätte man sie auf einem Teller platziert und würde diesen drehen, da der Körper als Ganzes bewegt wird. Differenzierte Animationen gibt es nur, so lange Biggi geradeaus geht. Das Problem der Lippensynchronität hat Cateia Games gelöst, indem erst gar keine Lippenbewegungen in das Spiel eingebracht wurden. Man hört die Charaktere reden, sieht aber nicht, dass sie dabei auch den Mund bewegen. Zwischendurch wird die Story durch kleine Zwischensequenzen vorangetrieben, die zwar zur Atmosphäre beitragen, aber leider unscharf sind, was schade ist.
Keine Kopfnüsse in Sicht
Die Rätsel in 'Hotel' bestehen hauptsächlich aus Minispielen und Objekten, die man einsammeln muss, um sie kurz darauf mit anderen Objekten zu benutzen. Lange suchen braucht man nicht, da sich die zu manipulierenden Gegenstände in der Regel in der Nähe des aufgenommen Objekts befinden. Mit anderen Worten, der Zufall wird arg überstrapaziert. Will sich Biggi Zutritt zur Burg über das Abwassersystem verschaffen, weil das Haupttor versperrt ist, stellt sie zunächst fest, dass der Tunnel mit einem Gitter versperrt ist. Gefühlte drei Meter weiter rechts liegt natürlich eine rostige Säge herum, mit der sie das Gitter durchsägen kann. Wie schon bei 'The Legend of the Crystal Valley' spricht der Schwierigkeitsgrad besonders Anfänger an. Wer trotzdem mal festhängt, kann einen Blick in die Lösung werfen. Profis dürften unterfordert sein. Durch Drücken auf das Wort „Hinweis“ unten in der Leiste werden Bildausgänge und Gegenstände angezeigt, sodass keine Gefahr besteht, vielleicht etwas zu übersehen. Das Spiel ist zwar im Großen und Ganzen linear, aber nicht so streng, dass dies einem die Spielfreude verderben würde. Es lassen sich Gegenstände aufnehmen, auch, wenn sie erst später im Spiel benötigt werden und einige Rätsel lassen sich sogar lösen, selbst wenn man einen Hinweis zuvor nicht gefunden hat. Bestimmte Orte werden jedoch erst freigeschaltet, nachdem man einen gewissen Dialog geführt oder etwas Wichtiges herausgefunden hat.
Hach, mal so richtig entspannen
Die Musik des Spiels ist sehr gut gelungen und trägt viel zur Stimmung bei, ebenso wie die Sounds, deren Lautstärke man über das Optionsmenü individuell regeln kann. Eine Sprachausgabe ist nicht immer vorhanden, denn wenn Biggi einen Gegenstand betrachtet, lässt sich ihr Kommentar dazu nur am unteren Bildschirm ablesen. Zumindest sind aber sämtliche Dialoge durchgängig vertont. Die Auswahl von Biggis Antworten erfolgt über ein Menü. Themen, die sie bereits angesprochen hat, werden gelb markiert, was das Ganze sehr übersichtlich macht. Rätsel, die man durch Dialoge lösen muss, gibt es nicht. Die Sprecher machen ihre Sache zwar ordentlich, wer aber trotzdem schnell weiterkommen möchte, kann Dialoge auch abbrechen.
Collector’s Edition
Besonders erwähnenswert ist die Collector’s Edition, die dtp zusätzlich zur normalen Spielversion vertreibt. Diese umfasst Biografien zu den Figuren, Wallpapers, Artdesign und Musik. Das entschädigt etwas für die kurze Spieldauer, die bei ca. 5 Stunden liegt.
Was sich nach den Zutaten für eine spannende Mystery-Story anhört, ist in Wirklichkeit weder besonders spannend, noch besonders logisch. Nicht nur der französische Inspektor Matisse wundert sich, warum Biggi einen solchen Fall übernimmt, der in der Tat weit außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegt. Von einem dramaturgischen Standpunkt aus betrachtet ergibt es absolut keinen Sinn, warum die Heldin des Spiels ausgerechnet bei der New Yorker Polizei arbeiten muss. Die von Paris hätte es auch getan. Stattdessen wird eine Story um eine Geheimorganisation gewebt, die ihre Anfänge bei den Rittern der Tafelrunde hat. Auch das hätte ja noch eine brauchbare Geschichte abgegeben, aber das Ganze wird unfreiwillig komisch in diversen Zwischenwelten aufgelöst. Die Bösewichte in der Geschichte sind schnell durchschaut, ungefähr genau so schnell, wie die Zeit, die man benötigt, um eins der Minispiele zu lösen. Generell lässt die Spielzeit zu wünschen übrig. Die Animationen sind steif, die Hintergründe steril, aber wenigstens hübsch anzusehen. Das Beste am Spiel ist die Musik und die Benutzerfreundlichkeit.
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Hotel: Rätsel um Schloss Bellevue
- Entwickler
- Cateia Games
- Publisher
- dtp - digital tainment pool
- Release
- 24. September 2010
- Spielzeit
- 5-6 Stunden
- Webseite
- http://hotel.cateia.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Hotel bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
3 Kommentare
Warum müssen denn ständig Amerikaner die Hauptrolle übernehmen, selbst bei Spielen aus der ganzen Welt? Ich meine, das Spiel findet doch offenbar sowieso in Frankreich statt.
Ich bin nicht direkt anti-amerikanisch eingestellt, aber sowas geht mir echt auf die Nerven. Es wäre doch wohl wesentlich interessanter gewesen, eine kroatische Polizistin zu spielen, oder? (Sofern ihr Einsatz in Frankreich überhaupt wirklich Sinn macht, kann ich nicht beurteilen, wurde ja im Test schon bezweifelt.)
Das Cover-Artwork bzw. das komplette DVD-Inlay sind meiner Meinung nach sehr schön geworden. Respekt an die Grafikabteilung von dtp.