Naughty Dogs Action-Adventure 'Uncharted 4: A Thief's End' knüpft an die höchst erfolgreiche Trilogie an und wird die Geschichte rund um den charmanten Dieb Nathan “Nate“ Drake auf die eine oder andere Art und Weise abschließen. Doch wie genau geht es mit ihm, Elena und Sully also weiter? Um das zu erfahren, wagten wir uns erneut ins Feuergefecht. Im Storyteller-Test befassen wir uns auch ein wenig mit den Vorgängern und mit 'The Last of Us'.

Einmal ein Dieb...
Kann ein Dieb das Stehlen hinter sich lassen, um ein ehrbares Leben zu führen? Um diese Frage dreht sich 'Uncharted 4'. Nach längerem Hin-und-her in den vergangenen drei Teilen, erleben wir Elena und Nate zunächst als konventionelles Ehepaar. Leben-oder-Tod-Entscheidungen hat es länger keine gegeben, höchstens die Frage, wer den nächsten Abwasch erledigen soll. Ein Leben ohne Abenteuer, ohne Kugelhagel, ohne Lügen. Eine ungewohnte Situation für einen ehemaligen Dieb, der schon als Kind gerne in akrobatischer Manier viele Meter über dem Abgrund baumelte und der die Suche nach Schätzen liebt...
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Elena und Nate beim Videospielen... |
Natürlich hat Naughty Dog nicht vor, die Action an den Nagel zu hängen. Es bleibt nicht bei trauter Zweisamkeit: Als eines Tages sein totgeglaubter Bruder Samuel vor der Tür steht und seine Hilfe bei der Suche nach Averys berühmten Piratenschatz benötigt, steht Nate vor einem Dilemma. Nicht nur, weil er sich ihm gegenüber schuldig fühlt. Lässt er Sam im Stich, droht ein mächtiger Verbrecher ihn zu ermorden. Nebenbei hat der Schatz eine spezielle Bedeutung, die mit seiner Vergangenheit in Zusammenhang steht.
Nate kontaktiert sofort seinen alten Freund Sully, um ein letztes Ding zu drehen. Natürlich ohne Elena ein Wörtchen davon zu sagen. Jedenfalls nicht die Wahrheit. So beginnt eine wilde Schnitzeljagd, bei der es natürlich auch andere Widersacher gibt. Wir wollen nicht unnötig ins Detail gehen, um Euch den Spaß nicht zu verderben.
Eine runde Geschichte
Inhaltlich gibt es an 'Uncharted 4' wenig auszusetzen. Das Action-Adventure wartet mit gewohnt viel Abwechslung auf und mit interessanten Destinationen, wie z.B. Madagaskar. Natürlich wird Mainstream-Story-Kost geboten, jedoch auf einem Niveau, das mit guten Blockbustern im Kino problemlos mithalten kann. Die Charaktere sind wohl durchdacht und die Geschichte wurde klug auf dem inneren Konflikt des Protagonisten aufgebaut. Ob man Piraten mag oder nicht, ein anderer Schatz hätte narrativ gesehen nicht funktioniert.
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Sams Auftauchen ändert alles |
Sollte man die Trilogie gespielt haben, die sich u.a. mit El Dorado, Shambala und der verschollenen Stadt Iram beschäftigt? Es ist durchaus möglich, als Neuling direkt mit dem vierten Teil zu starten, doch davon ist abzuraten. Dafür lebt die Reihe zu sehr davon, dass die Beziehung der drei Hauptcharaktere sich schrittweise entwickelt. Wer die Vorgänger kennt, versteht viele Details besser und den wird die Story emotional stärker bewegen. Allerdings sollte man gerade beim ersten Teil auf ein unausgewogenes, sehr shooter-lastiges Spielkonzept mit dünner Story gefasst sein.
Gameplay-Lektionen der Vergangenheit
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Interesse am sagenhaften Piratenschatz hat auch dieses Duo |
Die Macher zeichnen sich dadurch aus, nie in der Entwicklung stehen zu bleiben und aus Fehlern zu lernen. Während der erste Teil im narrativen, spielerischen und explorativen Bereich sehr ausbaufähig ist, erreichen die Nachfolger fast überall ein sehr unterhaltsames Niveau. Allerdings ist zu bedenken, dass das Spektakel der Logik über die gesamte Trilogie hinweg deutlich übergeordnet ist. Wenn in einem lichterloh brennenden Gebäude unzählige Kriminelle nichts besseres zu tun haben, als wie bekloppt auf Nate zu ballern... tja, dann sollte man es mit Humor nehmen können, sonst ist es das falsche Spiel. Ernst nimmt sich die Reihe jedenfalls ohnehin nicht und an Humor mangelt es nicht.
Mitunter recht witzig ist auch der vierte Teil, wobei die eindrucksvoll inszenierte Action diesmal weniger übertrieben ist und in einem ausgewogeneren Verhältnis zu Exploration, Klettereinlagen und leicht bekömmlichen Rätseln steht.
Auf in den Kugelhagel
Die 'Uncharted'-Reihe ist und bleibt vorwiegend etwas für jene, die mit dem exzessiven Einsatz von Schusswaffen in Spielen kein Problem haben. Daran ändert der vierte Teil nichts. Im Normalfall verbringt man locker 40% der Spielzeit damit, mit dutzenden Gegenspielern Kugeln auszutauschen und von einer Deckung zur nächsten zu hechten. Einige Deckungen werden nach einer Weile sogar zerschossen, wodurch man sich eiligst einen anderen Schutz suchen muss. Auch die Gegner verharren nie auf einem Platz und Stress ist vorprogrammiert.
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An Feinden mangelt es nicht, aber oft ist es klüger, unentdeckt zu bleiben |
Der Schwierigkeitsgrad beginnt angenehm langsam und steigert sich kontinuierlich. Das Gamedesign ist hervorragend gestaltet und etabliert behutsam immer wieder neue Spielelemente, die man in Ruhe verinnerlichen kann. Ernst wird es erst nach ein paar Stunden. Bis dahin fühlt man sich phasenweise eher wie in einem Adventure von Quantic Dream. Dennoch ist 'Uncharted 4' kein einfaches Spiel. Wenn man von einem rasenden Auto an einem Seil im Eiltempo durch den Dreck gezogen wird (völlig ohne jede Übertreibung geht es auch diesmal nicht) und versuchen muss, auf diverse Gegner zu schießen und ohne plötzlich in ein tödliches Hindernis zu knallen, oder zu viel Blei zu schlucken... nun, diese und andere Situationen sind nicht ohne. Eine leichte Schwierigkeitsstufe steht zwar zur Verfügung, doch selbst die ist nicht zu unterschätzen. Das Speichersystem ist dafür recht entgegenkommend. Gespeichert wird manuell und automatisch.
Assassin's Creed, Tomb Raider und co.
Selbstverständlich gibt es auch ausreichend Spielelemente, die nichts mit Gewalt zu tun haben: Wir Klettern, Schleichen, Erkunden die Umgebung (zu Fuß, unter Wasser oder per Gefährt) und lösen kleine Rätsel. Und es gibt optionale Gespräche mit dem jeweiligen Gefährten, oder der Gefährtin. Diese ändern jedoch nichts am linearen Story-Verlauf.
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Die Kletterpassagen regen manchmal zum Nachdenken an |
Zwar ist 'Uncharted 4' - wie bisher - kein Open-World-Titel, trotzdem bietet es auch große Areale, die relativ frei und ungestört zur Erkunden sind, so man das denn möchte. Mehr als 100 Schätze wurden versteckt, sowie alte Notizen, die mit dem Piratenschatz in Verbindung stehen. Jedes gefundene Objekt können wir uns im Optionsmenü ansehen, wobei sich die Entwickler offensichtlich um eine authentische Darstellung bemühten. Das zeigt sich auch bei der Darstellung der Umgebung und man spürt, dass dem sehr viel Recherche zugrunde liegen dürfte. Dieser Ausflug wird zudem durch die tolle grafische Umsetzung versüßt (mit fließenden Überängen zwischen In-Game-Grafik und Zwischensequenzen) und auch sonst ist die technische Umsetzung einwandfrei. Übrigens bewegt sich sogar die deutsche Vertonung auf einem guten Niveau.
Inspiration stammt von vielen Spielen, nicht nur von 'Tomb Raider', mit dem es zahlreiche Gameplay-Elemente teilt. Und natürlich darf auch das 'Indiana Jones'-Flair nicht fehlen. Ähnlich wie bei 'Assassin's Creed 2' gibt es sehr interessante Kletter-Parkours, die zum Nachdenken anregen und die etwas länger dauern. Timing ist immer wieder wichtig, sonst endet das Abenteuer tödlich. Den Stealth-Aspekt vermochten die Entwickler wiederum bereits beim großartigen 'The Last of Us' zu perfektionieren. Diese Erfahrung schimmert nun bei 'A Thief's End' bis zum Ende durch. Auch für Nathan Drake gilt: wenn einen die Gegner noch nicht entdeckt haben, ist es klüger, wenn das so bleibt. Einige Abschnitte sind tatsächlich erstaunlich blutarm bewältigbar, doch das ist natürlich besonders schwierig...
Abenteuer mit Rätseln
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Ein namenloser Pirat, der sehr an Guybrush erinnert und ein Affensymbol als Wappen hat... Zufall? |
In vielen Segmenten findet man kleine Rätsel, nicht nur beim häufigen Klettern. Manche sind allein durch Erkundung zu bewältigen, z.B. wenn es darum geht, ein Hindernis zu überqueren. Sei es nun ein Abgrund, oder eine glitschige Steigung, die der Jeep nicht schafft. Dann wäre da noch z.B. ein Lift-Mechanismus, den es zu reparieren gilt und viele geheimnisvolle Drehtafeln. Dass Naughty Dog klassische Point&Click-Adventures gespielt haben dürfte, daran gibt es kaum einen Zweifel. In 'Uncharted 4' wartet sogar eine amüsante Anspielung auf 'Monkey Island'.
Selbst das heimliche Ausschalten von Gegnern erinnert manchmal an ein Rätsel: Welcher Gegner hat wen ihm Auge und wen kann ich wann am ehesten ungesehen beseitigen. Üblicherweise gibt es hier mehrere Varianten und es teils bleibt kurz Zeit, um sich erneut zu verstecken, ohne den Alarm auszulösen. Dennoch braucht es nicht viel, um sich in ernste Schwierigkeiten zu bringen.
Als Adventure-Fan darf man selbstverständlich kritisieren, dass einem das Spiel manchmal zu voreilig Tipps entgegen schleudert und auch Nates Tagebuch-Notizen sind teils eindeutiger als notwendig. Gleichzeitig ist es bei einem Action-Adventure keine Überraschung, dass die Entwickler in diesem Bereich Frust vermeiden wollen und dieses Gameplay-Element hat nie im Zentrum der Reihe gestanden. Durch die sehr gesunde Mischung hat mich 'Uncharted 4 - A Thief's End' bei schätzungsweise 15 bis 20 Stunden Spielzeit in jedem Fall nie gelangweilt. Im Gegenteil!

Es ist toll zu sehen, wie Naughty Dog sich mit jedem neuen Spiel weiterentwickelt. 'The Last of Us' war klasse, aber in spielerischer Hinsicht auf Dauer etwas eintönig (was natürlich durch die Story kompensiert wurde). 'Uncharted 4' bietet gewissermaßen das komplette Paket, also mit guter Geschichte, tollem Gameplay, packender Action und stimmungsvoller Grafik. Es setzt nahezu alles perfekt um, was es sich vornimmt. Wer Action-Adventures zu schätzen weiß und eine PlayStation 4 hat, für den führt kein Weg daran vorbei. Großartig!
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Uncharted 4: A Thief's End
- Entwickler
- Naughty Dog
- Publisher
- Sony
- Release
- 10. Mai 2016
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award • Storyteller des Jahres • Storyteller des Jahres Redaktionswahl
- Spielzeit
- 15-20 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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