Das große Finale. Nicht nur das der Weltmeisterschaft steht bevor, sondern ‘The Wolf Among Us’ hat sein verdientes Finale diese Woche bekommen. Ist es ein Zufall oder soll die fünfte Episode ähnlich hoch erwartet werden wie das Ergebnis des Fußball-Finales? Werden alle Fragen geklärt? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit einer Fortsetzung? Und dabei dürfen wir nicht die Auflösung um den Crooked Man vergessen. Für uns Spieler steht aber vor allem eine Frage im Zentrum: Ist das Finale der Serie würdig? Lest weiter. Die Wertung bezieht sich übrigens auf die komplette Staffel.

Konfrontation
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Manche Entscheidungen haben einschneidende Konsequenzen |
Nach dem Rückblick finden wir uns wieder im Anwesen des Crooked Man und stehen vor großen Entscheidungen. Ganz nach dem Schema guter Wolf – böser Wolf. Reden wir mit ihm, oder gibt es nichts zu verhandeln? Aber gleichzeitig riskieren wir, dass uns einer seiner Schergen eine Silberkugel in die Brust jagt. Das wäre der Tod. Etwas Zeitdruck, kurze stakkatoartige Denkpausen. Fehlen nur noch Schweißperlen auf der Stirn. Alles hängt von diesem Gespräch ab. Stehen wir für Gerechtigkeit, oder für Willkür?
Bereits die ersten Minuten der fünften Episode ‘Cry Wolf‘ zeigen uns, um welche Art von Entscheidungen es hier geht. Fast alle sind schwerwiegend und überdurchschnittlich viele Entscheidungen polarisieren die Spielerschaft ungemein, oft eben eine 50-50 Entscheidung, denn beides klingt vernünftig. Oder eben auch nicht, denn Lynch-Justiz bzw. willkürliche, impulsive Entscheidungen von oben sind ebenso möglich wie Entscheidungen starr nach Gesetz bzw. Gerechtigkeitssinn. Gleichzeitig herrscht aber auch eine Hinterfragung der Obrigkeit. Einerseits ob Snow White gerecht entscheidet, andererseits inwiefern man selbst bzw. Bigby Wolf geeignet ist für den Vollstrecker-Job?
Somit herrscht im Spiel nicht nur die Konfrontation mit dem Crooked Man, sondern eben auch mit sich selbst bzw. dem Gerechtigkeitssystem.
Tempo
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Verfolgungsjagd nach Wolfs Art |
Trotz nachdenklichem Thema geizt die fünfte Episode aber nicht an Geschwindigkeit. Zumindest in den ersten eineinhalb Stunden peitscht es uns von einer Action-Sequenz zur anderen, von der vorigen schnellen Hüftschuss-Entscheidung zur nächsten. Bei all dem Tempo kein Wunder, dass man erst nach dem Spiel wirklich alles Revue passieren lassen kann und dann erst merkt, was eigentlich alles passiert ist oder es zumindest glaubt zu wissen.
Klar ist, dass man so viel Tempo von dem Finale erwartet. Auch die aufgelösten Fragen wurden erwartet. Man kann sich relativ frei das Ende aussuchen und zum Nachdenken wird man auch noch angeregt. Darüber hinaus gibt es noch eine offene Frage zum Schluss, die eine Fortsetzung nicht ausschließt. Was will man als Spieler mehr? Um ehrlich zu sein, nicht viel. Aber ganz zufriedenstellend ist das angekündigte große Finale dann doch nicht. Jene, die auch die Graphic Novels kennen, vermissen sicherlich die Wichtigkeit von Snow White. Während sie in Episode eins und zwei die Hauptperson neben Bigby ist, verkümmert sie während der Staffel immer weiter zur Nebendarstellerin. Trotzdem muss man feststellen, dass die fünfte Episode eine der besseren der gesamten Staffel ist, wenn nicht sogar eine der besten von Telltale Games. Aber die kleinen Misstöne anderer Episoden kann sie dann trotzdem nicht ganz ausbügeln. Drei von fünf Episoden, die hervorragend sind, machen die Staffel halt nicht zu einem genialen Werk.
Season 1
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Nein, niemals, nichts Unerwartetes |
Im Vergleich mit einer Fernsehserie ist aber klar, dass eine zweite Staffel definitiv Potential hat und vermutlich auch kommen wird. Telltale hat in den insgesamt sieben bis zehn Stunden Spielzeit viel richtig gemacht. Seien es die cineastische Erzählung mit teilweise wirklich genialen Kamerawinkeln, ein hervorragender Soundtrack und eine weitere erfolgreiche Umsetzung einer Comic-Vorlage. Gleichzeitig muss man jedoch auch sagen, dass sie wohl insgesamt nicht ganz an Walking Dead anschließen kann. Die Dramatik ist nicht ganz so ausgeprägt, dafür kann sie vielleicht noch mehr mit Seitenhieben im Hintergrund auftrumpfen. Das mag jedoch wieder allein am Comic-Vorbild liegen, denn diese ist eine reine Gesellschaftskritik.
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Wohin führt der weitere Weg? |
Wir stehen hier vor einem Adventure oder vielleicht präziser vor einer interaktiven Geschichte. Klar ist, dass das Storytelling erstklassig war, die Grafik konnte überzeugen, der Ton war ebenso preisverdächtig. Die Atmosphäre ist vielleicht Geschmackssache, liegt jedoch aus unserem Standpunkt durchaus in der oberen Liga. Dazu kommt ein finaler Boss-Kampf, der manche Rollenspiele in den Schatten stellt. Unerwartete Wendungen und scheinbare Niederlage inklusive. Im Großen und Ganzen bleibt nur die Hoffnung, dass eine zweite Staffel erscheint und diese mehr Teile in der Qualität von Episode zwei, drei und fünf hat. Noch eine mehr in dieser Qualität und wir haben es hier mit einer Spielserie zu tun, die man als Allzeit-Klassiker sehen kann. So bleibt ‘nur‘ ein sehr gutes Spiel, das man weiterempfehlen kann.

Lange haben wir auf das Finale gewartet. Nun ging es plötzlich ganz schnell. Ein wenig mehr als eine Monat ist seit Episode vier vergangen und schon flimmern ein letztes Mal die End-Credits der ersten Staffel über den Bildschirm. Genugtuung und Zufriedenheit überwiegen, aber es wird leider mit einer Brise Wehmut gewürzt. Die Staffel ist aus meiner Sicht genial und als Fan der Graphic Novel Bände wirklich ein hervorragender Prolog. Trotzdem wäre noch mehr drin gewesen. Vielleicht sogar etwas ganz Großes. Telltale Games zeigt wieder mal, was sie als Storyteller drauf haben und dass leichte Action-Anteile in interaktiven Geschichten durchaus Platz haben, solange diese nicht zu schwer sind und genau hier trifft die Serie den Nerv richtig gut. Spannung gemischt mit Dramatik, eine Geschichte, die zu fesseln weiß, vieles zum Nachdenken – kurz gefasst: richtig schön! Beim nächsten Mal aber bitte ein bisschen mehr Snow White und vielleicht noch ein Schäufelchen schwerwiegendere Entscheidungen und fertig wäre das perfekte interaktive Kino-Erlebnis.
Fazit von Matthias Glanznig:
Gefallen hat mir das Finale, ja. Allerdings hätte Telltale diese knapp einstündige Episode problemlos an den vierten Teil anknüpfen können. Bei dieser Gelegenheit hätten sie sich auch gleich jene Pseudoentscheidung sparen können, die zwecks Dramatisierung ans Ende von 'In Sheep's Clothing' gepfeffert wurde und die nun auf bequemen Revisionismus stößt.
Ansonsten wird das geboten, was man sich als Fan erwarten durfte: Viel QT-Action, die zum Besten zählt, was die amerikanische Spieleschmiede zu bieten hat, sowie interessante Entscheidungen auf Leben und Tod. Bis zum Schluss prägt der Spieler den Charakter des Protagonisten. Mitunter kann das die Qualität der Story auf die Probe stellen, erfreulicherweise ohne daran zu zerbrechen. Im Epilog von 'The Wolf Among Us' wartet zuletzt ein stark geschriebenes Gespräch, wenn auch vielleicht nicht so ganz das, was manche Spieler sich von Anfang an erhofft hatten. Keine Angst, kein offenes Ende im klassischen Sinne, denn das Wichtigste ist geklärt. Manches bleibt jedoch in der Luft hängen. Ob es eine Fortsetzung geben wird, steht in den Sternen. Vielleicht soll der Schluss auch nur dazu anregen, die zahlreichen Fables-Comics zu lesen. Wer weiß.
Alles in allem aber ein gelungenes Finale, obwohl mir die ersten drei Episoden offen gestanden einen Tick besser gefallen. Retrospektiv kann man zudem darüber diskutieren, ob 'The Wolf Among Us' tatsächlich der ideale Kandidat für das Episoden-Format war. Als Gesamtwerk ist es zweifellos sehr empfehlenswert!
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The Wolf Among Us
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- Telltale Games
- Release
- 11. Oktober 2013
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.telltalegames.com/thewolfamongus
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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