Vor 16 Jahren hieß es erstmals 'Beneath a Steel Sky 2' wird kommen. Dann war der zweite Teil ein Stretch Goal der Kickstarter-Kampagne von 'Baphomets Fluch 5', das nicht erreicht wurde. Nachdem 'Baphomets Fluch 5' schließlich erschien, gab es 2012 die endgültige Ankündigung, dass ein Nachfolger kommen soll. Nun ist es soweit, am 16. Juli erscheint der zweite Teil namens 'Beyond a Steel Sky'. Revolution Software hat sich wieder Dave Gibbons ('Watchmen') mit an Bord geholt. Es soll laut Charles Cecil wieder zurück zum Gedanken des virtuellen Theaters gehen und ist gleichzeitig dank Unreal Engine in 3D mit einem Cel-Shading-Look. Wir haben uns das Adventure für Euch angesehen.
Eines vorweg: Für 'Beyond a Steel Sky' ist es nicht unbedingt notwendig den Vorgänger zu kennen. Es gibt zwar ein paar wiederkehrende Charaktere und auch der Ausgang des Vorgängers spielt eine größere Rolle. Es wird im Spiel jedoch alles erklärt. Wer aber 'Beneath a Steel Sky' noch nachholen möchte, sollte das vor 'Beyond a Steel Sky' machen, denn der Ausgang des ersten Teils wird im Nachfolger rigoros gespoilert.

Robert Foster ist zurück im Gap

Entführtes Kind gesucht, alte Bekannte getroffen

Es geht um Freiheit, um Wohlstand und der Verteilung dessen. Unterdrückung, soziale Ungerechtigkeit und die Technik, die genau diese erst ermöglicht stehen unter Kritik. Das macht die sonst relativ einfache Prämisse des entführten Sohnes zur Nebensache und ist in dem Fall förderlich. Milo hat nämlich nie im Auge und die Geschichte wäre so zu eindimensional. Gleichzeitig hat das die Konsequenz, dass der von Foster so geliebte Milo uns Spielerinnen und Spielern egal bleibt. Es sind die sozialen Aspekte der riesigen Stadt Union City und die Begegnungen mit anderen Charakteren, die die Geschichte interessant und motivierend machen.
Die Story ist auch die Haupttriebfeder, die motiviert, weiterzumachen. Dabei passiert vor allem in der ersten Spielhälfte der zehn bis zwölf Stunden Spielzeit erstaunlich wenig. In der zweiten Spielhälfte geht es dafür Schlag auf Schlag und wirkt etwas gestresst und unter Zeitdruck. Brisant ist dabei auch, dass es zumindest gegen Ende eine Verzweigung gibt (mit gleichem Ausgang), die nur durch ein Gespräch in den ersten Spielstunden beeinflusst wird. Hier fühlt sich das Spiel dann fast konsequenzlos an. Auch wenn das Spiel vielleicht optisch an Adventures von Telltale Games erinnert, sind aber Entscheidungen überhaupt kein Faktor. Die Geschichte ist linear und das ist auch gut so. Sie ist nämlich echt gut gelungen und konnte mich durch die Bank motivieren.
Die Technik-Kritik steht im Zentrum. Nicht nur in der Story.

Das liegt aber nicht an der völlig vermurksten Technik, sondern am fehlende Polishing. Ein Dialog fand bei mir zu nahe an einem Fenster statt, sodass die Kamera stets jenseits des Fensters sprang. Das sah realistisch aus und es klang komischerweise auch "realistisch". Die Stimmen hörten sich dann dumpf an – also tatsächlich wie hinter einem Fenster. Eine unabsichtliche Demonstration, dass die Technik durchaus fähig wäre. Gerade die Steuerung zeigt das auch. Wir können hier nicht über die Touch-Steuerung bei Apple Arcade reden, aber am PC ist es durchaus empfehlenswert sowohl Controller als auch Maus und Tastatur bei der Hand zu haben.
Computerkonsolen wie das Terminal für persönliche Nachrichten ließen sich mit Controller kaum bedienen. Gezielt einzelne Punkte anzuklicken war nicht möglich. Mit Maus und Tastatur ging das jedoch einwandfrei. Ebenso trat so ein Problem beim Hacking System auf. Bei der Bewegung funktionierte hingegen die Controller-Steuerung wieder besser. In solchen und anderen Punkten können sicherlich die nächsten Patches einiges ausbügeln – einige Verbesserungen wurde bereits mit dem Day-One-Patch versprochen. Wie überzeugend dieses Unterfangen gelingen wird, bleibt vorerst noch abzuwarten.
Ein etwas fragwürdiges Rätsel-Design

Die Schwierigkeit liegt eher darin, die passenden hackbaren Gegenstände zu finden. Da auch Roboter hackbar sind, kommt dazu, dass diese sich auch bewegen. So muss man die teilweise erst dazu bringen, an den jeweiligen Ort zu kommen oder wir müssen Foster taktisch klug platzieren. Durch die fehlende Komplexität und die immer wiederkehrende Mechanik wirkt dieses Rätselelement schnell monoton. Vor allem zu Beginn fehlt hier der Abwechslungsreichtum. Es gibt ein weiteres Element, das zumindest ein paar Mal auftaucht und wir aus Storygründen hier nicht spoilern werden. Das zeigt wiederum, dass das Rätseldesign in 'Beyond a Steel Sky: Beneath a Steel Sky 2' schon einfallsreich und echt gut gelöst sein kann. Leider trifft das nicht auf die gesamte Spielzeit zu. Vor allem im angesprochenen Teil gibt es ein altbekanntes Rätsel, das mich nahezu in den Ragequit trieb. Nicht weil es allzu komplex war, sondern ein Rätsel ist, das man gefühlt viel zu oft schon gespielt hat: Die Türme von Hanoi. 'Beyond a Steel Sky: Beneath a Steel Sky 2' ist also überraschend klassisch und die Rätsel sind teilweise auch augenzwinkernd und ausgezeichnet designt. Manchmal sind sie es leider nicht. Bei der hohen Rätseldichte ist dies auch kein ganz kleiner Malus.
Ein Augen- und Ohrenschmaus?

Der Ton überzeugt in voller Länge. Gerade die Dialoge und die Sprecher sind großartig vertont und gut gecastet. Jedoch gibt es derzeit nur die englische Sprachausgabe. Die deutsche Sprachausgabe wird im August als Patch nachgereicht (wir berichteten). Zur Qualität dieser Sprachausgabe können wir deswegen noch nichts sagen.
Bis dahin muss die deutsche Textübersetzung allerdings noch ordentlich überarbeitet werden. Teilweise ist sie einfach schlecht übersetzt und Tippfehler sind noch vorhanden. Ein Beispiel: Ein Junge bittet energisch darum, dass man das Drehkarussell anschiebt. Aus dem englischen "Push me" (Anm. d. Red.: dt. „Schieb mich an“) wird das "deutsche" Wort "Anschwung". Hier wirkt die Übersetzung wenigstens nur unfreiwillig komisch. Andere Sätze gaben aber ohne englischer Sprachausgabe einfach keinen Sinn. Nichtsdestotrotz, wenn die Fehler ausgebessert werden – wovon wir ausgehen – und die deutsche Sprachausgabe nur auf einem ähnlichen Niveau wie die englische Version liegen wird, ist der Ton großartig. In Anbetracht der Bugs sollten Freunde der deutschen Sprachausgabe wahrscheinlich ohnehin bis August warten.
In den Trailern wirkte die Grafik etwas sperrig. Bewegt und im Spiel ist sie tatsächlich sehr detailreich und gut gelungen. Sie passt und kann mit großen Cel-Shading-Produktionen mithalten oder übertrumpft sie. Hier gibt es nicht auszusetzen. Eine etwas interessante Entscheidung ist dafür das Intro, das bewusst in Comic-Panels gehalten ist. Dabei passt der Stil der Comics weder gut zum Grafikstil, noch sieht er gut aus. Die Comics wirken leider etwas billig und fast schon abschreckend. Gerade bei einem Intro ist das nicht ideal. Interessanterweise tauchen diese Form der Comic-Panels auch nie wieder auf und spätere Zwischensequenzen sind alle in In-Game-Grafik. Nach unserer Ansicht war das eine gute Entscheidung. Der Comic-Look bleibt nämlich trotzdem vorhanden und gerade die Optik und die geblendeten Dialog-Felder samt typischer Schrift erinnern an Graphic Novels. Hier kommt jedoch ein anderer Aspekt als Wermutstropfen hinzu, der wahrscheinlich nur gepatcht werden kann. Die Animationen wirken teilweise etwas hakelig und gegenüber der restlichen Grafikqualität auch billig. Glücklicherweise ist das meist nur merkbar, wenn man z. B. genau auf die Füße der Charaktere schaut oder wenn Gegenstände verwendet oder ausgetauscht werden. Da der treibende Faktor des Spiels ohnehin die Geschichte ist, können Fans das wahrscheinlich noch verzeihen.
Nachtrag zu Patch 3: Deutsche Sprachausgabe und Bugfixes
Seit 24. September gibt es nun auch eine deutsche Sprachausgabe und die gröbsten Bugs, die den Spielfluss störten, wurden ausgebessert. Wir ließen noch etwas Zeit vergehen, um auf weitere Patches zu warten. Knapp drei Wochen später stürzten wir uns ins komplett Deutsch synchronisierte Abenteuer.
Leider ist die Qualität der Sprachausgabe gemischt. Während Joey sehr gut und überzeugend vertont wurde, wirkt Robert Foster hölzern. Jede einzelne Silbe wird besonders deutlich ausgesprochen. Das führt dazu, dass gerade der Protagonist äußerst unnatürlich spricht. Unsauberkeiten wie etwas eigenweillige Übersetzungsversuche oder englische Eigennamen blieben unverändert im Spiel. Alles in allem ist die englische Sprachausgabe auf einem deutlich höheren Niveau. Zumindest können nun alle Adventure-Fans auch eine deutsche Sprachausgabe auswählen. Wir können sie aber nur begrenzt empfehlen.
Tatsächlich wurden einige gröbere Bugs (Stichwort: Gamebreaking) nun repariert. Insgesamt wirkt es somit runder. Eine wirklich polierte Erfahrung ist es jedoch weiterhin nicht. Clipping-Fehler oder hakelige Animationen sind altebekannte nennenswerte Detailprobleme. Manche Kameraeinstellungen bei Dialogen sind noch immer falsch positioniert. So passierte es in unserem Testlauf, dass weiterhin die Kamera gerne die Gesichter abschnitt. Es bleibt also auch in technischer Sicht unrund, wenngleich es doch deutlich besser wurde. Da die bleibenden Fehler die Atmosphäre noch immer untergraben und das Rätsel-Design - wie erwartet - keine große Veränderung erfuhr, bleibt es bei der Wertung.
'Beneath a Steel Sky' war großartig und Charles Cecil hatte stets bei Gesprächen betont, dass er unbedingt wieder einmal mit Dave Gibbons arbeiten möchte. Es ist passiert!
Die Ankündigung hat mich sehr gefreut. Die Entwicklungsgeschichte dürfte dann allerdings recht bewegt gewesen sein. Nach Matthias‘ bugreicher Erfahrung in der Preview hofften wir, dass sie die Fehler schnell ausbügeln konnten. Einige sind noch in der uns vorliegenden Version und das trübte unser Erlebnis ordentlich. Ich möchte aber betonen, dass es sich noch um die PC-Version vor Release handelt. Ein Day-One-Patch ist zu erwarten.
Glücklicherweise ist die Geschichte dafür gut gelungen. Der Teil rund um Milo kam mir zu Beginn noch etwas langweilig vor, rückte aber ohnehin recht schnell in den Hintergrund. Es geht eher um das Big Picture: Soziale Missstände, Technologisierung, Künstliche Intelligenz und Überwachung samt grenzenlosem Wohlstand. All das kann und soll sicherlich auch als Kritik an der heutigen Zeit gelesen werden. Die sitzt und ist gut gelungen. Die Bugs, die noch etwas kaputte Steuerung und das recht unausgewogene Rätseldesign verhindern eine herausragende Wertung samt Award.
-
Beyond a Steel Sky: Beneath a Steel Sky 2
- Entwickler
- Revolution Software Ltd.
- Publisher
- Revolution Software Ltd.
- Release
- 26. Juni 2020
- Auszeichnungen
- Der beste Soundtrack des Jahres • Die beste Geschichte des Jahres • Die beste Grafik des Jahres
- Spielzeit
- 8-9 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- https://revolution.co.uk/
- Sprachen
-
- Systeme
-
- Stichwörter
- Beyond a Steel Sky im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Beyond a Steel Sky bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
13 Kommentare
Ich freue mich sehr auf das Spiel.
Im Gegensatz dazu stehen die Bewertungen bei Steam. Bei knapp 300 Reviews hat sich die Wertung aktuell bei "Sehr positiv" u. 88% eingependelt (zwischenzeitlich lag sie sogar bei 90+%). Hier fühle ich mich an die oft gegensätzlichen Bewertungen bei Kinofilmen erinnert: während die Filmkritik oft schlechte Wertungen vergibt, zeigt der Daumen der Kinogänger oft nach oben und umgekehrt.
Mir persönlich sind eigentlich keine nennenswerten oder gar "game-breaking"-Bugs aufgefallen, obwohl ich sie auch nicht ausschließen kann. Vielleicht hatte ich ja nur Glück. Grafik, Atmo und Mucke sind super. Das Spiel hat viel Humor u. löst zudem an einigen Stellen (Abtritt Joey) Emotionen aus.
Die Rätsel fand ich überwiegend logisch u. nicht zu schwer. Der Minos-Scanner ist eine interessante neue Idee wurde aber m. E. überstrapaziert. Charles Cecil hat hier (wie schon bei der Baphomets Fluch-Reihe) mal wieder gute Arbeit geleistet.
76 spiegelt "ordentlich" und "ganz gut" wider.
Ganz unten im Fazit betone ich sogar, dass es eigentlich nicht schlecht ist, aber es fehlt in den Details.
Wenn die deutsche Fassung da ist, wir nochmal reingeschaut, ob die schlimmen Bugs nun weg sind und die Sprachsaugabe genießbar ist. Aber in einem Spiel über 80 gehen, wenn man in manchen Rätseln zwischen Maus & Tastatur und Keyboard wechseln muss, um es spielbar zu machen, ist halt nicht so toll gewesen. Ebenso kann ich glücklicherweise die DPI meiner Maus per Tastendruck zurückstellen. Eine Empfindlichkeitseinstellung für die Maus in den Optionen gibt es nämlich auch tatsächlich nicht und mit der Standard-Einstellung hab ich mit nach 1 cm ungefähr 3x im Kreis gedreht
Zu Beginn war die Angst noch groß, dass die Anpassung auf eine 3D Umgebung das Spielgefühl komplett trüben könnte. Dies wurde jedoch nach den ersten Spielminuten bereits komplett verworfen.
Beyond a steel sky hat mich direkt zurück in meine Kindheit versetzt. Das Gap, Union City und die verrückten Charaktere. Alles fühlt sich so richtig an. Ich hatte sogar mehrere Gänsehaut Momente wie ich diese nicht erwartet hatte. Der Moment als ich die Hauptplatine von Joey erblickte und wusste - ENDLICH - mein bester Freund lebt noch. Die Staubsaugerhülle von Joey (Nostalgie), sein "sarkastischer Humor", wenn man es so nennen kann und die LINC-Matrix (die überaus vertraute Musik und die "Werkzeuge") haben mich direkt zurück nach Beneath a steel sky versetzt.
Ich möchte nicht weiter spoilern und kann nur sagen, dass es eine durchaus gelungene Fortsetzung ist, auf die ich sooooo lange gewartet habe. Mich hat Overmann erneut glücklich gemacht und mir viele knifflige Rätsel beschert.
Wenn es nach mir ginge, dann nur her mit der nächsten Fortsetzung!!