Er war der erfolgreichste Film des Jahres 1985, gewann zahlreiche Preise, machte den Hauptdarsteller vom TV-Star zur Hollywoodikone, bekam zwei Fortsetzungen und wurde so zum ersten Teil einer der beliebtesten Filmtrilogien aller Zeiten. Jeder, der in den 80er und 90er Jahren groß geworden ist kennt ihn. Es geht um den Film 'Zurück in die Zukunft', der uns nicht nur gezeigt hat, was passieren würde wenn wir mit unseren Eltern zu Schule gegangen wären, sondern nebenbei auch noch die coolste Zeitmaschine aller Zeiten auf die Leinwand brachte und die wahren Ursprünge des Skateboardfahrens ergründete. Unter der Regie von Robert Zemeckis entstand damals die Sci-Fi Komödie mit Michael J. Fox. Sie erzählt vom jungen Marty McFly, welcher versehentlich in die Zeit zurück reist und dort beinahe verhindert, dass sich seine Eltern kennenlernen und verlieben und somit seine Existenz aufs Spiel setzt. Bis heute erfreuen sich der Film und seine beiden Fortsetzungen großer Beliebtheit. Es gibt eine dem Film nachempfundene Achterbahn, eine Zeichentrickserie, es gibt sogar eine mobile Festplatte im Zeitmaschinen-DeLorean-Design. Und selbstverständlich dürfen für einen erfolgreichen Film auch die Videospielumsetzungen nicht fehlen. Die bewegen sich aber bis heute, mit Titeln auf Nintendos Klassik-Konsole NES, dem Nachfolger Super Nintendo und dem Rivalen Sega Mega Drive allesamt auf durchschnittlichem bis wahrhaft grottigem Niveau. Umso erfreuter waren die vielen Fans, als die Firma Telltale Games, bekannt durch Episoden-Adventures wie 'Sam and Max' oder 'Tales of Monkey Island' , im Jahr 2010 verkündete mit 'Back to the Future' eine weitere Franchise mit einer 5-Episoden-Staffel auf den Bildschirm unserer Heimcomputer zu bringen. Genug Futter dafür bieten die Filme definitv: Zeitreise, ein verrückter Wissenschaftler, ein sympathischer Held und ein fieser Bösewicht, dazu die Gewissheit, dass mit dem Kultstatus der Filme kein allzu großer Buzz kreiert werden müsste um für Aufmerksamkeit zu sorgen. Jedoch, mit vielen Fans und einer derart erfolgreichen Vorlage wächst auch der Erwartungsdruck gewaltig. Schafft es Telltale Games mit dem ersten Teil von 'Back to Future' abzuliefern, oder fällt das Spiel so flach aus wie die vielen Konsolenvorgänger zuvor? Eine Staffel-Wertung gibt es erst im Test der finalen Episode.

Samstagabend, 1986, der Parkplatz der Twin Pines Mall
Ein Junge und ein verrückt aussehender Wissenschaftler stehen vor einem modifizierten DeLorean DMC-12, der wie ein misslungenes Nasa-Experiment anmutet. Der Wissenschaftler lässt seinen Hund auf dem Fahrersitz Platz nehmen und schließt die Tür. Von jetzt an kontrolliert er den Wagen mit einer Fernsteuerung. Der Junge hält das Ganze auf einer State-of-the-Art JVC Kamera fest. Der Wagen beschleunigt und fährt auf die beiden zu, doch bevor die rostfreie Stahlkarosserie sie zu Brei fährt, verschwindet das Auto plötzlich in einem Lichtblitz und hinterlässt lediglich zwei brennende Radspuren auf dem Asphalt. Grund zur Sorge? Keinesfalls, denn wir kennen die beiden: es sind Marty und Doc, eines der coolsten unterhaltsamsten und ungewöhnlichsten Teams, das jemals durch die Zeit gereist ist. Dem Hund im Auto, Einstein, geht es blendend und in ein paar Sekunden kommt er aus der Zukunft wieder zurück. Doc stößt Marty zur Seite um dem Zeitreiseauto nicht im Weg zu stehen. Und dann... passiert nichts.
Fluxkompensator... fluxuiert
Bis zu diesem Punkt gleicht der Vorspann des Spiels dem Film aufs Haar. Man darf als Spieler sogar sein Filmwissen unter Beweis stellen und Marty während der Eröffnungssequenz die richtigen Worte in den Mund legen, die man als Fan natürlich auswendig weiß. Doch anstatt aus der Zukunft zurück zu kommen, bleibt der Wagen mit Einstein verschwunden. Plötzlich fängt Doc Brown sich an aufzulösen. Irgendetwas ist gewaltig schiefgegangen. Marty wacht in seinem Zimmer auf, aber die Ereignisse waren leider, die Fans ahnen es schon, kein Traum. Der Doc ist seit einiger Zeit verschwunden und Marty muss rüber zum Anwesen fahren um seinen Vater daran zu hindern, die vielen wertvollen Erfindungen und Andenken aus Docs Besitz zum Wohle der Stadt zur Versteigerung frei zu geben.
Dort angekommen übernimmt der Spieler zum ersten Mal die volle Kontrolle über Marty. Telltale-erfahrene Zocker werden sich mit der Steuerung schnell zurecht finden: über die Cursortasten oder per Mausklick steuert man Marty durch die Gegend. Bewegt man die Maus über einen Gegenstand, eine Person oder einen anderen Hotspot, zeigt ein kurzer Text an, wenn Gegenstand oder Person anwählbar sind. Verschiedene Aktionsverben oder -icons gibt es nicht. Marty reagiert intuitiv auf den Mausklick und bewegt, nimmt, oder spricht wie es sich für die individuelle Situation geziemt. Oben rechts finden sich drei verschiedene Icons: eins öffnet das Inventar, ein zweites eine Spielhilfe in Form von allgemeinen, dann immer konkreter werdenden Tipps und das dritte eine Zusammenfassung über die bisherigen Spielgeschehnisse, falls man eine längere Zeit nicht spielt und eine Gedächtnisauffrischung benötigt.
Eigentlich könnte man hier schon Schluss machen, bedarf die Steuerung doch keiner weiteren Erklärung. Wäre da nicht die unschöne Tatsache, dass Marty sich mitunter sehr hakelig durch das Hill Valley der Vergangenheit steuert. Hier ist zum Beispiel ein deutlicher Qualitätsunterschied zu den Episoden-Abenteuern von Guybrush Threepwood fühlbar. Marty läuft oft automatisch nach Kamerawechsel in die falsche Richtung und die Cursortasten sind dann so unglücklich angepasst, dass man Marty meistens eine Sekunde Ruhe gönnen muss. Dann lenken die Tasten auch wieder dahin, wohin man vermutet. Das kann auf die Dauer schon nerven.
Was zum Geier ist hier los?
Das Ziel des Spiels erkennt man relativ früh: Doc sitzt irgendwo in der Vergangenheit fest. Marty muss ihn da raus und zurück in die Gegenwart holen. Der Spieler steuert den jungen McFly und muss ihm helfen verschieden Aufgaben und Rätsel zu lösen, damit er und Doc Brown wieder zurück in die Zukunft, pardon Gegenwart, können. Marty muss dafür mit allerhand kauzigen Gestalten reden, Gegenstände einsammeln, Hinweisen nachgehen und teilweise auch einfach nur machen was der Doc sagt. Das klingt zunächst mal nach ganz einem ganz normalen Adventure-Prozedere.
Leider entpuppt sich das Spiel als viel zu einfach. Selbst Einsteiger haben die erste Folge von 'Back to the Future' in wenigen Stunden durch, denn die Rätsel erfordern größtenteils eindimensionale, platte, in-your-face Lösungsansätze, über die man nicht mal zaghaft ins Grübeln kommt. Nur eine handvoll Gegenstände kommt überhaupt zum Einsatz und die kann Marty nicht einmal miteinander kombinieren. So entstehen leider nur sehr simple Rätsel. Lediglich ein einziger innovativer Ansatz ist gegen Ende des Spiels zu erkennen, wenn Marty unter Zeitdruck die verschlüsselten Anweisungen von Doc nutzen muss, um eine Maschine zu bedienen.
Die Story verspricht dagegen schon wieder mehr. Allzu viel soll hier nicht verraten werden, aber das Potenzial für eine spannende Geschichte ist mit der ersten Episode auf jeden Fall vorhanden.
Gestatten Mar... eh, Eastwood, Clint Eastwood
Die Filmvorlage hat eine riesige Fangemeinde. Die Oneliner und Charaktere aus den Filmen genießen Kultcharakter und sind aus dem Vermächtnis Hollywoods wohl ähnlich schwer wegzudenken wie ein gewisser Peitschen-schwingender Archäologe. Dass Telltale die Filme und ihre Charaktere würdigt tut gut, und lässt im Spiel so manchen Fehler vergessen (und davon gibt es, leider leider, reichlich). Der Spieler trifft auf alte Bekannte wie Biff und George, die sich den Filmen entsprechend benehmen. Gleichzeitig erweitert das Spiel den BTTF-Kanon um neue interessante Charaktere, wie Mrs. Strickland, den jungen Doc Brown und den fiesen Kid Tannen, der wohl Al Capone seine Klamotten abgeknöpft hat. Marty hat es nämlich ins Jahr 1936 verschlagen.
Die Synchronstimmen der englischen Fassung sind großartig. Obwohl nur Christopher Lloyd (schon Adventure-erfahren durch seine Hauptrolle in '[Toonstruck') als Originalsprecher seine Stimme für Doc Browns Charakter herleiht, treffen die meisten anderen Stimmen absolut ins Schwarze. Martys Sprecher ist von Michael J. Fox stimmlich kaum zu unterscheiden. Ähnlich gut wurden George McFly und Biff gecastet. Die deutschen Stimmen sind zwar auch ok, fallen aber im Vergleich zur englischen Fassung merklich ab. Vor allem Martys Stimme wirkt eher ein wenig dümmlich. Doc ist da schon besser getroffen.
Nach dem Lob für die Synchronisation jetzt die Schelte für die vielen Audiofehler. Manche Szene wurde nicht synchronisiert. Die Lippen der Figuren bewegen sich, aber der Sound bleibt aus. Dann darf man sich eigentlich einen neuen falschen Namen aussuchen, den Marty in Hill Valley 1936 benutzt. Aber ganz gleich welchen man nimmt, von den anderen Personen wird man immer Michael Corleone genannt. Uncool. Die deutsche Version schießt aber den Vogel ab. Von vielen gesprochenen Sätzen wird die letzte Silbe oder sogar das letzte Wort abgeschnitten. Das ist ärgerlich und ein Grund mehr, die bessere englische Version vorzuziehen. Aber auch hier muss der deutsche Daddler Abstriche machen. Denn selbst wenn die englische Version geladen wird, bleiben die Untertitel deutsch. Hier muss Telltale gewaltig nachbessern. Immerhin darf man nach dem Kauf des Spiels in deutsch, auch die englischsprachige Version herunterladen und umgekehrt.
Alles in Allem hat Telltale sehr gute Arbeit geleistet, den Vibe der Filme auf das Spiel zu übertragen. Zahlreiche Anspielungen auf die Handlung der Trilogie wurden in der kurzen Episode untergebracht. Das reicht von Martys Tortenblechwurf aus dem Wildwest-Teil bis zur legendären Verstärkerszene. Technische Mängel hinterlassen aber einen bitteren Nachgeschmack.
Du musst dich daran gewöhnen vierdimensional zu denken!
Vierdimensional ist 'Back to the Future' (leider) noch nicht. Aber die Dreidimensionalität reicht auch fürs Erste. Grafisch macht Telltales neue Serie nämlich eine ziemlich gute Figur. Vor allem die Lichteffekte und die kleinen Ingame-Videos können überzeugen. Die Charaktere sind detailliert gezeichnet, und haben die passende Mimik und Gestik der lebenden Vorbilder adaptiert. Die ausladenden Gesten von Doc Brown fallen da besonders ins Auge. Hier haben die Entwickler gut aufgepasst. Auch die Kamerafahrten im Spiel fallen positiv auf. Besonders große Schauplätze wie die Innenstadt von Hill Valley öffnen sich dem Spieler durch die dynamische Kamera um einiges klarer und übersichtlicher, als bei Telltales anderen aktuelleren Episodenabenteuern mit Guybrush oder Hund und Hase, wo die Kamera doch meistens nur mitschwenkte und nicht wie eine Dolly-Kamera mitfährt. Der Hintergrund ist ansehnlich, aber mit Luft nach oben.
Leider gibt es auch hier wieder Abstriche zu verzeichnen. Manchmal springt die Kamera hastig von einer Einstellung in die nächste, sodass sich der Spieler fragen muss, was eben passiert ist. Da und dort verschwindet mal ein Hintergrund oder ein Objekt passt nicht ganz dahin wo es sitzt, steht oder liegt. Im Großen und Ganzen sind die Fehler aber zu verzeihen und stören weder Spielfluss noch Gesamteindruck. Hier kann man einen klaren Trend nach oben erkennen, der schon auf das nächste Telltale-Venture gespannt machen dürfte: 'Jurassic Park'!
Die Musik ist dafür makellos geraten und erinnert oft an den mitreißenden Score des Films von Alan Silvestri. Sie passt hervorragend zum Spielgeschehen und reicht von sentimentalem Klavier bis zum actiongeladenen Großorchester das eine Verfolgungsjagd untermalt. Der Sound ist dafür nicht weiter erwähnenswert. An ein paar Stellen wirken die oft cartoonhaften Geräusche mitunter ein wenig unpassend. Schlimm ist das aber nicht.
'Back to the Future - Episode One: It’s about Time' leidet an einem viel zu großen Fehlerkatalog und an klarer Unterforderung des Spielers. Telltale macht äußerlich vieles richtig und fängt die Stimmung der Filme durch gute Sprecher, eine überdurchschnittliche Grafik, eine hervorragende Kameraführung und mit einer gehörigen Portion Respekt vor der Handlung und den Charakteren der Vorlage gekonnt ein. Dann lässt sie den Spieler aber größtenteils enttäuscht zurück. Und nicht nur die Mechanik im Spiel klappt oft nicht so wie sie sollte. Um das Spiel ohne Internetverbindung zu spielen muss man einen Code bei der Telltale Kundenberatung anfordern. Aber der Screen zur Eingabeaufforderung erscheint nur sporadisch beim Starten des Spiels und selbst dann funktioniert der Code nicht. Das Problem zeigt sich übrigens bei der PC- und der Apple-Version. Die gute Nachricht ist, dass mit den gelungenen Grundkomponenten noch nichts verloren ist. Wenn Telltale die Rätsel im zweiten Teil anzieht und die Fehlerzahl herunterschraubt, dann darf man sich definitv auf die kommenden vier Folgen freuen. Denn Story und Ambiente bewegen sich auf hohem Niveau. Interessierte sollten mit dem Kauf allerdings noch bis zum Erscheinen der zweiten Folge warten. Das Spiel ist auf der Telltale-Website nämlich nur als Gesamtpaket für 24,95 $ zum Download erhältlich. Einzeln kann man die Episoden nicht bezahlen. Bevor man also die Katze im Sack kauft, sollte man lieber schauen ob die Katze auch artig ist und das nächste Mal mehr Rätsel, dafür aber weniger Fehler mitbringt.
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Zurück in die Zukunft - Das Spiel: Back to the Future - The Game
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- Deep Silver
- Release
- 20. April 2012
- Webseite
- http://www.telltalegames.com/bttf
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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