Larry Laffer – wer kennt ihn nicht? Zumindest Ende der 1980er bis Mitte der 1990er Jahre dürfte wohl jeder PC-Spieler von dem bekannten Möchtegern-Playboy gehört haben, wenn er nicht sogar zusammen mit Larry in eines seiner unzähligen Abenteuer aufgebrochen ist. In den Jahren 2004 und 2009 folgten dann mit 'Magna Cum Laude' und 'Box Office Bust' zwei Spiele, die ohne Larry-Vater Al Lowe aber auch nahezu ohne den namensgebenden Hauptcharakter entstanden. Während 'Magna Cum Laude' noch einigermaßen erträglich war, bereitete 'Box Office Bust' beim Spielen schon physische Schmerzen. Mit dieser letzten Enttäuschung schien der Name Larry Laffer endgültig aus den Spieleregalen zu verschwinden – Bis Ende 2011 durch das Entwicklerstudio Replay Games eine HD-Version des allerersten Larry-Abenteuers angekündigt wurde. Rund ein Jahr später wurde via Kickstarter das Geld für das Remake eingesammelt und nun ist es soweit: Der weiße Polyesteranzug ist frisch gebügelt, die Halbglatze ordentlich gekämmt und das Atemspray aufgefüllt – Larry Laffer ist zurück! Wir sind mit ihm durch das Städtchen Lost Wages gezogen und haben dabei so manche Frauenbekanntschaft gemacht. Wie erfolgreich wir dabei waren und ob uns der Ausflug Spaß gemacht hat, verraten wir in unserem Test.

Welcome to Fabulous Lost Wages: Da sind wir wieder!
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Lefty's Bar war der Startpunkt für so manche durchzechte Nacht in Lost Wages |
Irgendwie hat es sich nicht verändert. Oder doch? Wie schon damals, irgendwann Ende der 1980er, steht Larry vor Lefty’s Bar und wartet auf meine Befehle. Während ich Larry damals mittels Text-Kommandos wie „Order Whiskey“ oder „Talk to Girl“ bis hin zur Aufforderung, den Koitus durchzuführen („Fuck“), durch sein Abenteuer geleitete, steht mir nun eine Maussteuerung zur Verfügung. Damals war mir das Spielen freilich nur mit einer Komplettlösung möglich – für die Befehle oder Textausgaben genügten weder meine Englisch-Kenntnisse, noch die meiner Freunde. Wie gut, dass jemand die wichtigsten Informationen in einer deutschsprachigen Komplettlösung zusammengefasst hatte – Und dabei auch gleich den Ausweg aus der Altersprüfung mitlieferte. So konnten wir auch ohne Sprachkenntnisse in Larrys erotische Abenteuer starten. Und daran hat sich nun wirklich nichts verändert. Damals wie heute wartet eine 40-jährige männliche Jungfrau darauf, dass ich ihm bei seinen ersten sexuellen Erfahrungen helfe. Dass die in vielen erfolglosen Versuchen und noch mehr Fettnäpfchen enden, liegt augenscheinlich an Larry. Selbst in den rückblickend für ihre Mode nicht sonderlich gelobten 80ern, war der von Larry getragene weiße Polyester-Anzug out wie heutzutage Pornobalken und Brusthaartoupets . Das ist aber nichts gegen Larrys Anmachsprüche. Oder der Tatsache, dass er den meisten anderen Menschen nur bis zur Hüfte reicht. Larry aber ist das egal. Er will endlich eine Frau und stürzt sich mit übertriebenen Selbstbewusstsein und einer recht leeren Geldbörse ins Nachtleben von Lost Wages. Wird er hier, zwischen all dem Schmutz und den anderen heruntergekommenen Nachtschwärmern tatsächlich seine große Liebe finden?
Ken schickt mich!
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An der Geschichte hat sich nicht viel geändert. Dafür gibt es neue Klosprüche... |
An der Geschichte des Klassikers, der lose auf dem Textadventure 'Softporn' basierte und der 1991 in einer VGA-Version mit Maussteuerung erneut auf den Markt kam, hat sich nicht viel geändert. Immerhin darf Larry eine neue Frau kennenlernen (und natürlich kläglich bei ihr versagen). Trotzdem bleibt die eigentliche Geschichte eher belanglos: Es geht um Larry und seine erfolglosen Versuche bei den Frauen. Nicht mehr und nicht weniger. Eine gewisse Charaktertiefe erlangte Larry erst in seinen späteren Abenteuern.
Wie wenig die eigentliche Geschichte zu bieten hat, merkt man schon allein daran, dass man sich problemlos innerhalb weniger Stunden durch das Spiel rätseln kann – Dann allerdings verpasst man einen Großteil dessen, was diese neue Fassung ausmacht: Den Sprecher, der Larrys Versuche und Aktionen kommentiert und dessen Witz dabei von süffisant über anzüglich bis platt geht. Wie in Daedalics Meisterwerk 'Edna bricht aus' kann man auch hier alle möglichen und unmöglichen Dinge anstellen und bekommt jedes Mal einen passenden Kommentar serviert. Stets im Fadenkreuz des Spottes steht dabei natürlich Larry selbst. Daneben finden sich aber auch viele gelungene Anspielungen auf das Leben der 80er Jahre.
Politisch Inkorrekt
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Ob Larry bei ihr landen kann? |
Wer allerdings politisch korrekte Witze und eine Geschichte ohne Vorurteile und Schubladendenken erwartet, ist hier absolut falsch. Weder respektiert Larry das andere Geschlecht, noch kommen Homosexuelle oder gewisse Glaubensrichtungen gut weg. In diesem Fall gibt es sogar gravierende Änderungen zwischen der englischen Sprachausgabe und den deutschen Untertiteln. Anspielungen auf das Judentum oder den Propheten Mohammed wurden auf Evangelen oder Katholiken umgemünzt. So kommt es zum Teil zu gravierenden Unterschieden zwischen dem gesprochenen Text und dem, was man zu lesen bekommt. Nach Informationen der GameStar sind diese Änderungen gar ohne Wissen des Publishers UIG oder des Entwicklers ReplayGames durchgeführt worden. Man hatte dem Übersetzer bei heiklen Passagen entsprechend freie Hand gelassen, wie dieser selbst berichtete. Zugegeben: Viele der Texte aus dem Spiel lassen sich nur schwerlich ins Deutsche übertragen. Dass man aber auch so simple Sachen wie „Yes“ und „No“ mit „An“ und „Aus“ übersetzt, verwundert den Spieler dann aber schon.
Bei den Grafiken hingegen hält sich das Remake ans Original und ist entsprechend klischeehaft: Der Zuhälter ist dunkelhäutig, der Besitzer des 24/7-Ladens stammt aus Fernost und die Prostituierte hat einen starken osteuropäischen Dialekt. Wer sich an diesen bewussten Überzeichnungen stört, lässt das Spiel besser nicht auf seine Festplatte.
Fawn, eine von Larrys Bekanntschaften, hat sich im Laufe der Jahre ziemlich verändert. Links das EGA-Original von 1987, in der Mitte die VGA-Version von 1991 und rechts Fawn aus dem Jahr 2013.
Black Jack und Taxifahrer
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Gehört einfach dazu: Der Black Jack-Automat |
Zu einem echten 'Larry Laffer'-Abenteuer gehört auch zwangsweise das Glücksspiel. Und zu einer Spielermetropole wie Lost Wages erst recht. So kommt Larry auch nicht ohne Black Jack an dem einarmigen Banditen durch das Spiel. Der Grund ist ganz einfach: Larry hat nicht genug Geld im Portemonnaie und muss seine knappe Barschaft aufbessern. Also füttert Larry einen der entsprechenden Automaten und spielt so lange, bis er das benötigte Geld beisammen hat. Dabei kann er natürlich auch all sein Geld verlieren. Das ist aber nicht das Ende des Spiels: Larry bekommt in diesen Fällen eine milde Spende in Höhe von zehn Dollar. Damit kann er zwar noch immer nicht viel anfangen, aber immerhin wieder den Automaten füttern. Wer sich elendig lange Versuche aber sparen möchte, spielt einfach wie im Original: Nach jedem gewonnenen Spiel wird gespeichert und immer mit Höchsteinsatz gepokert. So kommt Larry schnell an ein kleines Vermögen, jedoch leidet die Spielzeit darunter. Das Geld benötigt Larry zwingend, um von A nach B zu kommen, denn das geht in Lost Wages größtenteils nur per Taxi. Macht er sich zu Fuß auf den Weg, muss er zwangsläufig durch dunkle Gassen laufen – Etwas, das man in Lost Wages besser nicht machen sollte, wenn einem das eigene Leben lieb ist. Aber auch der Tod ist kein Problem, denn Larry wird nun „wiedergeboren“ und kann den Fehler erneut machen (oder auch nicht, wenn man beim Ableben dem hilfreichen Kommentar gelauscht hat).
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Kleiner Gag am Rande: Ein Suchspiel |
Die Rätsel selbst sollten für erfahrene Abenteurer keine große Herausforderung darstellen. Die bestehen eher darin, die wenigen Gegenstände überhaupt zu finden oder nachzuvollziehen, warum man nun durch eine bestimmte Aktion ausgerechnet eben diesen besonderen Gegenstand bekommen hat. Beim Rätseln und Erkunden von Lost Wages muss man übrigens auf den Komfort moderner Adventure-Steuerungen und –Hilfsfunktionen wie z.B. eine Hotspot-Anzeige verzichten. Dennoch geht die Steuerung nach kurzer Eingewöhnungszeit recht gut von der Hand. Das Spiel bietet den vom VGA-Remake bekannten Tätigkeitsumfang von Sprechen, Lecken, Ausziehen bis zu Nehmen. Die Auswahl wird über Symbole am oberen Bildrand gesteuert. Außerdem können die Aktionen auch per Mausrad durchgeschaltet werden, was zumindest den Weg an den oberen Bildrand vermeidet. Alternativ hält man die linke Maustaste gedrückt und bekommt ein Symbolrad angezeigt, vergleichbar mit der Münze aus 'Monkey Island 3', aber deutlich umfangreicher.
Hakelig entpuppt sich allerdings die Inventar-Steuerung. Jeder gefundene Gegenstand wandert wie im VGA-Remake oder anderen Sierra-Adventures aus der Zeit in einen Koffer, den man zuerst öffnen muss. Danach kann man wieder mit Hilfe einiger Symbole die Gegenstände betrachten, kombinieren oder auswählen. Nach der Auswahl muss der Koffer geschlossen werden, ehe der Gegenstand im Spielbildschirm eingesetzt werden kann. Andere aktuelle Titel haben das weitaus besser gelöst.
Eine tolle Idee sind die im Spiel versteckten Easter-Eggs. Während einige der Kickstarter-Unterstützer abhängig von der Summe mit ihrem Konterfei im Spiel verewigt wurden (sogar der Hund eines Spenders hat es in das Spiel geschafft), findet sich sogar eine Liste mit den Namen aller 14.081 Geldgeber – die ist allerdings genauso gut versteckt, wie die nackten Tatsachen, die Larry am Ende des Spiels vielleicht doch noch zu sehen bekommt – zumindest dann, wenn man das Spiel nicht auf einem 'iOS'-Gerät spielt, denn Apple war diese eine Grafik zu „heiß“ und die Entwickler mussten das Easter Egg aus dem Spiel nehmen.
(Statische) Comicpracht vom Feinsten
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Sehenswert: Larry auf der Tanzfläche |
Was man schon anhand der Screenshots auf dieser Seite sehen kann: 'Leisure Suit Larry Reloaded' sieht wirklich klasse aus. Die neuen HD-Grafiken fangen den Charme des Originals und des VGA-Remakes gut ein und präsentieren sich zeitgemäß. Das schließt natürlich auch die mal mehr, mal weniger hübsch anzusehenden Damen mit ein. Leider verliert das Spiel durch seine Animationen viel von diesem Eindruck, denn hier hat man ganz offensichtlich gespart. Lediglich wenige Ausnahmen, wie Larrys Tanzeinlage in einer Disco, sind wirklich schön anzusehen. Weitere Spezialanimationen sowie etwas mehr Sorgfalt speziell beim Helden hätten das Spielerlebnis durchaus deutlich aufgewertet.
Das Spiel kann übrigens in allen gängigen Auflösungen von 640x480 bis 1920x1080 gespielt werden – die HD-Breitbild-Auflösungen sind dabei zu bevorzugen, da ansonsten Teile des Bildes einfach abgeschnitten werden und man so eventuell den einen oder anderen spaßigen Kommentar verpasst.
Noch besser als die (statischen) Grafiken ist allerdings der Soundtrack. Die jazzigen Klänge, seinerzeit komponiert von 'Larry'-Schöpfer und Musiklehrer Al Lowe persönlich, wurden vom Grammy-Nominierten Austin Wintory überarbeitet und von einer Jazz-Band (mit Al Lowe am Saxophon) neu eingespielt. Ebenfalls sehr hörenswert sind die Sprecher, allen voran der Kommentator. Aber auch die übrigen Charaktere sind gut besetzt und treffen immer den passenden Ton. Allerdings – wie schon berichtet – nur auf Englisch.
Update angekündigt
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Nicht nur Larry hat seinen Spaß... |
Kurz nach der Veröffentlichung hat Replay Games bereits ein Update angekündigt, mit dem ein großer Wunsch der Spielergemeinde erfüllt werden soll: Das Punktesystem kommt zurück. Im ursprünglichen 'Leisure Suit Larry in the Land of the Lounge Lizards' (so der komplette Titel von 'Larry 1') gab es für jede erfolgreiche Aktion Punkte. Insgesamt konnten so 222 Punkte erzielt werden, wenn man wirklich alles ausprobiert hatte. Ein vergleichbares System soll nun auch für 'Leisure Suit Larry Reloaded' eingeführt werden und den Spielern so zeigen, wie viel vom Spiel man eventuell verpasst hat. Außerdem wird eine Sprachauswahl eingebaut. Bislang nutzt das Spiel die Einstellung des Betriebssystems.
Darf man an einem Remake wie 'Leisure Suit Larry Reloaded' dieselben Wertungskriterien auferlegen, wie sie für aktuelle Spiele gelten würden? Sicher, wenn man erst jetzt mit Larry in Kontakt kommt. In diesem Fall darf man ein spaßiges, politisch inkorrektes und sexistisches Spiel erwarten, dessem Augenmerk auf dem Humor liegt und weniger auf der Story oder den Rätseln. Dazu kommt ein toller jazziger Soundtrack und schicke Grafik, allerdings mit deutlichen Abstrichen bei den Animationen. Wer Larry noch nicht kennt oder den Einstieg in die Serie aufgrund der Texteingaben oder der veralteten Grafik bisher nicht gespielt hat und wissen möchte, wie sich Grafikadventures in ihrer Anfangszeit anfühlten, sollte sich den Titel einmal ansehen. Für die Wertung mit Kriterien für aktuelle Titel (also ohne die Nostalgiebrille) dürft Ihr bitte 10 Nostalgiepunkte abziehen.
Auf keinen Fall darf man dieselben Wertungsrichtlinien, wie sie für aktuelle Spiele gelten würden, an 'Leisure Suit Larry Reloaded' anlegen, wenn man das Spiel als ein Remake betrachtet. Dann nämlich freut man sich einfach darüber, dass man auch das erste Adventure von Larry Laffer in wirklich schicker Grafik erleben darf, mit einem tollen Soundtrack und Sprachausgabe. Dass die Steuerung nicht so komfortabel ist – geschenkt. Besser als die Texteingaben und die Steuerung des VGA-Remakes ist sie dennoch. Und eigentlich geht es bei dem Spiel doch auch nicht darum, eine lange Geschichte zu spielen, sondern um den liebenswerten Looser Larry und seine Versuche, bei den Frauen zu landen. Wer also gern noch einmal in alten Erinnerungen an Lost Wages schwelgen möchte, dabei aber nicht auf EGA oder VGA-Klötzchen schauen möchte, kommt an diesem Remake nicht vorbei.
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Leisure Suit Larry Reloaded
- Entwickler
- Replay Games
- Publisher
- UIG Entertainment
- Release
- 27. Juni 2013
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- https://www.replaygamesinc.com/index/get-game?gameId=13
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