Ursprünglich war 'Assassin’s Creed Rogue' als "Comet" nicht mehr als ein Gerücht und im Rahmen der Marketing-Offensive für den großen Bruder 'Unity' verstummten die Stimmen. Auf der diesjährigen Gamescom kündigte Ubisoft 'Assassin’s Creed Rogue' dann jedoch offiziell angekündigt. Als letztes Spiel der 'Assassin’s Creed' Reihe auf den alten Konsolen PS3 und Xbox 360 dürfen Spieler das erste Mal in die Haut eines Templers schlüpfen und als Shay Patrick Cormac den Nordatlantik unsicher machen. Am 13. November erschien 'Rogue' und versucht nun, als Abgesang auf die alte Konsolengeneration die Lücke zwischen 'Assassin’s Creed 3' und 'Assassin’s Creed 4 Black Flag' zu schließen und die "Kenway Saga" zu einem würdigen Abschluss zu bringen. Dass Rogue mehr Evolution als Revolution ist, sollte niemanden überraschen. Ob dies gelingt, oder ob Rogue nur "more of the same" ist, erfahrt Ihr in unserem Storytellers Review.

Eine Brücke zwischen zwei Welten
Auch wenn Assassin’s Creed Rogue der finale Teil der Kenway Saga sein soll, der Assassin’s Creed 3 und Assassin’s Creed 4 Black Flag miteinander verbindet, erzählt das Spiel die Geschichte des bisher unbekannten Charakters Shay Patrick Cormac. Der Spieler begegnet Shay als jungem Assassinen, der noch viel zu lernen hat und der in der Hierarchie der Bruderschaft keine herausragende Rolle spielt. Zunächst wirkt er wenig sympathisch, beschwert sich, jammert und hält sich für einen ziemlichen Frauenhelden. Obwohl seine Beschwerden über die Assassinen und Mentor Achilles rein egoistisch sind, verändert doch eine besonders fatale Mission seine Perspektive auf viele Dinge. Entsetzt wendet er sich von seinen Brüdern ab und springt gerade noch dem Tod von der Schippe.Über Umwege gerät er an die Templer, die den jungen Assassinen in ihre Mitte aufnehmen und für ihre Zwecke einsetzen, um die Assassinen mit chirurgischer Präzision aus den Kolonien zu entfernen. Rogue ist gespickt mit Referenzen an frühere Spiele und das Expanded Universe. So gibt es zum Beispiel diverse Briefe, die auf Geschehnisse aus Assassin’s Creed Liberation oder aus dem Buch Forsaken, dem Roman zu Assassin’s Creed 3, verweisen. Fans der Serie fühlen sich hier gut aufgehoben, viele Briefe sind mit einer gehörigen Portion Humor versehen und sorgen für wohlwollende Schmunzler.
Ein wenig sind die Eigenreferenzen gleichzeitig Fluch und Segen, denn besonders einsteigerfreundlich ist das Ganze nicht. Gerade losgelöst von seinen Vorgängern funktioniert Shays Story nicht allzu gut. Zu oberflächlich wirken seine Motive, zu harsch der Wechsel ins feindliche Lager. Wie gewohnt, gibt es auch einen Part in der Gegenwart, in dem der Spieler wie bereits in Black Flag, einen Abstergo Entertainment Mitarbeiter in First Person spielt. Das helle, moderne Studio aus Black Flag ist jedoch unordentlich, chaotisch und merkwürdig fremd. Das augenzwinkernde Meta-Gameplay aus Black Flag wird hier versucht zu imitieren, was jedoch nur teilweise gelingt, zumal auch das Material, dass der Spieler während seinen Erkundungen entdeckt, nicht ganz so hochwertig ist wie im Vorgänger.
Besonders überrascht hat mich das ausgezeichnete Ende, das Assassin’s Creed Rogue perfekt an Assassin’s Cred 3 anbindet und noch eine sehr feine Überraschung bereithält. Trotz anfänglicher Skepsis würde ich mich freuen, Shay in zukünftigen Einträgen der Serie wieder zu treffen: als Gegner oder Verbündeten, wer weiß?
Optimiert, nicht neu erfunden
Am Nahkampf hat sich nicht viel verändert: Shay trägt Schwert und Dolch, was sich ähnlich spielt wie Edward mit zwei Schwertern. Ein letztes Mal dürfen sich Spieler so an Counter Kills und Killstreaks versuchen, bevor mit Unity ein neues Kapitel aufgeschlagen wird.
Neu sind vor allem Granaten, die mehrere Gegner gleichzeitig ausschalten, die wahlweise mit Schlafgas, Berserker-Gas oder Schrapnell befüllt werden können. Die überwiegend offene Welt von Rogue ist riesig. Mit New York, dem River Valley und der großen Nordatlantik-Region gibt es unglaublich viele Höhlen, Schiffswracks (wenn auch nicht unter Wasser) und Siedlungen zu entdecken und erkunden. Zahlreiche Mini- Missionen bieten forschungsfreudigen Spielern stundenlanges optionales Gameplay. Anders als in Black Flag gilt es dieses Mal gleich drei Rüstungen zu finden, jedoch ist dies nicht begleitet von coolen Substories wie noch im Vorgänger, sondern erfordert viel Wille zur Exploration, Geduld und vor allem Zeit. Die Belohnungen sind jedoch wirklich klasse und ich kann mich noch nicht entscheiden, ob mein Favorit das Wikinger- oder das 12. Jahrhundert Templer Outfit ist. Es darf auch wieder gejagt werden, viele Tiere sind bereits bekannt aus AC 3 und AC 4, allen voran Wale, Wölfe, Elche, Bären, etc. die teilweise auch in arktischer Variante zu finden sind. Das Walfang-Gameplay aus Black Flag wurde erweitert, denn Eisberge erschweren es dem Spieler, die Tiere an der Leine zu halten. Leider macht sich im Spiel mit der offenen Welt auch das teilweise sehr ungeschickte Level-Design bemerkbar. Wie bereits in den Vorgängern hadert Rogue auch wieder mit Kollisionsabfragen. In Black Flag wurde dieses Problem vor allen in der Open World geschickt umgangen, indem es zum Beispiel so gut wie immer mehr als eine Möglichkeit gab, von A nach B zu gelangen. Das Level-Design in Rogue ist in vielen Teilen deutlich linearer; regelmäßig gibt es genau einen Weg um an eine Schatztruhe oder ein anderes Collectible zu gelangen. Wenn dies dann aufgrund der Kollision nicht gut funktioniert, wird dies schnell unnötig frustrierend.
Forts aus Black Flag gibt es hier ebenso wie eine Variante, die am ehesten an die Borgia Tuerme aus Brotherhood erinnern. In New York, sowie einigen Städten in River Valley und im Nordatlantik wird das Fort Gameplay durch eine Infiltration eines Sperrgebietes ersetzt. Spieler müssen hier verschiedene Aufgaben erfüllen um das Gebiet für sich (die Templer) einnehmen zu können. Besonders hierbei ist die KI der "Gebietsbosse", die sich verhalten wie echte Assassinen, sich verstecken, von oben angreifen und insgesamt wirklich nicht leicht zu besiegen sind. Es empfiehlt sich, aus dem Schatten zuzuschlagen, auch wenn dies mehr Geduld erfordert.
Apropos Gegner. Als Verräter der Assassinenbruderschaft wird Shay aktiv gejagt. Immer wieder wird er von Assassinen angegriffen, die aus Verstecken, oder zum Beispiel von oben herab angreifen. Deren Präsenz wird, ähnlich wie im Multiplayer, durch Flüstern angekündigt. Mit Hilfe der Eagle Vision kann Shay dann ihre Position ausmachen und sie entweder aus ihrem Versteck locken oder den Angriff rechtzeitig abwehren.
Morrigan
Shays Schiff, die Morrigan, unterscheidet sich nur wenig von Edward Kenways Jackdaw, hat jedoch, der tiefen Taschen der Templer sei dank, einige neue, nette Spielzeuge. Der eisbrechende Rammbock sieht zwar cool aus, wirkt sich jedoch kaum aufs Gameplay aus. Spannender ist die Puckle Gun, eine frühere Variante einer automatischen Waffe, die in schneller Abfolge mehrere Schüsse abgeben kann. Besonders für das Fort Gameplay wirklich eine interessante Waffe. Was ebenfalls neu ist, ist dass Shays Schiff von Gegnern auch gerammt und gekapert werden kann und der Spieler sich in der Position befindet, sein Schiff vor den Eindringlingen verteidigen zu müssen.
Insgesamt sind die Weiterentwicklungen gelungene Verfeinerungen des bereits gut funktionierenden Gameplay zu See und stimmen einen dann doch ein bisschen melancholisch, wenn dieser Aspekt der Assassin’s Creed Serie (zumindest erstmal) für die neue Generation keine Rolle spielt. Wie wärs Ubisoft, ein Assassin’s Creed mit Wikingern?
Frostige Weiten, blühende Täler
Als Spiel der "letzten Generation" ist die grafische Qualität von Rogue ein bisschen durchwachsen. Wenn auch technisch nicht auf dem neuesten Niveau und auch teilweise im Vergleich zu Black Flag ein bisschen "eckiger", zeichnet sich Rogue vor allem durch gutes Design aus. Die Aurora Borealis (Nordlichter) im Nordatlantik, die sich im Meer spiegeln und unter der Wasseroberfläche einen unheimlichen, grünen Schimmer hinterlassen, sind traumhaft schön geworden. Auch die kleineren Siedlungen, wie zum Beispiel Halifax, haben einen ganz eigenen Charm und verkörpern den Pioniergeist der Zeit geradezu perfekt.
So schön das Environmental Design auch ist, so unterschiedlich ist die Qualität je nach Region. River Valley und New York hätten auch aus Assassin’s Creed 3 stammen können und wirken nach Black Flag und neben dem ausgezeichneten Nordatlantik vor allem altbacken und suboptimal ausgeleuchtet. Das Charakterdesign ist nicht herausragend, auch Shay fällt in die Kategorie: groß, breitschultrig, dunkles Haar, weiße Haut, ebenso wie die meisten der Gesellen, die ihm auf seiner Reise begegnen. Als kantiger Antiheld macht er dennoch eine gute Figur und die Verwandlung vom Assassinen-Milchbubi mit Rotzbremse zum kalten Templer- Vollstrecker ist durchaus gelungen. Mit viel Liebe zum Detail wurden historische Uniformen designt und modelliert, vor allem James Cook, der Shay teilweise begleitet, sieht so aus, als sei er einem kontemporären Ölgemälde entsprungen.
Dass Rogue ein "Last Gen" Spiel ist, sieht man doch sehr deutlich, auch wenn technische Fehler weites gehend ausgemerzt sind, und das Spiel zumindest auf der Xbox 360 ausgesprochen stabil läuft. Insgesamt könnte man beinahe meinen, Rogue sei ein melancholischer Abgesang auf die alte Konsolengeneration, ein Salut an eine der längsten und interessantesten Epochen der Spielehistorie.
Shanty!
Shay fällt definitiv nicht in das "grummelige, tiefe Bariton Stimme" Spektrum und ist eine willkommene Abwechslung, der irische Akzent verleiht ihm einen ganz eigenen Charme. James Cook, der mit schottischem Akzent spricht, klingt ebenfalls ausgezeichnet. Wieder mit dabei sind die Sprecher von Adewale aus Black Flag, sowie Haytham Kenway, der im Original mit viel Ausdruck von dem kanadischen Schauspieler Adrian Hough gesprochen wird. Die Performanz der Nebencharaktere ist leider etwas durchwachsen, die Intonierung ist zum Beispiel nicht immer passend.
Der Soundtrack von Rogue kann sich durchaus hören lassen, schafft es jedoch nicht ganz an den herausragenden Soundtrack von Black Flag anzuknüpfen. Wieder mit dabei sind die allseits beliebten Shanties, die von der Crew der Morrigan unterwegs intoniert werden sowie die stimmungsvollen Folk Songs, die in Pubs belauscht werden können.
Sonstiges
Als Spiel der "Alten Generation" erscheint Assassin’s Creed Rogue zunächst nur für Sonys Playstation 3 und Microsofts Xbox 360, eine PC Version ist jedoch bereits angekündigt. Zum ersten Mal seit Assassin’s Creed 2, hat Rogue keinen Multiplayer Modus und ist so ein reines Singleplayer Abenteuer. Ob es DLCs geben wird, ist bisher unbekannt, einen Season Pass wie für Black Flag oder auch Unity gibt es bisher jedoch nicht. Mit der Collectors Edition und als Belohnung für diverse Vorbesteller gibt es einige DLCs, die jedoch in Umfang und Impact vernachlässigbar sind.

Erstaunlicherweise fällt es Rogue leichter, seine Produktionsgeschwister Assassin’s Creed 3 und Assassing Creed Black Flag miteinander zu verknüpfen, als eine eigene, kohärente Narrative zu entwickeln. Shays Geschichte und vor allem sein Wechsel zu den Templern wirkt erzwungen und ist nicht gut genug ausgearbeitet, um vollends glaubwürdig zu werden. Dennoch ist Shay ein exzellenter Antiheld, der die Motive der Templer menschlich und greifbar wirken lässt. Was die Narrative nicht zusammenhält wird jedoch vom ausgezeichneten Gameplay wett gemacht. Viele Mechaniken aus Black Flag wurden verbessert und verfeinert, um einen flüssigeren Spielablauf zu garantieren. Leider ist das Level- und World Design nicht durchgängig auf dem gleichen hohen Niveau, so dass einige Aufgaben unnötig frustrierend sind. Sicher ist Rogue mehr Evolution als Revolution, es ist jedoch auch deutlich mehr als "More of the Same".
Die spielerischen Neuerungen bringen zusätzlichen Spaß, jedoch wenig echte Herausforderungen. Die neuen Schauplätze und die Vielzahl an Aktivitäten laden jedoch zum Erforschen ein. Erstaunt hat mich, wie gut Rogue in die Welt von Assassin’s Creed passt. Gekonnt werden hier verschieden Handlungsstränge aus verschiedenen Spielen miteinander verbunden um der "Kenway Saga" einen würdigen Abschluss zu bereiten und die große Lücke zwischen Black Flag und Assassin’s Creed 3 zu schließen. Genrefans kommen an Assassin’s Creed Rogue einfach nicht vorbei, ebenso werden sich Polygon- Romantiker auf den Wogen des Nordatlantik wie zuhause fühlen. Wer nach Black Flag jedoch vom Gameplay noch immer nicht überzeugt ist, wird sich auch mit Rogue schwer tun. Ich persönlich habe die ca. 40 Stunden sehr genossen und werde definitiv später noch zusätzliche Zeit investieren, um auf 100% zu kommen.
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Assassins Creed: Rogue
- Entwickler
- Ubisoft
- Publisher
- Ubisoft
- Release
- 13. November 2014
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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