Mit der nur drei Folgen umfassenden Prequel-Staffel 'Life is Strange: Before the Storm' erzählen Square Enix und Deck Nine Games die Vorgeschichte des beliebten 'Life is Strange'. Es geht in dem Spiel um Chloe, die viele Schicksalsschläge verarbeiten muss: Ihr Vater ist bei einem Unfall ums Leben gekommen, ihre Mutter hat einen neuen Freund und ihre beste Freundin Max ist weggezogen. Bei der Entwicklung gab es viele Unbekannte: Ein neuer Entwickler, eine Geschichte, die auf Entscheidungen setzen soll, deren Ausgang aber schon festgelegt ist, eine neue Sprecherin für Chloe... Im Test prüfen wir, ob die Rechnung aufgeht.

Schulrebellin
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Im Mittelpunkt der Geschichte steht die Freundschaft von Chloe und Rachel |
Wir treffen Chloe in Arcadia Bay drei Jahre vor den Ereignissen aus 'Life is Strange' und fühlen uns gleich wieder zu Hause. Doch wo Max noch die ordentliche und vernünftige Schülerin war, erleben wir nun das absolute Gegenteil: Chloe raucht Marijuana, ist in der Schule eine Außenseiterin, die häufiger zum Rapport beim Rektor als im Klassenzimmer sitzt und hat auch sonst keine Scheu, ihre Meinung zu sagen. Damit wären wir auch gleich bei der neuen Spielmechanik. Wer 'Life is Strange' kennt, erinnert sich an die Zeitreisefähigkeit von Max. Chloe hat diese Möglichkeit nicht. Stattdessen setzt sie auf Worte - Widerworte um genau zu sein. Wie erfolgreich sie damit ist, hängt vom Spieler ab. Gleich zu Beginn der Geschichte steht ein Türsteher zwischen Chloe und einem Konzert ihrer Lieblingsband. Dank einer energisch geführten Diskussion schafft sie es dann tatsächlich auf das Konzert. Hier trifft sie zum ersten Mal Rachel Amber, eine der beliebtesten Schülerinnen von Arcadia Bay. Das Schicksal führt die beiden Mädchen zusammen, als sie sich gegen ein paar betrunkene Raufbolde durchsetzen müssen.
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Rachels Eltern wollen für ihre Tochter nur das Beste. |
Diese zufällige Begegnung hat einen enormen Einfluss auf beide: Chloe und Rachel freunden sich an und erleben einige aufregende Tage in Arcadia Bay, während derer wir auf einige bekannte und viele neue Gesichter treffen. So lernt Chloe auch Rachels Familie kennen und hat auch hier gleich einen schweren Start - Die Teenager sehen die Welt ganz anders, als Erwachsene. So schlittert Chloe von einer schwierigen Situation in die nächste und oft genug eskaliert es. Wir erleben aber auch eine ganz andere Seite von Chloe, die sie zeigt, wenn sie sich um ihre Freunde kümmert und emotionale Momente in dne Vordergund rücken.
Entscheidungen und Beleidigungsduelle
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Herausforderungen meistert Chloe mit spitzer Zunge |
'Before the Storm' setzt wie schon 'Life is Strange' nur selten auf Rätsel. Hin und wieder müssen wir bestimmte Gegenstände einsammeln und diese an anderer Stelle einsetzen. Anstelle der Zeitreiseelemente des Vorgängers stehen nun Beleidigungsduelle, in denen Chloe ihr Gegenüber mit Widerworten überzeugen muss. Hinweise, welche Hebel Chloe ansetzen kann, finden sich oft in der Umgebung des "Gegners". Wir sollten uns also alles genau anschauen. Die Duelle selbst laufen ein wenig so ab, wie in 'Monkey Island': Man lenkt das Gespräch in die entscheidende Richtung. Nun gilt es eine bestimmte Anzahl von Antworten und Beleidigungen richtig zu platzieren, um "Wegpunkte" zu sichern. Setzen wir auf die falsche Antwort, bekommt das Gegenüber den Punkt. Abhängig von der Situation genügt es schon, wenn man ein bis zwei Sätze verhaut, um das Duell zu verlieren. Doch selbst dann geht es in der Geschichte immer weiter. Entweder muss Chloe einen anderen Weg suchen oder es ändern sich Dinge in der Geschichte.
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Eines der Rätsel: Chloe versucht sich als Mechanikerin |
An anderen Stellen können wir etwas freier entscheiden. So findet Chloe eine größere Summe Bargeld und wir dürfen nun bestimmen, was wir damit anstellen. Auch solche Entscheidungen sowie bestimmte Dialogoptionen haben größeren Einfluss auf die Geschichte. In der ersten Episode gab es noch einige Entscheidungen, naturgemäß wird die Entscheidungsfreiheit zum Finale hin deutlich geringer, denn das Ende der Geschichte soll ja auf den Anfang von 'Life is Strange' hinleiten. Dennoch bieten alle Episoden ihre ganz besonderen Highlights, emotionale Momente und interessante Enthüllungen. Darüberhinaus lernen wir neue Charakterzüge von Chloe kennen und verstehen ihr Handeln in der ursprünglichen Geschichte besser. Und trotz der Einschränkungen für das Ende haben Deck Nine es geschafft, drei leicht unterschiedliche Enden ins Spiel zu integrieren.
Tagebuch und Grafitti
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David gibt sich als Stiefvater redlich Mühe |
Wer 'Life is Strange' kennt, erinnert sich bestimmt an das Tagebuch von Max und ihren Fotoapparat: Nahezu in jeder Szene konnten wir Bilder knipsen, die dann zusammen mit ihren Gedanken um die Geschichte ins Tagebuch einzug fanden. Auch hier kommt Chloes rebellische Ader mehr zum Tragen. Statt der Kamera ist der Filzer ihr steter Begleiter. Dort wo wir mit Max Erinnerungsfotos machten, können wir mit Chloe eine Botschaft hinterlassen. Welche das ist, dürfen wir aus ein Paar zur Situation passenden Vorschlägen entscheiden. Leider sind die Situationen, in denen Chloe Grafittis zeichen kann, manchmal unpassend. Ihre Sprüche sammelt sie aber dennoch im Tagebuch, zusammen mit unversandten Briefen an Max.
Von der technischen Seite unterscheidet sich 'Before the Storm' nicht von 'Life is Strange'. Der Grafikstil ist erhalten geblieben und auch bei der Steuerung finden wir keine Unterschiede. Nach wie vor ist das Gamepad die Eingabemethode der Wahl, eine Steuerung mit Maus und Tastatur ist aber auch möglich. Die englische Sprachausgabe ist trotz der neuen Sprecherin für Chloe gut gelungen, wer im Englischen nicht so gut ist, kann auf deutsche Untertitel zurückgreifen. Für den Soundtrack sorgt die britische Indie-Folkband Daughter, die einige Stücke zum Spiel beiträgt.
Nein, so ganz kommt 'Before the Storm' nicht an 'Life is Strange' heran. Dafür habe ich zu gern mit der Zeitreisefähigkeit von Max gespielt, einfach mal eine Dialogoption ausprobiert und wenn mir die Gesprächsrichtung nicht gefallen hat, habe ich zurück gespult. Vielleicht war mir die nachdenkliche Max auch näher als die impulsive Chloe, zu deren Charakter eine solche Fähigkeit schon nicht gepasst hätte. Vielleicht fehlt aber auch einfach ein wenig das überraschende Element in 'Before the Storm'. Das macht 'Before the Storm' nicht zu einem schlechten Spiel, ganz im Gegenteil: Es hat seine eigenen Stärken, die es in der aufkeimenden Freundschaft zwischen Chloe und Rachel ausspielt. Wir erleben mit, wie die rebellische Chloe ihre einfühlsame Seite zeigt und sind auch dabei, wie sie ihre Unsicherheit mit Widerworten zu kaschieren versucht.
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Life is Strange: Before the Storm
- Entwickler
- Deck Nine Games
- Publisher
- Square Enix Ltd.
- Release
- 31. August 2017
- Auszeichnungen
- Der beste Soundtrack des Jahres • Die beste Geschichte des Jahres • Die beste Grafik des Jahres
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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2 Kommentare
schade, das unter "Sprachen" bei Life is Strange 1+2 z.B. "Deutsch" steht. Stimmt leider nicht. Sprache ist "Englisch". Einzig die Texte sind "Deutsch". Das ist für mich ein entscheidenes Kaufkriterium für ein Adventure. Leider muss man da erst im Test nach suchen. Wirklich schade und sehr irreführend.
MfG
Matthias Pollmeier
Wir hatten "Sprache" in der Spieledatenbank als Untertitel oder Sprachausgabe definiert, um klarzustellen, ob es überhaupt angenehm spielbar ist, wenn man kein Englisch kann oder nicht auf Englisch spielen möchte.