Anlässlich des 30jährigen Jubileums der Firma hatte ich heute die fixe Idee einen Test zu KQ7 zu schreiben. Hätte ich mal nicht auf mich gehört und stattdessen einen Klassiker wie Teil 3 installiert, wo trotz lausiger EGA-Grafik von vorne bis hinten alles stimmt. Nein! Ich wollte Kings Quest 7. Dieser Teufel in meinem Kopf war wieder da. Nachdem ich ca. eine Stunde versucht habe, dass Spiel unter XP zum laufen zu bringen (wie es tatsächlich funktioniert ist höhere Mathematik, lest selbst unter http://www.ntcompatible.com/cdetail9520.html) lief es plötzlich tatsächlich. In einem winzigen Fensterchen konnte ich den vollanimierten Vorspann bestaunen, in dem die abstoßenden Synchronstimmen dem Spiel schon sämtliche Chancen nehmen, bevor es überhaupt angefangen hat.
Nicht nur, dass die deutschen Stimmen teilweise einfach über die noch deutlich hörbaren englischen Stimmen drüber gesprochen wurden, sie intonieren alles so grauenhaft übertrieben, dass man sich fragen muss, warum um alles in der Welt man das Feature nicht abschalten kann? Es gibt keine Möglichkeit, die Stimmen verstummen zu lassen und sich die Dialoge als Text anzeigen zu lassen. Und selbst für diejenigen, die das Gebrabbel spaßig finden: verstehen kann man es auch kaum. Musik und Sprachausgabe lassen sich NUR ZUSAMMEN hoch und runter regeln und die Musik ist immer um ein beträchtliches lauter als die Sprache. By the way: die Mucke ist ebenfalls furchtbar. Um das Spiel also zu verstehen muss ich mir a) grausige Synchro antun und b) grausige Mucke und das c) auf voller Lautstärke, da ich sonst die grausige Synchro nicht verstehe. Super.
Um fair zu bleiben kann ich ja auch erwähnen, dass KQ7 nicht alles falsch macht. Alle Goodies zum Beispiel, die man am Wegesrand findet und mitnehmen kann, lassen sich in 3D-Rendergrafik betrachten, wo man sie dann drehen und wenden kann und so auf manches Geheimnis stößt. Die Hintergründe sind beinahe ausnahmslos schön gezeichnet und werden in Zeichentrickstil gehalten. Das sollte auch mit den Figuren passieren. Leider sind die Animationen, obwohl reichlich vorhanden, oft so abgehackt, dass man eher an die billigen Cartoons auf TM3 erinnert wird (wie MC Hammer oder Double Dragon) als an Vorbild Disney.
Das Gameplay wartet mit einem interessanten Feature auf. Kapitelweise steuert man abwechselnd Mutter und Tochter. Erstere will letztere finden um wieder nach Hause zu kommen, nachdem die Tochter in einen Teich gesprungen war und so in ein Zauberreich teleportiert wurde (genau!). Dieses originelle Feature wird aber im Keim erstickt, denn weder mit Mutter, noch mit Tochter macht das Spiel spaß (Obwohl die Kapitel mit der Mutter noch schlimmer sind). Die Figuren bewegen sich relativ langsam und schnelle Doppelklicks gibt es nicht. Da die Kapitel oft viele Bildschirme umfassen knirscht man schon nach kurzer Zeit mit den Zähnen, wenn man wieder 6 Bildschirme durchqueren muss um dahin zu gelangen wo man hin will. Die Interaktion mit den zahlreichen Nebencharakteren ist unglaublich unbeholfen gelöst. Oft reagiert die Protagonistin auf Geschehnisse mit Aussprüchen wie "Du meine Güte." Danach soll man sich wohl selber zusammenreimen, was gerade geschehen ist. Gespräche mit soeben zum ersten mal auftauchenden Figuren kommen meistens garnicht erst zu Stande. Entweder man kommt ohne Umschweife sofort auf den Punkt (hilfst du mir?) oder die Spielfigur gibt zu verstehen, dass erst gewisse Dinge passieren müssen, bis man überhaupt einen vernünftigen Satz von ihnen erfährt. Das mag zwar total penibel klingen, aber das Spiel verhindert so, dass der Spieler in irgendeiner Form Zugang zum Spiel findet. Ständig hat man das Gefühl einen bizarren Ren und Stimpy Cartoon zu sehen.
Ein Beispiel: Wir sehen eine Maus, die von einem Hasen verfolgt wird, der eine Brille trägt. (Die Szene ist mit etwa 2 Bildern pro Sekunde animiert). Später finden wir ein kleines Häuschen mit einem Schild an der Tür: Seltene Raritäten. (muss vom gleichen Inhaber des Geschäfts für "alte Oldtimer" und "alltägliche Banalitäten" sein.) Wir klopfen an, die Maus macht auf. In Reimen gibt sie einem zu verstehen, dass sie nichts sehen kann. Jemand hat ihr die Brille geklaut. Reden kann man daher auch nicht mit ihr. Interessant. Naja, wenigstens ist uns klar, welches Schlitzohr die Brille geklaut hat. Der Hase wohnt in einem Loch vor dem Haus, aber wenn ich das Loch anwähle kommt er immer raus und verspottet mich. Ok, versuche ich mal das Horn, dass ich in der Wüste gefunden habe mit dem Loch zu benutzen. Ich nehme das Horn aus dem Inventar. Aber die Mama sagt mir, nachdem sie versucht hat durchzublasen, dass es mit Sand verstopft ist. Ist das die richtige Methode dem Spieler mitzuteilen, dass das Horn jetzt vom Sand befreit wurde? Nein! Ein einziger Satz (So, jetzt funktionierts.) hätte das erledigt. So sucht man nach einer Methode das Horn zu reinigen. Irgendwann probiert man es natürlich trotzdem wieder. Ah, es geht! Zweiter Versuch: benutz das Horn mit dem Loch. Nix passiert, stattdessen kommt der Hase wieder raus und macht mir eine lange Nase. Erst bei dritten Versuch tröte ich das Karnickel aus dem Loch und es verliert die Brille. Mit der gehe ich zum Maushaus zurück und gebe sie dem blinden Ding. Aber ein Gespräch kommt dennoch nicht zustande. Ich kann gerade noch nach meiner Tochter fragen (reimend sagt mir die Maus, dass sie sie nicht gesehen hat), da ist der Chitchat auch schon zu Ende und das was bleibt ist, dass ich meine Habe Stück für Stück zum Tausch anbieten kann, wobei die Maus (REIMEND) Gegenangebote macht. Irgendwann ist bestimmt was dabei, das die Mama eintauschen will (der Spieler hat dabei nichts zu melden). Vielleicht kann man es an meinem geschriebenen Beispiel nicht gut erkennen, aber die fehlenden Dialoge (schlechte Synchro und kaum hörbar außer acht gelassen) sind ein Problem. Wenn ich keine Dialogauswahl habe, dann muss das Programm selbständig einen Dialog aufbauen der nachvollziehbar und interessant ist. Nach zwei Stunden Spielzeit weiß ich noch immer nicht in was für einem bekloppten Land ich gerade gelandet bin. WTF? Ist das nicht das erste, was ich einen Anwohner fragen würde?
Die Rätsel sind teilweise recht interessant (meistens sind das die Bilderrätsel, die es zu entschlüsseln gilt) und größtenteils haarsträubend konfus. Ereignisse die völlig losgelöst von einem Rätsel sind, müssen getriggert werden, damit man an einer Stelle weiterkommt. Ich betrachte ein Bilderrätsel an einer Felswand. Das sagt mir (in Symbolen) wie man mittels 2 bis 3 Aktionen einen Brunnen leert, auf dessen Grund ein Geheimnis ist. Nach ein paar Versuchen finde ich raus was zu machen ist und der Brunnen ist leer. Bilderrätsel entschlüsselt. Leider ist das erneute Anschauen des Rätsels notwendig um das Platzen eines vertrockneten Kürbisses zu triggern, den man ein wenig weiter finden kann. Wenn ich das Brunnenrätsel schon gelöst habe, wie groß stehen dann die Chancen, dass ich mir die Bilder nochmal anschaue UM EINEN KÜRBIS PLATZEN ZU LASSEN? Junge, junge, wer hat das bloß verbrochen?
Ein großer Teil der Story ist für jüngere Spieler gedacht (das Spiel warb auch als "Spiel für die ganze Familie"). Durch abstruse Rätsel und verdammt schnelles Handeln, dass man teilweise an den Tag legen muss um nicht zu sterben (passiert immer noch reichlich) macht das Spiel für die kleineren ebenfalls ungeeignet.
Alles in allem ist das Spiel einfach komplett vergeigt worden. Die paar gelungenen Ansätze verlieren sich in einer Vielzahl von stümperhaften Fehlern, die man erstens der Adventuregroßmutter Roberta Williams nicht zugetraut und zweitens nicht in einer so etablierten Reihe wie Kings Quest erwartet hätte.
Für mich ist Kings Quest 7 das mit abstand schlimmste Grafikadventure, was ich in meinem Vierteljahrhundert, das ich schon auf dieser Erde verbracht habe, jemals zu Gesicht bekommen habe. Eine gute Sache hatte mein Idee eines KQ7 Tests dann doch: Ich bin die perverse Faszination an Softwarenieten los. Meine KQ7 Kopie liegt jetzt im Plastikmüll. Und da gehört sie hin. Wer sich meine Hasstirade bis hierhin durchgelesen hat, den bitte ich meine Verschwendung seiner Zeit zu entschuldigen. Da ich keinen Sinn darin sah, einen richtigen Test zu schreiben, musste ich meine angestaute Wut im Forum rauslassen. Ihr haltet Kings Quest 7 für eine Supernummer und mich für einen kompletten Idioten? Na dann möchte ich eine vernünftige Verteidigung hören
