Fast ein Jahr nach Erscheinen der ersten Episode erscheint das große Finale von Phoenix Onlines Mystery-Crime-Adventure 'Cognition'. Für FBI-Agentin Erica Reed war es bislang ein blutiger Höllenritt zum Showdown mit dem Cain-Killer. Dieser wahnsinnige Geselle hat nicht nur ihren Bruder auf dem Gewissen, sondern längst ein neues Opfer im Visier. Reichen ihre paranormalen kognitiven Fähigkeiten diesmal aus, um Schlimmes zu verhindern? Siegt ihr Streben nach Rache schließlich doch noch über die Vernunft? Und welche Rolle spielen Cordelia und Rose am Ende dieser langen Reise? Fragen über Fragen. Wie uns die Auflösung gefallen hat, nun, das erfahrt Ihr jetzt. Welche Abschnitte des Reviews Spoiler enthalten, geht übrigens aus den Überschriften hervor. Die Wertung bezieht sich auf die komplette Staffel.

Wie alles begann...
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Über Rose und ihre Vergangenheit erfahren wir diesmal deutlich mehr... |
Die vorletzte Episode 'The Oracle' sorgte für eine dramaturgische 180-Grad-Drehung und endete mit einem großen Knall. Die Tragweite der Ereignisse wurde manchen Spielern vermutlich erst nach dem Abspann bewusst und bot Stoff für einige Spekulationen. Denn wenn die Dinge so gelaufen sind, wie es den Anschein hatte, dann drängt sich die Frage nach den Beweggründen ganz vehement auf: Warum Erica und ihr verstorbener Bruder Scott damals so tief in die Angelegenheit verstrickt waren. Die Antworten finden sich kurz vor und nach seiner Ermordung, weshalb wir zu Beginn der finalen Episode einen Zeitsprung zurück machen, genauer gesagt zu jener regnerischen Nacht vor drei Jahren. Schon damals war die junge aufbrausende Agentin hinter dem Cain-Killer her. Zudem werden die mysteriösen Umstände rund um das lange Verschwinden des Serienmörders geklärt. Sind diese Details geklärt, müssen wir uns nur noch ein paar letzten Rätseln des Psychopathen stellen, um dann endlich Kurs auf die finalen Konfrontation zu nehmen...
Keine Episode ohne Neuerung
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Rechts im unteren Bildrand sehen wir die Beziehungsanzeige. |
Bislang kam jede Episode des thrillerhaften Adventures mit einem neuen spielerischen Element: Ob nun Ericas diverse kognitive Fähigkeiten, im Hinblick auf ihren Blick in die Vergangenheit, oder ihr Blick in die Zukunft. Auch diesmal gibt es Neuerungen, aber sie gehen in eine andere Richtung. Ähnlich wie Telltales 'The Walking Dead' rücken Entscheidungen plötzlich in den Vordergrund. Abhängig davon, in welche Richtung sich eine zwischenmenschliche Beziehung entwickelt, ändert sich der Lauf der Geschichte minimal. Dem vertrauten Interface leistet deshalb eine Beziehungsanzeige Gesellschaft, die im Hinblick auf jede Person Feedback dazu gibt, wie positiv oder negativ das Verhältnis zueinander ist. Diese Anzeige ist abhängig von den gewählten Gesprächsoptionen und kann leicht abweichende Ereignisse triggern. Im Kern bleibt die Geschichte dieselbe, doch das Verhalten kann sogar für das Überleben mancher Charaktere entscheidend sein. In den bisherigen Episoden, war die Erweiterung des spielerischen Repertoires stets plausibel in die Geschichte eingebettet. Beispielsweise hat Erica durch die Hilfe von Rose neue Talente dazugelernt. Die aktuelle Ergänzung wiederum macht zwar Spaß, sie wirkt allerdings eher wie eine spontane Laune der Entwickler und will nicht ganz zum Charakter der vorherigen Teile passen.
Gameplay und Rätsel
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Im Zentrum dieses Raumes wartet das wohl interessanteste Rätsel. |
Das Interface wurde diesmal ein wenig abgespeckt. Zuletzt war es phasenweise ein wenig unübersichtlich, vor allem angesichts einiger auswählbarer Fähigkeiten und Erinnerungen. Nun fällt die manuelle Auswahl von Fähigkeiten praktisch weg und wird vom Spiel vorgegeben. Ansonsten ist die Steuerung aber wie gewohnt. Während das Gameplay in den knapp drei Stunden Spielzeit vergleichsweise mehr Abwechslung bietet, fehlt es den Rätseln des Point-and-Click-Adventures sowohl an Quantität, also auch an Herausforderung. Oft reicht zufälliges Probieren aus, wie zum Beispiel wenn es um die Auffrischung von Roses Erinnerungen geht. Abgesehen davon macht es dennoch wieder viel Spaß, die diversen paranormalen kognitiven Fähigkeiten in der virtuellen Praxis anzuwenden, obwohl unsere FBI-Agentin keine neuen Talente dazugelernt hat. Dieser Aspekt hat immer schon den besonderen Reiz von 'Cognition' ausgemacht und prägt nicht umsonst den Namen. Davon hätte es im Schlussteil jedenfalls ruhig noch mehr geben können, vor allem mit mehr Herausforderung.
Die Kunst zu Sterben
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Hier hemmt die spielerische Umsetzung |
Die Phoenix Online Studios drängt es deutlich mehr zu Action und Sterbeszenen, als man es von 'Cognition' gewohnt ist. Mindestens in vier Situationen kann Erica Reed das Zeitliche segnen. Immerhin halten sich die Konsequenzen eines Todes aber in Grenzen, da einem unendlich viele neuerliche Versuche gewährt werden. Gegen die Möglichkeit zu Sterben ist nichts einzuwenden, doch in der vorliegenden Form geht es oft zu leicht und basiert eher auf Zufall, als auf Logik. Beispielsweise liefert sich die FBI-Agentin eine Prügelei, bei der es darum geht, zwecks Schlag auf ein Körperteil der Wahl zu klicken. Fast jede falsche Entscheidung wird dabei mit dem Tod bestraft. In einer anderen Situation ist Timing essentiell wichtig, was allerdings steuerungstechnisch problematisch ist. Eine Schwäche bei 'Cognition' ist, dass man im Spiel hin und wieder nicht reagieren kann, wenn eine Figur eine Bemerkung loslässt. Solange es nicht auf rechtzeitige Reaktion ankommt, ist das leicht verschmerzbar. Aber gesetzt dem Fall, es kommt in einer tödlichen Situation auf jede Sekunde an, dann muss man schnell reagieren können. Zum Beispiel: Wenn nun jeder Druck auf den falschen Hebel eine längere Bewegungsunfähigkeit bedeutet, bloß weil erst irgendeine ohnehin schon gehörte Erklärung kommt, nun, dann ist das dem Spielspaß eher abträglich!
Technische Umsetzung
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Der Stil der Zwischensequenzen hat sich verändert |
Auf visueller Ebene hat sich der Stil der Zwischensequenzen deutlich verändert und an Ausdrucksstärke eingebüßt. Die Bilder sehen immer noch nett aus, vermitteln jedoch längst nicht mehr so eine eindrucksvolle, emotionale Stimmung. Zuletzt waren diese Sequenzen stets ein Plus der Reihe und konnten über manche Abstriche hinsichtlich der Ingame-Grafik hinwegtrösten. Im letzten Teil will das nicht recht gelingen. Immerhin gibt es im Spiel einige vorwiegend neue Orte zu erkunden und im visuellen Bereich ist ansonsten alles wie gehabt. Die stimmungsvolle musikalische Auswahl ist wiederum prima gelungen. Wenngleich einige von Austin Haynes Stücken schon bekannt sind, wird sein facettenreicher Soundtrack nicht schnell langweilig. Auf akustischer Ebene leisten die englischen Sprecher ansonsten recht solide Arbeit, doch mit Ausnahme von Raleigh Holmes fällt kaum jemand durch bessere Schauspielkunst auf! Für die meisten Rollen reicht es zwar, aber gerade im Hinblick auf eine tragende Figur rächt sich das gravierend im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit der Auflösung dieser Geschichte. Mehr dazu im nächsten Abschnitt. Wer sich Spoiler jedoch sparen möchte, sollte gleich zum Fazit springen.
Ein gelungenes Ende ist nicht leicht... // Achtung SPOILER
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Was da wohl geflüstert wird? |
Ein wesentlicher Knackpunkt des letzten Teils der 'Cognition'-Reihe liegt aber woanders begraben! Im Storytelling kann es passieren, dass die narrative Ausgangslage zwar faszinierend ist, es letztlich aber an einem ansatzweise ebenbürtigen Finale scheitert. Damit hat auch dieses Finale zu kämpfen! Die dramatische Wende in 'The Oracle' stellt die Handlung auf eine schwere Probe, wobei Cordelia das Hauptproblem ist. Obgleich die Geschichte sich bemüht zeigt, etwaige Unklarheiten zu beseitigen, will es einfach nicht gelingen, ihrer Rolle all die Grausamkeiten abzukaufen. Es ist zudem abwegig, dass sie sich in den drei Jahren nicht anders an Erica wendet, zumal sie eine besondere kognitive Verbindung zu ihr hat. Damit steht und fällt das Ende. Cordelias Rolle wäre am ehesten dann glaubwürdig, wenn der ihre Handlungen treibende Wahnsinn auch auf der Ebene ihrer Sprecherin vermittelt werden würde. Hier wird sie jedoch zu normal interpretiert und selbst die visuelle Ebene streicht diesen Teil ihrer Persönlichkeit zu selten heraus. Auch deshalb wirkt 'The Cain Killer' an den Haaren herbeigezogen und überkonstruiert.
Phoenix Online Studios probieren mit 'The Cain Killer' einiges aus und verpassen dem Gameplay mehr Abwechslung, was zugleich aber sehr auf Kosten der Rätsel geht. Mehr Entscheidungsfreiheit ist grundsätzlich eine sehr positive Sache, doch diesen Aspekt erst so spät im Verlauf des Episodenspiels ins Rampenlicht zu rücken ist inkonsequent. Zudem will es den Autoren aus meiner Sicht nicht gelingen, die gewagte Auflösung plausibel zu vermitteln. Ausgerechnet einer zentralen Sprecherin mangelt es dazu an Glaubwürdigkeit und einige technische Abstriche trüben das Urteil. Wer sich hingegen mit den gebotenen Erklärungen arrangieren kann, dürfte dennoch recht gute Unterhaltung finden. Interessante Ansätze hat das Finale der Mystery-Reihe in jedem Fall.
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Cognition: An Erica Reed Thriller
- Entwickler
- Phoenix Online Studios
- Publisher
- Phoenix Online Publishing
- Release
- 19. September 2013
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.postudios.com/cognition/
- Art
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Crowdfunding
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- Stichwörter
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