Der heilige Gral gilt als DIE Reliquie des Christentums, war seit dem Mittelalter Gegenstand von Dichtungen, Romanen, später auch Filmen und natürlich auch Spielen. Während die meisten Unterhaltungsmedien die Thematik durchaus mit dem gebührenden Ernst behandeln, haben bereits Monty Python mit „Die Ritter der Kokosnuss“ einen anderen, deutlich respektloseren und aberwitzig komischen Weg eingeschlagen. Auf dem folgt ihnen nun der Belgier Jean-Baptiste de Clerfayt mit seinem Point-and-Click-Adventure 'Lancelot’s Hangover: The Quest for the Holy Booze'. Wir haben uns unerschrocken mit Lancelot auf die Reise begeben, um herauszufinden, wie viel Alkohol und Respektlosigkeit der Gral und die Tafelrunde vertragen.

Let’s have a party!
Sir Lancelot the Brave, wahlweise auch The Sexy (was er eindeutig bevorzugt), wird von Gott auf die Suche nach dem Heiligen Gral geschickt. Dieser heilige Kelch muss unbedingt mit Unmengen an Alkohol gefüllt werden, damit England die größte Party aller Zeiten feiern kann. Leicht bekleidete Damen sollen die Stimmung auf der Party noch mehr in Schwung bringen.

Seine Reise führt Lancelot in den Süden Frankreichs, genauer gesagt, nach Redemption Land™. Dort soll der Gral verborgen sein. Der Plan: den Gral finden, einsacken, nach Camelot zurückkehren (rechtzeitig zum Fish ‚n‘ Chips-Tag), Party machen bis zum Umfallen. Schnell stellt Lancelot allerdings fest: Die Sache ist nicht ganz so einfach. Denn er muss sich mit allen möglichen schrägen Gestalten herumschlagen, die ihm jede Menge Hindernisse in den Weg legen oder gar einen Gefallen von ihm wollen. Nicht zu vergessen eine ominöse Organisation, deren Anführer sich mit dem Verkauf sündteurer Ablassbriefe (Wash-all-your-Sins-Certificates™) und anderen religiösen Dienstleistungen eine goldene Nase verdient.

Garniert wird diese schräge Mischung mit jeder Menge Anspielungen auf andere Spiele, Popkultur-Phänomene, historische Personen und Ereignisse. Dabei sind diese Referenzen in der Regel eher unauffällig integriert und springen einem nicht sofort ins Gesicht – sehr angenehm, wenn das mal nicht mit dem Holzhammer passiert, sondern in Form von Wortspielen oder der Übernahme bestimmter Gesten einer fiktiven Figur.
Eigenwillige Comic-Grafik, minimalistischer Klangteppich

In Dialogen werden Charakterporträts eingeblendet, im Falle Lancelots ändert sich dabei auch immer wieder der Gesichtsausdruck. Der passt zwar nicht immer zum jeweiligen Dialog, bringt aber etwas Bewegung rein. Denn Animationen werden sehr sparsam, dafür aber wohldosiert eingesetzt. Das lässt die Szenerie mitunter etwas statisch wirken, störend ist das allerdings nicht. Zu sehen gibt es nämlich auch so genug, angefangen beim Disney-ähnlichen Redemption Land™ über die Alchemistenstube einer Nicht-Hexe bis hin zu einem alten Kloster oder einer Bar für Homosexuelle. Die Anzahl der Locations ist übrigens für so ein kurzes Spiel ordentlich, manche Schauplätze wie Redemption Land sind in kleinere Örtlichkeiten unterteilt. Auf der Übersichtskarte befinden sich nur vier spielrelevante Orte – Belgien wird erst im letzten Akt wichtig, kann aber schon vorher besucht werden -, in denen es genügend zu tun gibt, sodass für Abwechslung gesorgt ist.

In Sachen Sound gibt sich ‚Lancelot’s Hangover‘ minimalistisch: Eine Sprachausgabe fehlt komplett; lediglich zu Beginn gibt es einen kurzen Text zur Einführung als Voice Over. Von einem Ein-Mann-Projekt darf man aber auch keine vollständige Lokalisation erwarten oder mehrere Sprachen. Das Spiel ist derzeit nur auf Englisch erhältlich, weitere Sprachen sind aktuell nicht geplant.
Der Klangteppich besteht vornehmlich aus zahlreichen Musikstücken, die zwischen mittelalterlich und modern schwanken, in manchen Locations in eine Dauerschleife münden und dadurch etwas anstrengend sein können. Dazu gesellen sich Hintergrundgeräusche wie das entzückte Jubeln einer religiös ekstatischen Nonne, das Blöken von Schafen, das Plätschern von Wasser oder das charakteristische Surren von Elektrizität.
Wir klicken uns durch Südfrankreich…
Die Steuerung ist simpel: Wir erledigen alles mit der linken Maustaste. Egal, ob wir Lancelot bewegen, etwas aufnehmen, mit einem anderen Charakter sprechen möchten, in einem Dialog vorankommen wollen oder es etwas zu untersuchen gibt: Die linke Maustaste ist unser bester Freund. Dialoge können alternativ auch mit der Leertaste vorangetrieben werden. Die zeigt uns bei Bedarf auch die mit einem roten X markierten Hotspots an, wobei diese nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Denn die einzelnen Screens sind, was Interaktionsmöglichkeiten angeht, sehr übersichtlich gehalten. Die mit der Anzeige verknüpfte Popkultur-Referenz macht allerdings echt Laune, auch, weil sie einem nicht sofort entgegenspringt und erst auf den zweiten Blick überhaupt erkennbar ist.

… und begeben uns auf Walter Whites Spuren
Mitunter kommt es vor, dass man erst einen bestimmten Trigger auslösen muss, um eine Aktion durchführen zu können. So erhalten wir im Verlauf des Spiels einen Luftballon ohne Luft, den wir einerseits dazu benutzen müssen, um zwei NPCs loszuwerden. Andererseits kann uns der Ballon dabei helfen, an einen bestimmten Gegenstand zu kommen, den wir für ein weiteres Rätsel benötigen. Die Reihenfolge der Aktionen ist hier strikt linear und kann nicht geändert werden. Sicher, man kann’s versuchen, kommt dann aber nicht vom Fleck. Das ist mitunter ein wenig mühsam, erst recht, wenn es seitens Lancelots bereits einen Hinweis auf die Lösung einer Aufgabe gegeben hat und nur noch der Trigger fehlt. Teilweise artet das dann in ein Abgrasen aller Schauplätze und aller Charaktere aus, und in der Regel stellt man dann fest: Man hat eine Kleinigkeit übersehen oder einen Dialog nicht geführt.

Eines ist klar: Wenn man 'Lancelot’s Hangover' spielt, darf man kein Problem mit dem zotigen Humor haben, der vor nichts und niemandem Halt macht. Man sollte sich auch nicht an (halb)nackten Figuren stören oder an dem Umstand, dass über Drogen nicht nur gesprochen wird, sondern selbige auch zum Einsatz kommen. Dann kann man mit dem leicht bekleideten Ritter der Tafelrunde eine Menge Spaß haben. Der Schwierigkeitsgrad ist sehr einsteigerfreundlich, Kopfnüsse gibt es nicht. Das würde auch gar nicht zur Machart und zur Grundtonalität des Spiels passen.
Sicher muss man Abstriche machen. So fehlen eine Sprachausgabe und zusätzliche Sprachen. Das Speichersystem ist zwar einfach, könnte aber einen Facelift vertragen. Denn dass man nach dem Speichern automatisch im Hauptmenü landet, müsste nicht sein. Das fehlende Optionsmenü fällt dafür gar nicht ins Gewicht, denn außer der Lautstärke der Musik gibt es nichts, das man über ein solches Menü regeln müsste. Die Musik kann man bei Bedarf ja auch über die Lautsprecher des Rechners leiser drehen oder ganz abschalten. Was dagegen nett gewesen wäre: eine Scrollfunktion für die Übersichtskarte, sodass man Lancelot nicht im Trippelschritt von Norden nach Süden und retour bewegen muss.
Das sind allerdings Kleinigkeiten, und man darf auch nicht vergessen, dass es sich um ein Ein-Mann-Projekt handelt. Das etwa vier Stunden langge Spiel läuft übrigens sehr stabil. Es gab weder Bugs noch sonstige technische Probleme; lediglich ein, zwei Glitches sind mir aufgefallen. Dass zwei Schauplätze nicht betreten werden können – eine Hütte in einem Dorf und die Küche in der Bar –, hat nicht etwa mit einem technischen Gebrechen zu tun. Vielmehr wurden die Locations für die finale Version entfernt; lediglich die Hotspots sind erhalten geblieben. Ein Manko war das jedoch nicht; mehr Schauplätze hätte das vier Stunden lange Spiel gar nicht benötigt – so umfangreich oder komplex ist die Geschichte ja nun auch wieder nicht.
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Lancelot's Hangover: The Quest for the Holy Booze
- Entwickler
- Jean-Baptiste de Clerfayt
- Publisher
- Jean-Baptiste de Clerfayt
- Release
- 1. Oktober 2020
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.lancelotshangover.com/
- Art
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Crowdfunding
- Sprachen
-
- Systeme
-
- Stichwörter
- Offizielle Website
- Bei Steam kaufen
8 Kommentare
Wird es auch deutsche Untertitel geben?
Hatte irgendwo mal gelesen dass die evtl. nachgereicht werden ,
bin mir aber nicht sicher.
https://steamcommunity.com/app/917380/d ... 963834357/
Es sei denn jemand macht ihm die Übersetzung ohne Bezahlung.