Pendulo ist zurück. 'Runaway'-Fans dürften sich im vergangenen Jahr über diese Ankündigung durch den französischen Publisher Microïds gefreut haben. Immerhin hatte es nach dem eher erfolglosen 'Der Fall John Yesterday' lange nach dem Rückzug des spanischen Studios aus dem Genre ausgesehen. Nun gibt es das Pre-Sequel 'Yesterday Origins'. Was man sich von diesem Mystery-Adventure erhoffen sollte, sehen wir uns nun im ausführlichen Review näher an. Getestet wurde diesmal die PS4-Fassung.

Zurück zu den Ursprüngen
'Yesterday Origins' knüpft in etwa dort an, wo der erste Teil 'Der Fall John Yesterday' aufgehört hat. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Pauline handelt John Yesterday mit Antiquitäten im schönen Paris. Zugleich wird in spielbaren Rückblenden seine hunderte Jahre zurückliegende Vorgeschichte erzählt. Es empfielt sich den Vorgänger gespielt zu haben, obwohl das Wichtigste rekapituliert wird.
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Das Wichtigste wird im ersten Abschnitt rekapituliert |
Er und die ebenfalls spielbare Pauline sind unsterblich und kehren nach dem Tod stets in dem Alter zurück, in dem sie einst unsterblich wurden. Während John bei diesem Vorgang alles vergisst, kann sich seine Freundin hinterher sehr wohl erinnern. Für ihn ist diese Gabe belastend. In seinen Träumen wird er von lange zurückliegenden Erinnerung heimgesucht, die er nicht zuordnen kann.
Unser Protagonist folgt jeder Spur, die Hinweise auf seine Vergangenheit liefern kann. Gleichzeitig versucht er ein geregeltes Leben mit Pauline zu führen, die sich jedoch sträubt, eine Familie zu gründen zu werden - woraus Konflikte resultieren. Um solche und andere Probleme dreht sich das Abenteuer. Nicht alles, was John über sich in Erfahrung bringen kann, ist erfreulich: Einst war er als Sohn Satans bekannt. Als solcher wäre er beinahe der Inquisition zum Opfer gefallen. Damals wurde ihm in letzter Sekunde zur Flucht verholfen. Nicht ohne Hintergedanken - zumal das Geheimnis des ewigen Lebens mit ihm und einem Buch der Hölle in Zusammenhang zu stehen scheint.
Farblose Charaktere - teils interessante Hintergrundgeschichte
Die Rückblenden offenbaren eine reich ausgeschmückte Hintergrundgeschichte und die Erzählung hat wenigstens in Hälfte eins mehr Zeit zur Entfaltung, als es beim umstrittenen Vorgänger der Fall war. Noch dazu sind die vielen Schauplätze reich an Hotspots, was sehr zum Erkunden einlädt.
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Der verrückte Boris arbeitet für den Antiquitätenladen von John und Pauline |
Bei den Charakteren wartet das eine oder andere Wiedersehen. Leider mangelt es dem bunten Mystery-Adventure an Sympathieträgern, um die Handlung emotional zu tragen. Obendrein wirken die Ereignisse zusammengewürfelt. 'Yesterday Origins' tut sich bis zum Ende ein wenig schwer damit, eine spannende Botschaft zu kommunizieren. Selbst Johns Charakterwandel, der vieles aufklären soll, mag nicht rundum überzeugen, weil wir von ihm ohnehin eher nur die salonfähige Seite erleben.
Im letzten Drittel wirkt das Pre-Sequel, als wäre den Machern allmählich das Budget und die Zeit ausgegangen. Daraus resultieren kleinere technischen Macken, sowie eine chaotischere Erzählweise. Die erste Spielhälfte klappt in dramaturgischer Hinsicht deutlich besser als der Rest. Ein richtiges Ende gibt es, doch das könnte für geteilte Meinungen sorgen. Die Spieldauer liegt etwa im Bereich sechs bis neun Stunden.
Moderne Point&Click-Steuerung
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Das Inventar ist zweigeteilt - links sind Objekte und rechts befinden sich kognitive Informationen. Beides wird durch eine andere Taste aktiviert. |
Wer die Konsolenfassung spielt, sollte sich auf eine ungewohnte Handhabung einstellen. Empfohlen wird, sich zu Beginn das Tutorial anzusehen. In einigen Phasen der Geschichte können wir zwischen Pauline und John wechseln. Werden die Akteuere per Gamepad gesteuert, leuchten Hotspots immer auf, wenn die Spielfigur in Reichweite ist. Zwischen mehreren Hotspots können wir per Richtungstaste wechseln. Ein Klick auf einen Hotspot führt üblicherweise dazu, dass wir diesen aus der Nähe betrachten, wo oft auch Objekte aus dem Inventar kombinierbar sind. Dieses wird mit einer eigenen Taste geöffnet.
Durch das Erkunden von beispielsweise Gesprächspartnern oder Hotspots, kommt es vor, dass neue Ziele und Erkenntnisse sich herauskristallisieren... für derartige Inhalte gibt es ein eigenes Inventar, das auf dem Gamepad mit einer anderen Taste zugänglich ist. Oft laufen die Rätsel im Endeffekt darauf hinaus, dass John einen Plan benötigt, um etwas bestimmtes zu erreichen. Dazu kombinieren wir einige Objekte mit einem bestimmten Hotspot. Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich im mittleren Bereich.
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Gegenstände und Personen können im Closeup gedreht und gewendet werden, wodurch teils neue Informationen zum Vorschein kommen. |
Der spielerische Ansatz stimmt. Ein Nachteil von 'Yesterday Origins' beruht jedoch darin, dass nicht immer intuitiv nachvollziehbar ist, welches Objekt Ausgangspunkt für eine Kombination ist. So kann ein Pfeil nicht mit der Armbrust kombiniert werden, die Armbrust aber mit dem Pfeil. Oder ein Plan zur Überwältigung zweier Schläger muss über ein Bullauge kombiniert werden (und nicht mit der Tür, wo die Aktion eigentlich abläuft). Solche Eigenarten können ärgerlich sein. Auch andere Gedankengänge sind nicht unbedingt sofort nachvollziehbar. Beispielsweise wenn Pauline sich zwecks Schönheitspflege erschießen soll.
Trotz Macken wurde die Gamepad-Steuerung sehr spannend und vielversprechend umgesetzt. Sie kann beim Erkunden zu einer besseren Immersion beitragen, als die gewohnte Maussteuerung, wird aber vermutlich nicht jedem zusagen. Ein bisschen intuitiver hätte sie ruhig sein können.
Stimmungsvolle Präsentation mit Bugs
Dass Pendulo Studios in grafischer Hinsicht fähig ist, ist längst bekannt. Fast alle Schauplätze von 'Yesterday Origins' wurden stimmungsvoll visualisiert mit vielen Details und der markanten Handschrift. Die Animationen sind fast durch die Bank flüssig gelungen. Selbst die banale Übergabe eines Objekts bekommt nicht selten eine aufwändige 3D-Animation spendiert.
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Die Grafik sieht schick aus. Leider hat die Konsolenfassung noch ein paar technische Macken |
Leider ruckelte die PS4-Fassung bei manchen Zwischensequenzen ganz ordentlich und einzelne Item-Interaktionen führten im Test dazu, dass es gar nicht weiterging und der letzte Spielstand neu geladen werden musste. Auch im akustischen Bereich gibt es bei der Konsolenversion Abstriche: Vereinzelt fiel der stimmungsvolle Soundtrack komplett aus, was ausgerechnet gegen Ende immer häufiger vorkam.
Die englische Vertonung ist dafür solide gelungen (nur die Lautstärken könnten teils etwas besser aufeinander abgestimmt sein). Vertont wurden vorwiegend Gespräche. Sämtliche Gedankengänge sind rein schriftlicher Natur, wobei es deutsche Untertitel gibt.
Verbesserungswürdig ist zuletzt das automatische Speichersystem - wenigstens auf der Konsole. Lediglich nach bestimmten Interaktionen wird gespeichert. Teilweise kann das bei einem Neustart dazu führen, dass man sämtliche Gesprächsoptionen erneut wiederholen muss und manchmal sogar Objekte erneut einsammeln muss, weil diese Vorgänge nicht gespeichert wurden. Die Entwickler hätten wohl daran getan, regelmäßiger zwischenspeichern zu lassen. Wer einen früheren Abschnitt erneut spielen möchte, hat derzeit sowieso Pech gehabt.
Rein von der Präsentation her ist 'Yesterday Origins' gelungen. Die Comic-Grafik ist schick, der Soundtrack tönt stimmungsvoll aus den Boxen. In spielerischer Hinsicht stimmt die Richtung, selbst wenn so manches Rätsel schwer nachvollziehbar sein dürfte. Leider hat die Story einen Hang zu Klischees und es fehlt doch ein wenig der rote Faden. Zwar gibt es eine reich ausgeschmückte, interessante Vorgeschichte auf mehreren Zeitebenen, jedoch kaum Charaktere, die mitfühlen lassen. Erschwerend hinzu kommt, dass dem Point&Click-Adventure im letzten Drittel der Saft auszugehen scheint. Während die erste Hälfte dramaturgisch gepflegt wirkt, passt das Timing ausgerechnet in der Schlussphase oft nicht. Was bleibt ist bestimmt kein schlechtes Spiel, aber auch kein rundum überzeugendes. Lästige Macken der PS4-Fassung sind zudem nicht förderlich für das Gesamtbild.
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Yesterday Origins
- Entwickler
- Pendulo Studios
- Publisher
- Microïds
- Release
- 10. November 2016
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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5 Kommentare
Für Pendulo tuts mir leid, oder zumindest für den Publisher. Ich hoffe das im Hauptmarkt Spanien besser gelaufen ist. Verdient hätten sie es.
Aber das Thema ist so extrem sperrig, noch viel anstrengender als im ersten Teil. Wer sich dafür nicht interessiert wird keinen Spaß damit haben. Massenmarktauglich ist definitiv was anderes. Ein Abenteuerspiel, so ein wenig Indy wäre wohl klüger gewesen. So wirkt das ganze wie ein Autoren-Game wo sich eine Person halt den Traum erfüllt hat dies zu veröffentlichen.
Yesterday muss ich mir dann nochmal genauer ansehen - wenn aml irgendwann Zeit ist