Das eigentlich schon für 2019 geplante First-Person-Adventure ‘Someday You’ll Return‘ von CBE Software ist endlich erschienen. Bereits 2018 hatten wir im Rahmen des ReVersed Indie-Festivals in Wien die Gelegenheit das Spiel auszuprobieren. Ob es unsere Erwartungen erfüllen kann und wie es sich spielt, das lest Ihr jetzt in unserem Test.

Das Biest
Ein junges Mädchen flieht in einem unterirdischen Bunker vor einem unbekannten Feind und stolpert dabei von einer verschlossenen Tür zur nächsten. Der Ausgang ist nah. Als sie das Tageslicht schon durch die Löcher einer Mauer sehen kann, stürzt sie ein und ist erneut gefangen.
Das Mädchen heißt Stela. Wir dürfen sie im kurzen Einführungskapitel von ‘Someday You’ll Return‘ spielen. Sie ist von Zuhause weggelaufen und benötigt unsere Hilfe. Als ihr Vater Daniel machen wir uns auf den Weg, um sie zu suchen. Die Zeit drängt und wir haben nur einen groben Anhaltspunkt, wo sie sein könnte...
In die dunklen Wälder

Mit Hilfe von GPS-Ortung und digitaler Karte der Umgebung machen wir uns auf die Suche nach Stela, die sich irgendwo in der Nähe im Wald befinden muss. Doch bereits nach kurzer Zeit versagt die Technik und wir sind bei der Suche auf uns allein gestellte. Auch die panischen Anrufe von Ida, Stelas Mutter, helfen uns nicht wirklich weiter. Also machen wir uns ohne GPS auf die Suche nach Stela.

Erinnerungen
‘Someday You’ll Return‘ ist ein First-Person Horror-Adventure, das Elemente aus Mystery, psychologischem Horror und alten tschechischen Sagen miteinander verbindet. Als Semi-Open-World gestaltet, können wir uns relativ frei innerhalb der Spielwelt bewegen und orientieren uns dabei an Wanderwegen und Wanderkarten, die uns zu Sehenswürdigkeiten führen, die es in der realen Welt tatsächlich gibt. Einige Areale und Orte sind dabei natürlich erst später im Spiel zugänglich oder wir können (noch nicht) mit ihnen interagieren.

Gerade in den ersten Kapiteln lohnt es sich tatsächlich, die Gegend gründlich zu durchsuchen und auch mal einen anderen Waldweg zu versuchen. Die tolle 3D-Grafik des tschechischen Waldes macht gute Laune und ist stimmungsvoll umgesetzt. Man möchte hier gern wandern gehen und die Gegend erkunden. So entdecken wir nicht nur neue Plätze und Orte, sondern auch Bilder und Statuen, die auf längst vergangene Sagen und Geschichten schließen lassen. Dabei folgen Spiel und Umgebung einer deutlichen Regel: Je näher wir Stela kommen und umso weiter das Spiel voranschreitet, desto dunkler und unheimlicher wird es.

Gameplay
Spielen dürfen wir entweder mit Maus und Tastatur oder mit dem Gamepad. Interaktionspunkte sind gut gekennzeichnet. In unserem Inventar finden wir eingesammelte Gegenstände, ein Notizbuch, Werkzeug und später auch ein kleines Herbarium, mit dem wir Tränke verschiedenster Art herstellen können. Dazu sammeln wir in der Umgebung Pflanzen ein, die wir weiterverarbeiten. Wer jetzt an den klassischen Heiltrank denkt, der hat nur bedingt recht. Lebenspunkte und Heiltränke gibt es nicht, aber andere mystische Helfer, um die Geheimnisse des Waldes zu ergründen. Die verschiedenen Elemente (z. B. Notizbuch, Fundsachen, Herbarium, Werkzeug) werden nach und nach in das Spiel eingeflochten und kommen immer passend mit kleinen Tutorials daher.

Für den sicheren Weg durch die Dunkelheit haben wir noch eine Taschenlampe dabei, zur Wegfindung hilft uns das Handy mit digitaler Karte, Messenger und GPS-Funktion. Eine große Übersichtskarte gibt es leider nicht. Unsere aktuellen Ziele können wir inklusive Notizen in unserem Notizbuch nachlesen. Es gibt einige kleine Quests, die vor allem Hintergrundinformationen liefern, um die Story besser zu verstehen. Diese sind aber optional und müssen aktiv in Angriff genommen werden.
In der zweiten Spielhälfte werden wir zudem auch oft mit Stealth-Szenen aufgehalten. Diese fand ich teilweise sehr nervig und ich bin auch einfach kein Fan vom Schleichen in (Adventure-)Spielen im Allgemeinen. Diese Kritik kam wohl von einigen Spielern und CBE Software hat sie sich zu Herzen genommen. Mit dem aktuellen Patch kam ein neues Feature ins Spiel, das es erlaubt, diese Sequenzen komplett zu umgehen oder eben komplett zu spielen, ganz nach persönlicher Lust und Laune. Das tut dem Spielverlauf ungemein gut und verhindert starke Frustration, die zumindest bei mir schnell aufgekommen ist.
Ab und zu bekommen wir Anrufe und Nachrichten, die wir annehmen können. Oder eben nicht. Die kurzen Dialoge bieten uns auch Auswahlmöglichkeiten, die sich aber nicht großartig auf den Gesprächsverlauf auswirken. Unabhängig davon wirken sich unsere Entscheidungen im späteren Spielverlauf auf das Spielende aus. Insgesamt gibt es fünf verschiedene Spielenden zu erkunden.
'Someday You’ll Return' ist von einem starken Wandel geprägt. Wie schon erwähnt, wird das Spiel mit zunehmendem Spielverlauf immer düsterer und dunkler. Was als Ausflug in einen schönen und stimmungsvollen tschechischen Wald beginnt, endet im psychologischen Horrormärchen der Hauptfigur. Das ist narrativ betrachtet eine wunderbare Entwicklung, die wirklich super zur vielschichtigen Story passt. Es gibt viel zu sehen und zu erkunden.
Ein wenig schade finde ich, dass die verschiedenen Spielelementen mit zunehmendem Spielverlauf schlechter ausbalanciert sind und aus der anfänglich sehr frei erkundbaren Welt ein kleines Gefängnis mit langen und langweiligen Wegstrecken wird. Das Laufen, Klettern und Kriechen wiederholt sich zu oft. Einige kleine Nebenquests habe ich darum auch nicht mehr erledigt. Ich hatte nach zehn bis zwölf von 14 Stunden Spielzeit das starke Gefühl, „jetzt mal endlich ankommen“ zu wollen. Zumindest für mich waren die Hintergründe, das zu erwartende Ende und die Geschichte des Spiels hier auch schon deutlich.
Sehr positiv finde ich die Art und Weise, mit der CBE Software mit Spielkritik umgeht. So hat das Studio nicht nur in einer aktuellen Pressemitteilung geschrieben, man werde die Kritik am Gameplay berücksichtigen, sondern auch direkt im neuen Patch umgesetzt, ein wesentliches Spielelement an die Spielerbedürfnisse angepasst und eine aktive Wahlmöglichkeit geschaffen.
Ich mag die düstere und psychologische Geschichte hinter Daniels Suche nach Stela und fand vor allem die Umsetzung und die häppchenweise Einführung der Informationen sehr passend. Leider wurde für mich zu schnell deutlich, wohin diese Entwicklungen und Informationen führen werden. Auch die etwas kryptisch gestalteten Enden sind wohl nicht für jeden Spieler geeignet, lassen dafür aber viel Platz für eigene Interpretationen.
CBE Software hat ein unterhaltsames Spiel geschaffen, das durch seine stimmungsvolle Grafik und Semi-Open-World-Machart wirklich auffällt. Durch einen etwas besseren Ausgleich der verschiedenen Genre- und Spielelementen wäre hier sicherlich noch einiges an Möglichkeiten drin. Dennoch sticht ‘Someday You’ll Return‘ im Genre First-Person-Horror-Adventure deutlich heraus und ist sicher einen Blick wert, wenn man Cross-Genre Elemente, Erkundung und narratives Gameplay mag. Und Horror natürlich.
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Someday You'll Return
- Entwickler
- CBE Software
- Publisher
- CBE Software
- Release
- 5. Mai 2020
- Spielzeit
- Ca. 15-25 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://youwillreturn.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
7 Kommentare
Ein kleiner Fehler ist im Steckbrief, das Game gibt's nur auf englisch (bzw. tschechisch). Es sind noch nicht mal deutsche Untertitel drin. In einem Adventure einfach ein No-Go.