'Geheimakte' zählt zu den bekanntesten Adventureserien im deutschsprachigen Raum. Dementsprechend hoch sind die Erwartungen an die Fortsetzung. Schon Teil zwei hatte Probleme diese ganz zu erfüllen, obgleich trotzdem ein ziemlich gutes Adventure daraus wurde. Diesmal geht es um die Träume von Nina Kalenkow, weltweite Nachforschungen von Max und den Erlebnissen mit den Wächtern aus 'Geheimakte: Tunguska'. Im Review verraten wir Euch, ob das grafisch hübsche Adventure an die Qualität der anderen Teile rankommt und sich der Einsatz von Regisseuren und Drehbuchautoren bemerkbar macht.

Vom Brand in Alexandria zur Gegenwart
Das Abenteuer von Animation Arts startet mit einem unbekannten Meisterdieb, der im Jahre 48 vor Christus die Schriftrollen in der berühmten Bibliothek von Alexandria verbrennen soll. Vergleichbar mit 'Assassin's Creed', nur eben mit Point & Click-Steuerung, klettern und schleichen wir uns an ein paar Wachen vorbei und erfüllen unseren Auftrag...oder sagen wir fast. Eine Schriftrolle bleibt nämlich unversehrt. Die inhaltliche Brücke zur Gegenwart wird allerdings noch nicht gleich geschlagen. Dort ist Nina zunächst noch mit ganz anderen Problemen beschäftigt. Die Hochzeit mit Max steht an und die bereitet ihr einige Albträume und Ängste. Eine geträumte Vermählung (bei der wir uns spielerisch betätigen können) endet in diesem Sinne ähnlich wie Alexandria mit feuriger Zerstörung. Doch mit Ninas Erwachen geht unser Abenteuer erst richtig los. Max wird mit dem Vorwurf terroristischer Verbindungen von einer geheimen Organisation festgenommen und das auch noch vor den Augen von Nina. Natürlich gibt sie die Hoffnung nicht so schnell auf und ermittelt in eigener Sache um Max zu befreien. Dabei begibt sie sich auf die Spuren seiner letzten Recherchen und die haben es in sich.
Die Nachforschungen führen Nina zu einer mysteriösen Ausgrabungsstätte in der Türkei, wo sie auf Emre, einen Freund und Kollegen von Max trifft. Mit ihm erforscht sie einen unterirdischen Tempel und findet dort Anzeichen einer hochtechnisierten Kultur, die vor 12.000 Jahren plötzlich verschwand. Doch ihre Forschungen bleiben nicht unbemerkt: Kaum, dass Nina und Emre aus dem Tempel klettern, tauchen schwer bewaffnete Einheiten auf und liefern sich mit den beiden eine spannende Verfolgungsjagd…
Die Zahl Pi
So actionreich geht es natürlich in einem Adventure nicht durchgehend weiter, aber manche spannungsgeladene Einlage, die zumindest vorgaukelt, dass man schnelle Reaktionen haben muss, gibt es immer wieder. Sterben ist aber nicht möglich und man hat immer alle Zeit der Welt. Auf der Jagd nach dem Inhalt der Schriftrolle, der etwas mit der Zahl Pi zu tun hat, dreht sich viel in der um die Träume von Nina. Man muss in diesen Träumen auch immer wieder Rätsel lösen und einiges unternehmen. Dort begegnet man den Wächtern, aber auch einer wichtigen historischen Persönlichkeit aus der Renaissance. Die große Besonderheit an den Träumen: Nina wird von den anderen Charakteren nicht entdeckt und kann sich frei bewegen und Gegenstände manipulieren. Die Träume sind jedoch nicht die einzigen ausgefallenen Locations, man erlebt unter anderem auch einen Autounfall, durchstreift ein Hochsicherheitsgefängnis oder erkundet den Meeresgrund mit einem U-Boot.
Die Story ist wie gewohnt bei Animation Arts stimmig und spannend, man will ständig wissen, wie es weiter geht. Für jene, die gerne etwas Einfluss aufs Ende hätten, gibt es hier auch einen Lichtblick, denn es gibt 4 verschiedene Enden. Einziger Wermutstropfen sind manche Aktionen, die man im Spiel einleitet, aber nicht sieht. Beispielsweise angelt sich Nina einen Gegenstand mit einem Zollstock. Der Gegenstand rutscht wie von Geisterhand zu ihr, den Zollstock sieht man in der Szene jedoch nicht. Ansonsten nutzt Animation Arts häufig Schwarzblenden und deutet Aktionen so nur an, wodurch der Eindruck erweckt wird, dass Zwischensequenzen oder kleinere Animationen gespart wurden.
Welches Symbol darf‘s denn sein?
Durchwegs knackig, klassisch und anspruchsvoll präsentiert sich wieder das Rätseldesign. Eine Ausnahme ist ein Kampf zwischen zwei Kampfrobotern, wo man im Schere/Stein/Papier- Prinzip den Angriff und die Verteidigung wählen muss. Aber auch das ist halb so schlimm, denn Nina repariert ihren Roboter nach jeder Niederlage, während der beim Gegner angerichtete Schaden bleibt. So gewinnt man irgendwann auch diesen Kampf. Überspringen kann man das Rätsel übrigens nicht. Dafür hat man in anderen Rätseln, bei denen es um gutes Timing oder dem Zurechtfinden in einem Labyrinth geht, die Wahl zwischen zwei Schwierigkeitsgraden. Ansonsten gibt es auch wieder die typischen Code-, Bodenplatten- und Kombinationsrätsel, bei denen man oft auch etwas um die Ecke denken muss. Ein Beispiel ist der Traum in Florenz im Mittelalter, wo Nina einen Kaufmann zuerst befreien und dann verfolgen muss. Einziger Gegenstand in Ninas Inventar ist das Handy, über das wir wissen, dass Max alle möglichen nervraubenden Klingeltöne aufgespielt hat. Darauf, dass dieses Handy auch in der Vergangenheit funktioniert und Nina hilft, an einen dringend benötigten Gegenstand zu kommen, wenn man es als Straßenmusikant einsetzt, muss man aber erst mal kommen. Die Rätsellösungen sind insgesamt nachvollziehbar und überwiegend logisch, auch wenn man für die eine oder andere Aufgabe einmal länger braucht oder verschiedene Kombinationen ausprobieren muss. Insgesamt ist die Handlung sehr linear aufgebaut und es geht meist erst dann weiter, wenn man ein bestimmtes Rätsel gelöst hat.
Den Spielspaß trüben die Rätsel aber doch auch manchmal, weil sie oft etwas aufgesetzt wirken. Als Beispiel: Nach einem größeren Tür-Rätsel steht Nina vor einer Konsole und soll ein Kraftwerk abschalten. Will man dies tun, kommt ein etwas banales Schieberätsel, bei dem man sich fragt, wer ein wichtiges Kraftfeld mit so einem Mechanismus schützt.
Altbekanntes
Die Steuerung bei 'Geheimakte 3' ist serientypisch mit Links-/Rechtsklick gewohnt einfach gehalten. Komfortfunktionen wie Hotspot-Anzeige per Leertaste und automatischen Laufen, wenn man weiter entfernte Dinge anklickt, sind auch vorhanden. Auch hier wird über den Cursor angezeigt, ob eine Kombination Sinn macht. Dabei werden jedoch manchmal Kombinationen als möglich dargestellt, die nicht unbedingt sinnvoll sind. Es wandern auch ein paar Gegenstände ins Inventar, die man eigentlich nicht braucht, dies fällt aber nicht negativ auf, denn die Menge der Gegenstände im Inventar ist immer überschaubar.
Etwas spärlich kommt die gut gelungene Hintergrundmusik zum Einsatz. Man vermisst sie jedoch nicht, da die Lücke von Hintergrundgeräuschen gut gefüllt wird. Diese Soundeffekte und vor allem Sprachausgabe geben der Vertonung aber erst richtig den letzten Schliff. Viele bekannte Sprecher sind wieder an Bord, allerdings haben Nina und Max neue Stimmen bekommen. Die passen aber ebenso zum Heldenpaar, wie ihre vorherigen Sprecher. Alle Dialoge sind gewohnt hoher Qualität vertont worden, gelohnt hat sich hier auch der Tausch des Sprechers von Emre, dessen Vorgänger wir in unserer Vorschau noch bemängelt hatten. Die Gespräche laufen hier bis auf wenige Ausnahmen selbst ohne Auswahlmöglichkeiten ab, dank dem hervorragenden Dialogskript und den Sprechern fesseln sie trotzdem.
2,5D vom Feinsten
Die 2D-Grafik fällt auch bei diesem Adventure von Animation Arts positiv auf. Es beginnt mit einem schönen Art-Design, detaillierten Hintergründen, nett anzusehenden Charaktermodellen und schließt mit ordentlichen Animationen ab, die jedoch noch immer die einzige etwas schwächere Stelle der Grafik sind. Leider sind ein paar Orte nicht so gelungen, wie andere. Das Museum in San Francisco sieht zwar hervorragend aus, aber es ist doch etwas unglaubwürdig, dass ein Brand in einem so bekannten Gebäude keine Schaulustigen anzieht. Die einzigen Personen sind ein(!) Polizist in einem Streifenwagen, Nina und ein Kioskverkäufer. Anscheinend sind die Amerikaner nicht so schaulustig, wie man sie in Filmen darstellt oder wie es in anderen Nationen üblich ist. Auch etwas unpoliert wirkt die Welt unter Wasser. Einerseits recht grobe Texturen, die vielleicht durch den Blick durch das Wasser gewollt sind, andererseits wirkt das U-Boot etwas grob dargestellt und animiert.
Ein Highlight ist auch das Hauptmenü, das einerseits über ein kleines Quiz geringfügig angepasst wird und auch nicht das typische Menü mit ein paar Zeilen Text und einem Hintergrund ist, sondern bereits wie eine Szene im Spiel wirkt. Schöner Einfall!
Mit 'Geheimakte 3' liefert Animation Arts einen würdigen Teil der Serie ab. Er kommt ähnlich wie der zweite Teil nicht ganz an 'Geheimakte: Tunguska' heran, hat aber auch kaum größere Schwächen. Die spannende Story mit schönen und oft auch bekannten Schauplätzen sowie die erstklassige Sprachausgabe fesseln den Spieler und lassen die Zeit im Flug vergehen...wären dann doch nicht wieder etwas schräge Rätsel wo man sich fragt, wie man da denn jetzt ohne durchprobieren dahinter kommen soll oder wie die da jetzt in die Umgebung passen. Alles in allem jedoch ein empfehlenswertes Adventure mit netter Story und 6-8 Stunden guter Unterhaltung.
Fazit von Tobias Maack:
Animation Arts hat sich für die Entwicklung von 'Geheimakte 3' Drehbuchautoren und Regisseure ins Boot geholt. Ziel war es, den Charakteren mehr Tiefe zu verleihen, die Story interessanter zu gestalten und die Rätsel nicht mehr so aufgesetzt wirken zu lassen. In weiten Teilen hat sich das auch gelohnt. Die Dialoge sind interessant - obwohl sie überwiegend ohne Interaktion ablaufen. Mit Ninas Träumen dürfen wir die Hintergrundgeschichte auch selbst erspielen, was eine spannende Idee ist. Hin und wieder driften Story und Charaktere dann aber doch in die Unglaubwürdigkeit ab, beispielsweise bei der angesprochenen Szene vor dem Museum. Auch hat sich hier und da ein Rätsel ins Spiel geschlichen, das schon recht aufgesetzt wirkt. Dennoch hat sich die Zusammenarbeit mit den Autoren von NEOS Film gelohnt, denn viele der Kritikpunkte seines Vorgängers stellt 'Geheimakte 3' wirklich ab, die Charaktere wirken sehr viel Glaubwürdiger, die Geschichte ist besser strukturiert. 'Geheimakte 3' erreicht zwar nicht das sehr gute 'Lost Horizon'. Es bietet aber spannende, gut erzählte Unterhaltung. Abenteurer, die mysteriöse Geschichten vor dem Hintergrund historischer Begebenheiten mögen, sollten sich das Spiel einmal näher ansehen, für Fans der Serie ist es ohnehin ein Pflichtkauf.
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Geheimakte 3
- Entwickler
- Animation Arts
- Publisher
- Deep Silver
- Release
- 31. August 2012
- Spielzeit
- 6 - 8 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://secretfiles.deepsilver.com/geheimakte3.html
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Geheimakte 3 bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
4 Kommentare
auf. Ein gutes Adventure lebt von einer guten Story. Dass man im 3. Teil versucht hat, diese wieder mit den Wächtern zu verbinden,
war vielleicht logisch, aber meines Erachtens ein großer Fehler, da die Umsetzung katastrophal ist.
Außerdem sind die Interaktionsmöglichkeiten an den jeweiligen Orten einfach zu gering. Eine Szene nach 2-3 Minuten schon wieder zu
verlassen, somit die schön gestalteten Hintergründe nicht wirklich wahrzunehmen, lässt wenig bis keine Atmosphäre aufkommen.
Die Rätsel an sich sind in meinen Augen gelungen, nur an der Anzahl dieser hapert es. Dass viele die Leichtigkeit dieser bemängeln,
kann ich zwar nachvollziehen, aber solange sie logisch sind, mein Gehirn etwas beansprucht wird und ich nicht in irgendwelchen
Lösungen nach der Antwort suchen muss, sind sie kein wirkliches Manko.
Alles in allem: Kurzes Vergnügen, dass nicht lange im Gedächtnis bleibt. Einen Nachfolger würde ich trotzdem kaufen, da mir diese Art
der Adventures (halbwegs realistisches Setting - kein Comicstil) besonders gefallen und ich einem Aussterben unbedingt vorbeugen
möchte, zumindest soweit ich kann.