Fans von Amanita Design ('Machinarium', 'Botanicula') ist 'Unmechanical' möglicherweise bereits ein Begriff. Das hierzulande durch Crimson Cow vertriebene skandinavische 2.5D-Adventure ist in vielerlei Hinsicht ähnlich geraten. Zur Einstimmung zunächst ein kurzer Anschnitt zur Story: Ein kleines fliegendes Geschöpf irrt im tiefen Untergrund umher und sucht einen Weg zurück an die Oberfläche. Wir von Adventure Corner haben natürlich ein Herz für putzige virtuelle Wesen und uns endlich zur Rettung aufgemacht...

Alleine im Untergrund
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Da freut sich unser protagonistisches Wesen noch im Kollektiv |
Keine Frage, die Story von 'Unmechanical' mag etwas banal klingen: Ein kleines Wesen, das ohne Eigenverschulden zufällig in den tief verzweigten Untergrund gesogen wird und einfach nur zurück an die Oberfläche zur trauten Sippe will. Ein Ziel, wofür es in weiterer Folge zahlreiche Maschinen zu verstehen gilt. Allerdings entpuppt sich der wenig narrative Plot des ehemaligen Studentenprojekts, trotz Schlichtheit, bald als geeigneter Rahmen für eine kreative und ungemein atmosphärische Welt. Unsere Hauptfigur ist diesmal ein hilflos wirkendes, rundes Wesen mit riesiger Stirn, kleinen Äuglein und Propeller am Kopf, der wiederum gut 95% des Körpers ausmacht. Der Beschützer-Instinkt ist da schnell geweckt – insbesondere wenn es lustige Geräusch macht, sobald der Spieler sich zwischenzeitlich als richtig mieser Pilot erweist. Diese Figur scheint noch dazu ähnlich ratlos zu sein, wie der Spieler selbst, der sich in der fremden Umgebung erst orientieren muss. Auch das erleichtert die Identifikation.
Wie funktioniert diese Welt?
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Wo zum Henker sind wir denn hier geraten? |
Gemeinsam fliegen wir also durch das unterirdische Labyrinth. Je tiefer wir gelangen, desto mehr rätselhafte Technologie offenbart sich uns. Hier hat eine Spezies unzählige Maschinen errichten lassen. Was es mit den Erbauern auf sich hat, warum sie ausgerechnet im von der Außenwelt abgegrenzten Untergrund wohnen und welchen höheren Zweck diese Gerätschaften ursprünglich hatten... derartige Fragen werden nicht näher erörtert. Ebenso mögen wir nur spekulieren, was es mit unserer Spielfigur auf sich hat. Ist sie so etwas wie ein Nachfahre des Menschen, sozusagen als ein Produkt rückwärts gerichteter Evolution? Interpretationen lassen die Entwickler von Talawa Games und Teotl Studios aber bewusst offen und auf jegliche verbale Kommunikation wird wohl auch deshalb bewusst verzichtet. Tatsächlich nimmt 'Unmechanical' viel von seiner Kraft aus eben dieser interpretativen Freiheit.
Spiel-Philosophie à la Amanita Design
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Eines von vielen Toren... |
'Unmechanical' ist etwa im ähnlichen Maße als Adventure zu verstehen, wie man es heute den kreativen Werken von Amanita Design zugesteht. Da wie dort spielt Story eine untergeordnete Rolle und da wie dort wird vorrangig auf Atmosphäre, sowie Rätsel der Marke Versuch und Irrtum gesetzt, die wiederum die Fremde dieser Welt sinnvoll unterstreichen. Der wunderschöne visuelle Stil erinnert übrigens vom Start weg an 'Machinarium' und selbst die manchmal erscheinenden nonverbalen Gedankenblasen der Hauptfigur, schlagen in genau diese Kerbe. Ideal gestützt wird die Optik zudem durch richtig stimmungsvolle Musik und nicht minder gelungene Effekte. Es wäre jedoch verfehlt, 'Unmechanical' als reines Kinderspiel abzutun - sowohl Kinder, als auch Erwachsene werden als Zielgruppe angepeilt.
Saugfreudige Rätsel
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Rätsel gelöst und weiter gehts! |
Die sehr linear gestalteten Rätsel sind meist physikalischer Natur, aber nicht immer. Unsere fliegende Hauptfigur verfügt nur über rudimentäre Überbleibsel von Händen und Füssen, die offenbar nicht mehr funktional sind. Stattdessen kann sie Objekte ansaugen und sie auf diese Weise tragen und mit der Umgebung benutzen. Alternativ hilft manchmal natürlich auch anstupsen mit dem Kopf, beispielsweise bei Knöpfen. Ähnlich wie 'Botanicula' braucht es hin und wieder auch Geschick, auf Action-Einlagen und tödliche Gefahren wird hingegen durchwegs verzichtet. Diesmal haben wir es aber nicht mit einer Point-and-Click-Steuerung zu tun. Ähnlich einem Sidescroller steuern wir die Hauptfigur direkt via Tastatur oder Gamepad. Da die Steuerung simpel gehalten ist - nur die Richtungs- und eine Taste zum Ansaugen von Objekten werden genutzt -, gehen beide Varianten sehr gut und unkompliziert von der Hand.
Aufbauender Schwierigkeitsgrad
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Und jetzt ab ins Rohr! |
'Unmechanical' beginnt zunächst leicht und gewinnt dann zusehends an Komplexität. Erst lernen wir wesentliche Prinzipien dieser fremden Welt, die dann dichter miteinander verwoben werden. Wenigstens bis zum Mittelteil bewegt sich der Schwierigkeitsgrad auf einem stetig steigenden Level, wenngleich nur wenige Aufgaben richtig lange beanspruchen können. Vor allem der Charme dieser Welt trägt sehr dazu bei, dass es bis zum Ende hin durchwegs interessant bleibt. Im letzten Drittel verabsäumt es das Spiel dann allerdings, einen Gang zuzulegen und lässt echte Hürden vermissen – vielleicht auch deshalb, weil diese Umgebung nun längst nicht mehr so fremd scheint und es kaum neue Elemente gibt. Schade ist noch dazu, dass die Entdeckungsreise mit rund drei bis fünf Stunden eher kurz geraten ist.
Kaum Spielereien abseits des Hauptgeschehens
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Derartige Barrieren verhindern, dass wir Gegenstände von anderen Schauplätzen mitbringen |
Was sich bewegen lässt, ist in der Regel für den Spielerfolg wichtig. Das ist zugleich insofern ein Kritikpunkt, als diese Art der Konstruiertheit dem Abenteuer ein wenig seiner Natürlichkeit beraubt und manchmal Lösungen suggeriert. Außerdem fühlt man sich kaum zu zweckfreie Spielereien eingeladen. Dabei wäre gerade diese Welt prädestiniert dafür. In letzter Effektivität dienen Objekte, Hebel, Knöpfe jedenfalls primär dazu, Türen zu öffnen, die uns näher dem Ausgang bringen sollen. Dazu gilt es das Prinzip von Maschinen zu begreifen, oder diese zu sabotieren, sofern wir sie nicht zu unseren Gunsten nutzen können. Bei einigen Geräten sind Töne zu reproduzieren oder Lichtquellen umzuleiten. Die Konsequenz einer Handlung ist nicht immer eindeutig antizipierbar, doch mit Intuition und Nachdenken klappt es für gewöhnlich sehr gut. Manchmal ist zudem Timing und Geschick gefragt.
Wer Entdeckungsreisen, Atmosphäre und Rätsel im Stil von Amanita Design schätzt, kann mit 'Unmechanical' sehr viel Freude haben. Handlung ist zwar auch hier zur Nebensache degradiert, doch das Spielerlebnis ist für sich genommen stimmungsvoll umgesetzt und kann das schlanke Storytelling kompensieren. Schade ist bloß, dass das Vergnügen schon nach drei bis fünf Stunden vorüber ist und der Schwierigkeitsgrad gerade im letzten Drittel nicht ganz das Niveau halten kann. Dennoch ein schönes, empfehlenswertes Spiel!
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Unmechanical
- Entwickler
- Teotl Studios
- Publisher
- Crimson Cow
- Release
- 17. Oktober 2012
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://unmechanical.net/
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