Wohl kein Adventure, das für dieses Jahr angekündigt wurde, dürfte eine solche Erwartungshaltung hervorgerufen haben, wie das neue 'Black Mirror 3'. Während der erste Teil der Reihe noch aus der Schmiede des tschechischen Entwicklers Future Games stammt, zeichnet sich die deutsche Firma Cranberry Productions für den zweiten und nun auch für den dritten Teil verantwortlich. Letzterer knüpft übrigens unmittelbar an seinen Vorgänger an. Wer also über den Gordon-Fluch auf dem neuesten Stand sein möchte, der sollte am Besten gleich am Anfang der Reihe beginnen, sich zumindest aber den zweiten Teil zu Gemüte führen. Um den gibt es eigentlich kein Herumkommen, wenn man wichtige Ereignisse in Teil drei richtig verstehen will. Im nächsten Abschnitt folgt eine kurze Zusammenfassung. Wer die Vorgänger der Trilogie noch nicht kennt und sich nicht den Spaß verderben will, sollte diesen Abschnitt überspringen.

Was bisher geschah
Worum geht es? Wir erinnern uns: Nahe des verschlafenen Nestes Willow Creek steht das alte Schloss Black Mirror Castle, das sich seit über 800 Jahren im Besitz der Familie Gordon befindet. Was zunächst nicht schlecht klingt, hat allerdings einen gewaltigen Haken, denn auf den Gordons lastet ein alter Fluch. Den hat im ersten Teil bereits Samuel Gordon zu spüren bekommen, als er die Todesumstände seines Großvaters näher untersuchen wollte. Im zweiten Teil ist es dann der amerikanische Physikstudent Darren Michaels, nach dem der Fluch seine gierigen Griffel ausstreckt. Doch halt, ist der Fluch nicht an die Familie Gordon gebunden? Mal abgesehen davon, dass auf Black Mirror auch andere Personen ein früher Tod ereilt, hat es mit dem Gordonblut in der Tat eine besondere Bewandtnis. Und damit ist Darren genau der Richtige für den Fluch, denn wie sich herausstellt, ist er ein waschechter Gordon, dessen Name in Wahrheit Adrian ist. Seine leibliche Mutter hat ihn als kleines Kind außer Landes schaffen lassen, um Adrian vom Fluch fernzuhalten.Doch was hat es eigentlich mit diesem Fluch auf sich? Einer von Adrians Vorfahren, Mordred Gordon, hat einst versucht, ein Tor zu einer anderen Welt zu öffnen, wurde dann aber von seinem Bruder Markus daran gehindert und im Zweikampf besiegt. Im Sterben drohte Mordred, dass er zurückkehren werde. Nur ein Ammenmärchen? Oder waren bereits Generationen von Gordons von Mordreds Geist besessen, der nach einem Weg sinnt, seine Drohung in die Tat umzusetzen? Adrian zumindest ist skeptisch, als er der schönen Angelina, in die er sich verguckt hat, nach Willow Creek folgt. Dennoch steht er am Ende des zweiten Teils in einem unterirdischen Ritualraum mit allem Pipapo und tropft sein Blut auf das Ritualbuch, das Mordred wieder in die Welt der Lebenden zurückholen soll. Das tut Adrian natürlich nicht freiwillig, sondern durch eine Verkettung von Umständen, die er Angelina zu verdanken hat. Die wiederum entpuppt sich als seine böse Zwillingsschwester. Um das Fiasko komplett zu machen, wird Black Mirror Castle auch noch das Opfer eines Brandstifters und geht in Flammen auf. Da sind Sitzungen beim Therapeuten doch vorprogrammiert …
Wahn oder Wirklichkeit
Genau an der Stelle setzt der dritte Teil an. Polizei und Feuerwehr haben mittlerweile das brennende Schloss erreicht und versuchen, Herr der Lage zu werden, als Adrian mit einer lodernden Fackel Hilfe suchend auf die Beamten zustürzt. Das mit der Fackel ist nicht die beste Idee, denn prompt hält man ihn für den Brandstifter und Adrian wandert erst mal hinter Gitter. Die nächsten drei Wochen erhält er Kost und Logis auf Staatskosten, bis ein Unbekannter seine Kaution stellt. Kaum wieder auf freiem Fuß will Adrian natürlich seine Unschuld beweisen, da er nicht nur im Verdacht steht, ein Feuerteufel zu sein, sondern auch ein Mörder. Immerhin pflastern Leichen seinen Weg. Vertrauen in den leitenden Ermittler Spooner hat Adrian auch nicht. Und da wären auch noch diese gewalttätigen Visionen, die manchmal über ihn hereinbrechen. Verliert er am Ende den Verstand? Vielleicht gibt es keinen Fluch und die Gordons leiden alle unter einer Erbkrankheit mit Wahnvorstellungen. Oder klopft da wirklich Mordred an die Tür zu seinem Geist? Das herauszufinden ist die Aufgabe des Spielers.
Es gibt viel zu sehen
Um Adrian auf seinem Weg zu helfen, klickt man sich in klassischer Point-&-Click-Manier durchs Spiel. Gegenüber dem zweiten Teil wurde die Steuerung kaum verändert. Der kontextsensitive Cursor hat sich bewährt. Fährt man mit der Maus über ein interessantes Objekt, färbt der Cursor sich rot. Eine kleine Erweiterung am Cursor zeigt die nächste mögliche Aktion an, wie z. B. ein Auge, um einen Gegenstand zu betrachten. Mit der Leertaste kann man sich außerdem sämtliche Hotspots im Bild anzeigen lassen. Diese verlieren übrigens ihre Interaktivität, wenn man alles Relevante über das Objekt herausgefunden hat. Bleibt der Cursor auch dann noch rot, wenn Adrian schon Informationen zu einer Sache geliefert hat, ist der Gegenstand im weiteren Spielverlauf noch wichtig. Durch einen Rechtsklick auf ein Objekt erfährt man häufig Näheres, was vor allen bei Dingen sinnvoll ist, die ins Inventar wandern. Nur so wird z. B. der Rucksack näher untersucht, um zu sehen, was drin ist. Die Sachen mit den zahlreichen Objekten, die von Adrian betrachtet und kommentiert werden können, ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite freut man sich natürlich, weil man dem Spieler offenbar was zu Klicken geben wollte. Auf der anderen Seite gilt es erst mal, unter den zu betrachtenden Sachen das eine Objekt zu finden, was für den weiteren Handlungsverlauf gerade wichtig ist. Und dabei fangen die unnötigen Hotspots nach einer Weile schon an ein wenig zu nerven.
Das Wandern ist des Müllers Lust
Reisen kann man übrigens recht bequem mithilfe einer Wanderkarte, die Adrian aus dem Tante-Emma-Laden abstaubt. Hier genügt ein Druck auf die Taste „M“ auf der Tastatur und anschließend kann man bereits besuchte Orte auf der Karte auswählen, um im Eiltempo dorthin zu eilen. Eine Möglichkeit, dass Adrian in einem normalen Bildausschnitt rennt, gibt es leider nicht. Er kann zwar Wege durch einen Doppelklick überspringen, aber das funktioniert leider nicht immer. Da ist die Wanderkarte schon nicht schlecht. Und wohin führt der Weg unseres Wanderers so? Die Locations sind in erster Linie Orte, die man aus den Vorgängern bereits kennt. Black Mirror selbst spielt natürlich eine bedeutende Rolle, ebenso wie die Kirche und Willow Creek. Dabei hat man sich Mühe gegeben, eine Balance aus den wichtigen alten Schauplätzen und neuen Orten zu schaffen. In Willow Creek gibt es also nach wie vor den Pub, nur dass Adrian ihn nicht betritt. Dafür wurde das Nest aber um den Dorfplatz erweitert, den man im zweiten Teil noch nicht hatte. Und das Schloss sieht nach dem Brand auch anders aus. Die Hintergründe sind hübsch und sehr detailreich. Gegenüber dem zweiten Teil gewinnen sie an Schärfe und verlieren etwas an Farbe. Denn grau und trübe geht es zu. Über Willow Creek hängt eine dichte Wolkendecke, die Adrians Gemütszustand schön widerspiegelt. Dennoch ist die Grafik nicht auf dem neuesten Stand der Dinge. Von Gesichtsanimationen ist kaum was zu sehen. Ja, die Figuren öffnen den Mund, wenn sie sprechen und wenn man genau hinsieht, aber von Emotionen ist kaum was zu erkennen. Dazu „verschwinden“ die Figuren zu sehr vor den Hintergründen. Außerdem sind die Bewegungen doch recht abgehakt. Umso besser, dass das Spiel eine Glanzleistung im Bereich Musik und Vertonung liefert.
Da hört man gerne hin
Erfreulich ist, dass die Hauptfigur wieder von Tim Knauer gesprochen wird, der ihr auch bereits im Vorgänger die Stimme lieh. Und diesmal erscheint Adrian weitaus sympathischer. Während man sich im zweiten Teil doch so manches Mal fragte, warum er seinen Mitmenschen gegenüber ein übertrieben ungehobeltes Verhalten an den Tag legt, wirkt er nun menschlicher, und das trotz der prekären Lage, in der er steckt. An passenden Stellen gibt er immer noch schnodderige Kommentare ab, aber die sorgen nun schon mal für ein breites Schmunzeln. Doch auch alle anderen Sprecher verleihen ihren Rollen Glaubwürdigkeit und Format. Hinzu kommen ein wirklich schöner Soundtrack mit ruhiger, etwas schwermütiger Musik und eine stimmungsvolle Soundkulisse. Da prasselt der Regen, grollt der Donner und zirpen die Grillen, dass es eine reine Freude ist.
Ein geräumiger Rucksack muss sein
Rätseltechnisch ist alles mit dabei, was sich das Herz eines Adventurespielers wünschen kann. Alle nützlichen Gegenstände wandern ins Inventar am unteren Bildschirmrand, durch das man wahlweise scrollen kann, indem man die Maus an den linken, bzw. rechten Rand des Inventars bewegt, oder aber das Mausrad benutzt. Die Bedienung ist also komfortabel und das ist auch gut so, denn das Inventar wird schon mal recht voll. Leider schleppt Adrian auch schon mal Gegenstände mit sich herum, die überhaupt nicht zum Einsatz kommen. Einige Sachen schalten allerdings Extras frei, was durch ein kleines, geöffnetes Vorhängeschloss in der linken, oberen Bildschirmecke angezeigt wird. Natürlich gilt es, Erfindungsreichtum bei der Kombination einzelner Gegenstände zu beweisen. Nicht immer sind die Lösungswege sofort nachzuvollziehen und auf manche Sachen kommt man wohl nur durch Ausprobieren. Genau bei solchen „Hängern“ erweist sich die Akte als nützlich, in die Adrian seine Gedanken zur aktuellen Situation festhält. Auch Minispielen fehlen bei 'Black Mirror 3' nicht. Sei es nun, einen defekten Kopierer wieder zum Laufen zu bekommen und dabei die Kabel richtig anzuschließen oder einen ausgefeilten Mechanismus durch Druck auf die richtigen Knöpfe in Gang zu setzen. Wem das zu viel Grübelei bedeutet, dem steht die Möglichkeit offen, die Minispiele zu überspringen. In einigen Situationen kann Adrian auch eines frühen Todes sterben, doch zum Glück bietet 'Black Mirror 3' eine sehr nützliche Autosave-Funktion, sodass man genau an derselben Stelle wieder ins Spiel einsteigen kann.

Logisch geht es leider nicht immer zu bei 'Black Mirror 3'. Einige Rätselketten wirken arg konstruiert. Adrian will z. B. eine Kühltruhe vereisen, damit sie sich nicht mehr öffnen lässt. Obwohl direkt daneben ein Putzeimer mit Wasser und Lappen zu sehen ist, müssen wir erst zum Pub, um dort dann einen Schwamm für das Putzwasser zu klauen. Der Lappen ist nämlich nur Zierwerk und kann nicht angeklickt werden. Auch an anderen Stellen wirkt des Rätsels Lösung manchmal aufgesetzt. Immerhin hat man versucht, möglichst kreativ zu sein, sodass Langeweile eigentlich nur dann aufkommt, wenn man als Spieler gerade etwas auf dem Schlauch steht. Hier hilft aber oft schon ein Blick ins Tagebuch weiter. Storytechnisch ist leider nicht alles zur Zufriedenheit inszeniert oder gelöst worden. So wird ganz schön dick aufgetragen, wenn sich nun zu einem alten Fluch und dem Geist einer weißen Frau auch noch Höllenhunde gesellen. Da helfen auch die schöne Musik und die wirklich gut gelungene Vertonung nicht viel. Dennoch bietet das Spiel mit an die 15 Stunden Spielzeit eine ordentliche Länge und vermittelt eine schöne, schaurige Atmosphäre. Auch erhält die Geschichte um die Gordons ein zufriedenstellendes und würdiges Ende. Für Fans der Reihe führt deshalb kein Weg um 'Black Mirror 3' herum, aber auch Freunde von düsteren Geschichten werden wohl auf ihre Kosten kommen.
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Black Mirror 3
- Entwickler
- Cranberry Productions
- Publisher
- dtp - digital tainment pool
- Release
- 4. Februar 2011
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award • Adventure des Jahres • Der beste Soundtrack des Jahres • Die beste Geschichte des Jahres • Die beste Grafik des Jahres • Die besten Rätsel des Jahres
- Spielzeit
- 15 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.blackmirror-game.de/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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