The Isle Tide Hotel - Review

Die Entführung

Eine alte Frau entführt ein junges Mädchen, Eleanor Malone. In der Hand hält sie eine Mappe des Isle Tide Hotel. Klingt seltsam? Ist seltsam! Die alte Frau betritt die Wohnung, verwüstet sie in bester Gangster-Manier und überwältig die 17-jährige schließlich mithilfe einer Betäubungsspritze. Sie deponiert ein Abschiedsschreiben in der Wohnung und die Szene endet, als das Mädchen endgültig das Bewusstsein verliert.

Das ist die erste Szene des FMVs ‘The Isle Tide Hotel‘ – A British Twin Peaks von Wales Interactive. Wir spielen nicht etwa die Entführte Eleanor, sondern einen Mann mittleren Alters namens Josh, der sich auf die Suche nach dem verschwundenen Mädchen begibt. Alle Spuren führen zum Isle Tide Hotel, das nur für einige Tage alle paar Jahre geöffnet ist. Zimmer werden dort allerdings nicht vermietet, denn alle drei Jahren trifft sich dort ein merkwürdiger Kult.

Die Suche im Hotel

Nachdem wir uns mehr oder weniger kreativ Einlass zum Hotel besorgt haben, beginnt unsere Suche nach Eleanor. Dabei werden kurze Filmsequenzen abgespielt, die dann durch Entscheidungssequenzen unterbrochen werden. So können wir die Gelegenheit im Taxi auf der Fahrt zum Hotel direkt nutzen, den Fahrer nach einem jungen Mädchen zu fragen. Oder wir fragen nach dem Hotel oder nach den Kosten der Fahrt. Je nach Entscheidung erwarten uns andere Antworten und anderes Wissen, dass uns vielleicht später im Spiel nützlich ist und wiederum zu neuen Entscheidungsmöglichkeiten und einem anderen Spielverlauf führt.

Die ersten beiden Filmsequenzen sind dabei immer gleich: Erst findet die Entführung des Mädchens statt, dann treffen wir Josh bei seiner Fahrt mit dem Taxi ins Hotel. Wie es danach weitergeht, hängt maßgeblich von den ersten Entscheidungen ab, die wir treffen. Diese Entscheidungen können Antworten auf Dialoge sein oder Aktionen, die wir als nächstes machen wollen.

Da wir uns in einem Hotel befinden, durchsuchen wir im Laufe des Spiels auch das ein oder andere Zimmer. Wie in klassischen Adventurespielen, werden uns Hotspots angezeigt, mit denen wir dann interagieren können. Je nach Entscheidung folgt dann ein anderer Einspieler als Zwischensequenz. Da das ganze Spiel ein FMV bzw. interaktiver Film ist, benötigen wir nur Controller oder Maus zum Auswählen unserer Entscheidungen und Interaktionen.

Veränderung

Veränderungen spielt im Laufe des Spiels eine besondere Rolle, zum einen handelt es sich um ein FMV, also ein Full-Motion-Video mit sich verändernden Handlungsverläufen und unterschiedlichen Enden. Zum anderen spielt Veränderung auch innerhalb der Storyline eine wichtige Rolle. So oder so: Veränderungen im Handlungsgeschehen, die aufgrund unserer Entscheidungen passieren, können wir im Inventar nachverfolgen. Hier gibt es Reihe von Rubriken, die uns genau sehen lassen, welche Dokumente, Personen, Zimmer und Enden wir schon entdeckt haben.

Auch die Spielzeit ist veränderbar. Ein Durchlauf liegt zwischen 60 und 90 Minuten, je nach Handlungsverlauf. Bereits erlebte und gespielte Szenen können wir übrigens ab dem zweiten Durchlauf mit der TAB-Taste überspringen. ‘The Isle Tide Hotel‘ kann mit deutschen Untertiteln und Menütexten gespielt werden.

Trash oder Blockbuster?

Ja, wer genau hinsieht, erkennt Wes Andersons „Grand Budapest Hotel“ in ‘The Isle Tide Hotel‘ wieder. Die Bilder, die Szenen und die Charaktere: All das ist dem Klassiker nachempfunden, ohne an ihn heranzukommen. Hollywood hat mehr Budget. Die Bilder sind trashiger, die Charaktere überspitzter und die Dialoge nicht hundertprozentig ausgefeilt. Dennoch ist ‘ The Isle Tide Hotel‘ kein B-Movie und Abklatsch.

Ganz im Gegenteil, Regie, Schauspieler, Dialoge und Story haben mich trotz trashigem Unterton überzeugt, einige der Schauspieler kannte ich sogar aus der ein und anderen britischen Fernsehproduktion. Passend ist auch der Soundtrack, der das Geschehen prima untermalt und immer mal wieder gewollt hängt, wie eine gesprungene Schallplatte.