Die Macher von 'The Inner World' sind zurück. Diesmal hat sich Studio Fizbin allerdings nicht an einem Point&Click-Adventure versucht, sondern an einem poetisch gefärbten 2D-Plattformer in einem ungewöhnlichen Fantasy-Setting und mit einer unkonventionellen Hauptfigur.
Obgleich das Gameplay von 'Minute of Islands' in eine andere Richtung geht, bleibt das deutsche Entwicklerteam beim charmanten visuellen Look seiner Handschrift treu. Ob der Rest ähnlich überzeugen kann, das sehen wir uns im Test genauer an. Erhältlich ist das Spiel für Windows PC, Mac, Playstation, Xbox und Nintendo Switch.

Das Überleben hängt von Mo ab

Die Mechanikerin Mo hat es sich zur Aufgabe gemacht, sämtliche Geräte in Gang zu halten. Sie tut das mit viel Verbissenheit und Pflichtbewusstsein. Auch ihre Schwester und andere Familienmitglieder leben in dieser Welt. Durch den sogenannten Omni-Stab kann sie mit der alten Technologie interagieren. Doch während sie stets alles daran setzt damit alles funktioniert und die Schrecken der Vergangenheit sich nicht wiederholen, zieht sie sich mehr und mehr in ihre eigene Welt zurück.
Eines Tages tritt das Worst-Case-Szenario ein: sämtliche Maschinen fallen mysteriöserweise aus und Gift breitet sich überall aus. Die Fähigkeiten unserer jungen Heldin sind gefragt. Die Zeit drängt.
Nette Story, die ruhig kürzer hätte sein können
Inhaltlich gesehen hat Minute of Islands immer wieder schöne, vielversprechende Momente. Jedoch lässt sich streiten, ob die Story genug für eine geschätzt fünf bis achtstündige Spielerfahrung hergibt (je nachdem wie gründlich alles gesucht wird und wie leicht einem die Orientierung auf den Inseln fällt). Durch die diversen Ausschweifungen verliert die Erzählung an Intensität. Halb so lang wäre in diesem Fall vielleicht sinnvoller gewesen.

Der tolle 2D-Grafikstil mag auf den ersten Blick an ein Kinderspiel erinnern, aber thematisch gesehen wird es wohl eher bei Jugendlichen und Erwachsenen zünden. Das nur sehr bedingt abwechslungsreiche Gameplay wird zu häufig vom Narrativ unterbrochen, um alleine auf Dauer unterhalten zu können.
Zähes Gameplay
Das führt uns zum Gameplay. Die meiste Zeit verbringen wir damit, auf den diversen Inseln von Plattform zu Plattform zu hüpfen, um inaktive Maschinen zu suchen, die wir mit Mos Omni-Tool in Gang setzen können. Hin und wieder ist es notwendig Objekte zu verschieben, um zu hoch gelegene Plattformen zu erreichen, oder es gibt Schalter zu aktivieren, um Türen, Brücken oder auch Lifte zu aktivieren.
In einigen Bereichen zeigt uns das Spiel per Kameraschwenk einen größeren Abschnitt der Umgebung, wohl um dem Spieler die Orientierung zu erleichtern (hilfreich ist das eigentlich nur am Anfang). Das passiert leider sehr langsam und zwingt den Spieler immer für einige Sekunden zum Zuschauen. Eventuell wäre es besser gewesen nur eine detaillierte Mappe im Spiel-Menü anzubieten und auf solche Verzögerungen zu verzichten.

Ist auf der Inseloberfläche alles vorbereitet, wechseln wir in den Untergrund wo ein relativ weit verzweigtes Tunnelsystem wartet, das zum Hauptsystem der Insel führt. Das ist mit längeren Laufwegen verbunden und wir müssen den Weg hinterher erneut zurücklegen, um wieder zum Boot zu gelangen.
Optisch schön, aber mit teils zu langen Animationen
Während das Gameplay von Minute of Islands Problemstellen offenbart, zeigt sich Studio Fizbin optisch gewohnt sattelfest. Die Inseln sind detailliert und liebevoll gezeichnet. Zwar treffen wir auf dem Weg nur wenige Personen, aber auf dem Weg sehen wir immer wieder hübsch animierte Tiere, die gar nicht selten an das sehr empfehlenswerte The Inner World erinnern. In manchen Abschnitten der Geschichte wechselt sogar das Wetter, wodurch die Umgebung abwechslungsreich bleibt.

Es spricht nichts dagegen hin und wieder Ruhemomente in Spielen einzubauen (v.a. wenn es thematisch zur Geschichte passen würde). Adventures wie Life is Strange zeigen, wie man das sehr gut und immersiv machen kann. Bei Minute of Islands wird das hingegen überstrapaziert und schadet dem Spielfluss enorm.
Gute Vertonung und solide Steuerung
Professionell ist die englische Vertonung. Zwar gibt es lediglich eine Sprecherin, doch die macht ihre Sache gut und trägt viel zur schönen Atmosphäre bei. Wer sich mit der englischen Sprache schwer tut, der kann deutsche Untertitel einstellen. Nahezu sämtlich Textpassagen sind kurz, wodurch das Mitlesen normalerweise kaum ins Gewicht fällt. Wenig Grund zur Kritik bietet im akustischen Bereich auch der Soundtrack, der recht nett zur Stimmung passt und sich nie unnötig aufdrängt.

Vereinzelt kann es jedoch vorkommen, dass am PC nur die Tastatur-Prompts beim Interagieren mit der Umgebung angezeigt wird, obwohl der Controller eingesteckt ist und im Spiel benutzbar ist. Ein Neustart löst dieses Problem oft. Klettern und Springen klappt dafür recht gut. Nur beim Herunterklettern kann Mo manchmal widerspenstig sein, was aber verschmerzbar ist.
'Minute of Islands' ist für mich leider eher ein Beispiel dafür, wie man durch interaktive Elemente eine Story unnötig verwässern kann. Als Bilderbuch hätte es prima funktionieren können: Die narrative Grundidee hat Potenzial, der Zeichenstil ist gewohnt großartig, das Setting fantasievoll und die verbissene weibliche Hauptfigur ist interessant. Für mich will nur die interaktive Umsetzung nicht zünden.
Die häufigen Unterbrechungen haben mich ständig aus dem Spielfluss gerissen. Ich will nicht wiederholt 20 Sekunden und länger zuschauen müssen, wie mir das Spiel etwas zeigt, das auch durch eigenständige Exploration ersichtlich ist. Und wenn es nichts mehr auf einer Insel zu tun gibt, möchte ich nicht den ganzen Weg zum Anfang erneut zurücklegen müssen. Solche und andere Probleme gibt es einige. Jeder dieser Punkte ist für sich genommen nicht allzu dramatisch, aber in Summe häuft es sich und schadet der Immersion.
Klar, natürlich schwebt da auch eine subjektive Komponente mit. Wer das enttäuschende Gameplay ausblenden und sich geduldig einzig auf den künstlerischen, atmosphärischen Aspekt konzentrieren kann, der könnte hier trotz aller Kritik gut bedient werden. Wer hingegen ein dynamisches Spielerlebnis sucht, der sollte einen Bogen um diesen Titel machen.
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Minute of Islands
- Entwickler
- Fizbin
- Publisher
- Mixtvision
- Release
- 13. Juni 2021
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- https://minute-of-islands.com/
- Sprachen
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- Stichwörter
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