Innovative Spielkonzepte bei Adventures?

[Thurgor]

Hallo allerseits,
Welches Adventure der letzten 15 oder 20 Jahre fandet Ihr richtig innovativ und eigenständig?
Für mich liegt dabei eindeutig The Last Express an erster Stelle, weil's als erstes ein konsequentes Quasi-Echtzeit-Erlebnis lieferte (im Ansatz hat das schon The Case of the Cautious Condor versucht, aber da hatte man in Echtzeit nur eine halbe Stunde Zeit, einen Kriminalfall zu lösen), an dem man, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort war, Dinge hören konnte, die einem bei anderen Durchgängen völlig verborgen geblieben waren. Entsprechend konnte man's dann aber auch richtig versauen, wenn man ein wichtiges Ereignis verpasste, was aber - dank praktischer Rückspulfunktion - in der Regel zu verschmerzen war. Über Rätseldesign etc. kann man sich streiten, aber vom Flair her ist dieses Spiel für mich unerreicht und für mich das Innovativste Spielkonzept bis dato. Habe das Spiel schon 6 mal durchgespielt und entdecke tatsächlich immer noch neue Facetten - was für ein Adventure einzigartig ist.

Daneben kommt für mich direkt Indy 4, aufgrund seiner drei verschiedenen Lösungswege. So viel Motivation, ein Spiel mehrfach durchzuspielen, kenne ich sonst selten.

[marenk]

Wir hatten uns bei der Gamescom auch über ein ähnliches Thema unterhalten. Ich finde, das kann man auch gar nicht oft genug diskutieren. Das von dir erwähnte Spiel kenne ich leider nicht, aber ich persönlich fand "Die Versuchung" sehr innovativ. Das Spiel hatte alternative Enden (was an und für sich noch nicht innovativ ist), und man bekam am Ende ein psychologisches Profil vom Spieler selbst. Klar, bleibt dahin gestellt, wie ernst man so etwas nehmen kann, aber ich hatte sehr viel Spaß dabei und habe über ein paar Sachen auch gegrübelt. Die Atmosphäre fand ich auch gut.

[Thurgor]

Stimmt, Die Versuchung war auch was ganz besonderes. Die TATs fand ich eine geniale Idee, und das Ergebnis des Tests hat in manchen Punkten durchaus gepasst. Was war diese Krankenschwester für ein verdorbenes Stück!
Last Express will ich dir aber wärmstens empfehlen, so eine "tiefe" Spielwelt (obwohl es nur fünf bis sechs Zugwaggons sind) mit so gut ausgearbeiteten Charakteren, die auch untereinander agieren (und in den Sprachen ihrer Herkunft reden: Französisch, Russisch, Serbisch etc.) ist für mich einzigartig. Das Gefühl, dass sich die Handlung auch ohne mein Zutun entwickelt ( wenn ich im richtigen Moment nicht reagiere allerdings zu meinem Nachteil) finde ich klasse. Wenn du nur im entferntesten ein Faible für Agatha Christie-artige Krimis, Orient Express-Setting samt Dreitage-Reisefeeling von Paris nach Konstantinopel, Belle Epoque und kultivierte Lebensart hast, musst du dieses Kleinod ausprobieren!

[Nachtstern]

Spielkonzept hmm..das Problem ist die meisten Spiele die man spielt ähneln sich zu sehr:
Grafik,Story, die Art wie man die Rätsel löst, oder neuerdings diese reagier schnell Rätsel ansonsten stirbt der Chara sehr schnell.
Was Ich wieder bei Games mehr sehen möchte ist: eine gute Grafik wie zb bei The whispered World, oder Going Down Town, mehr logischere Rätsel, und auch eine gute Synchro bei den Charakteren.
Musik und Stimmen macht viel an Atmosphäre in einen Spiel aus, Dinge wo man nicht sparen sollte.

[Minniestrone]

Ich werfe mal kurz Blade Runner mit ein, das durch seine diversen möglichen Konstellationen zu überzeugen wusste. (und die damit verbundenen unterschiedlichen enden), meiner meinung noch immer die beste spieleumsetzung einer filmlizenz.

[Thurgor]

Ich wünschte mir auch mehr so kreative und kunstvolle Grafikstile wie bei TWW, das ist wirklich wunderschön gestaltet. Sowieso fehlt mir der 'echte' Comic-Look bei modernen Adventures: Dieses Gefühl des Pixel für Pixel-Gezeichneten. Unter anderem deshalb habe ich mich nie mit den neueren Baphomets Fluch-Spielen oder MI4 anfreunden können.

Edna habe ich vergessen zu nennen: Da finde ich es durchaus 'innovativ' wie zu jeder x-beliebigen Gegenstandskombination ein eigenes Sätzlein zu hören ist. Zwar kein spielerisch elementares 'Feature', aber gerade weil es ein Detail ist, gibt es dem Spiel echt was dazu.

Blade Runner, das hab ich noch nie weit geschafft. Es liegt hier bei mir im Regal, aber irgendwie hat mir das Setting einfach nie zugesagt. Aber vielleicht sollte ich es doch wieder mal versuchen.

[Schuhbaka]

Ich hätte gerne mal eine Art "GTA" Welt aber ohne ballern (oder wenig), mit richtigen Rätseln. Also eine recht frei Welt in 1st Person 3D. Natürlich hat man da ein Problem mit dem Storytelling. Wäre jedenfalls eine Herausforderung an die Programmierer und Designer.

[Minniestrone]

Ich hätte gerne mal eine Art "GTA" Welt aber ohne ballern (oder wenig), mit richtigen Rätseln. Also eine recht frei Welt in 1st Person 3D. Natürlich hat man da ein Problem mit dem Storytelling. Wäre jedenfalls eine Herausforderung an die Programmierer und Designer.

Wieso hat man da ein Problem mit dem Storytelling? In anderen "GTA" ähnlichen Titeln funktioniert das auch wunderbar, siehe zum Beispiel Red Dead Redemption, das für mich eine der besten Stories des gesamten letzten Jahres erzählt hat.
Allerdings würde ich lieber auf 3rd Person setzen. Als Spieler mag ich das Gefühl mich selbst im Körper eines Anderen zu spielen nicht. Erst recht nicht, wenn derjenige ein gut geschriebener Charakter sein soll.
Ähnlich wie im Kino schaue ich den Akteuren lieber über die Schulter.

[Indiana]

Erst recht nicht, wenn derjenige ein gut geschriebener Charakter sein soll.

Du siehst Dich selbst also als ein schlechtgeschriebener Charakter?

Das neue Rockstar-Spiel L.A. Noir könnte so etwas sein: Man spielt einen Detektiv, untersucht Tatorte, verhört Verdächtige. Es wird sicher auch Action geben, aber vielleicht auch ein wenig in Richtung Adventure gehen.

[Minniestrone]

Du siehst Dich selbst also als ein schlechtgeschriebener Charakter?

Hell no!
Jeder halbwegs geistesgegenwärtige Schreiberling würde Charaktere wie mich kategorisch ablehnen!
Zu kompliziert, zu talentiert, etc.

[Alrik Fassbauer]

Ich empfand Zanzarah als ein Gemisch aus Adventure und ... Na ja, man läßt halt Feen gegeneinander kämpfen ... Und das muß man da auch, um weiterkommen zu können.
Zanzarah ist mir auch wegen der schönen Athmosphäre, die dieses Spiel ausstrahlt, in sehr guter Erinnerung geblieben, die wenigen Hüpf-Passagen dagegen weitaus weniger.
In meiner mentalen Liste hat Zanzarah daher eine Sonderstellung.

Und nebenbei erwähnt betrachte ich viele Rollenspiele auch als eine Art "Adventures" - allerdings längst nicht alle, und mit - für meinen persönlichen Geschmack - viel zu viel Fokus auf den Kampf und zu wenig auf soziale Interaktion.
Wovon ich ganz persönlich Drakensang 2 als Ausnahmeerscheinung halte. Dort hat man relativ viel Augenmerk auf soziale Interaktion gelegt - mehr, als in "traditionellen" Rollenspielen so üblich. Dafür sind dann darin die "Boss-Kämpfe" (wie man so sagt) knackig schwer und (ver)brauchen viel Hirnschmalz.

Du siehst Dich selbst also als ein schlechtgeschriebener Charakter?

Hell no!
Jeder halbwegs geistesgegenwärtige Schreiberling würde Charaktere wie mich kategorisch ablehnen!
Zu kompliziert, zu talentiert, etc.

Monk ?

[Thurgor]

@Alrik
PST mit seinen ausserordentlich inhaltsstarken, gehaltvollen Dialogen, mit etlichen Möglichkeiten, Kämpfe mit Gesprächsführung zu vermeiden, enorm tief ausgearbeiteten Charakteren, seiner bis ins kleinste Detail nahezu perfekt erzählten Spielwelt und seiner unerreicht tiefen Story wäre für mich dann das "Adventure-RPG" schlechthin.

Mein sonstiger Lieblingshybrid RPG/Adventure ist aber das gute alte QfG. Aber auf einen neuen Teil davon zu hoffen ist vergebens...
Zumindest mir ist auch nichts in ähnlicher Art bekannt...

[Thurgor]

Habe gerade gestern mal wieder mit einem fast von mir vergessenen Klassiker begonnen: Gabriel Knight 3. Auch dieses Spiel würde ich unter innovativ einstufen. Storymässig gewohnt souverän, verpackt Jane Jensen eine Geschichte um Templer, Gral etc. (deutlich inspiriert von den britischen Autoren Lincoln/Baigent/Leigh und ihrem "The holy blood and the holy grail"/ dt. "Der heilige Gral und seine Erben" - und noch laaange vor dem unsäglichen Dan Brown-Machwerk und dem ganzen Hype) in eine relativ akurat umgesetzte südfranzösische Landschaft. Ich war damals anno 2000 so begeistert von dem Spiel, dass ich meine Schwester dazu gedrängt habe, mit mir im Sommer 2000 dorthin zu fahren - das will schon was heissen.

Die frei bewegliche Kamera innerhalb der 3d-Areale war wohl nicht jedermanns Geschmack - ausser in GK3 habe ich das nie irgendwo gesehen und auch Frau Jensen hat sich ja in ihrem neusten Werk auf die Klassische 2d-Perspektive zurückbesonnen - aber ich finde es genial, die Kamera irgendwo platzieren zu können, irgendwelche Details aus der Nähe betrachten zu können etc. Man hat dadurch für mich einfach mehr das Gefühl, in einer realen Umgebung zu wirken. Trotz vergleichsweise wenig Details (ok, mal ein Hahn auf dem Vorplatz des Hotels) wirkt für mich die Szenerie (verschlafenes, südfranzösisches Nest) glaubwürdig, wie sie es in 2d nicht könnte. Klar hatte die Grafik Schwächen, manche 3d-Modelle waren schon damals grottig - aber für mich passt das ganze Konzept einfach sehr. Das einzige "3d-Adventure", das für mich noch genug vom klassischen Charme aufweist. Soviel Charme, dass es mich auch jetzt wieder hinreisst.

[Mr.Brain]

GK 3 hat mir wie die zwei Vorgänger auch ganz gut gefallen. Hatte sogar mal einen Test für die Klassiker Rubrik über den dritten Teil geschrieben.

[Schuhbaka]

Sowas wie Gabriel Knight 3, mit den technischen Möglichkeiten von heute, hätte schon Gesicht. Allerdings wissen wir ja, dass Grafik nicht alles ist und ein talentierter Geschichtenerzähler hinter so einem Projekt stehen muss. Ein richtig gutes Adventure, wo so ziemlich alles passt, rotzt man nun mal nicht so einfach raus. Obwohl ich finde das die Qualität der Spiele und der Mut der Entwickler zugenommen hat. Es wird mehr darauf geachtet, eine Geschichte zu erzählen, was ich löblich finde. Ob ein Adventure mal wieder zum Blockbuster wird, keine Ahnung, ich hoffe es für das Genre.

[Alrik Fassbauer]

@Alrik
PST mit seinen ausserordentlich inhaltsstarken, gehaltvollen Dialogen, mit etlichen Möglichkeiten, Kämpfe mit Gesprächsführung zu vermeiden, enorm tief ausgearbeiteten Charakteren, seiner bis ins kleinste Detail nahezu perfekt erzählten Spielwelt und seiner unerreicht tiefen Story wäre für mich dann das "Adventure-RPG" schlechthin.

Ja, ich weiß.

Ich hatte es auch mal angefangen, aber damals aus Gründen, die ich nicht mehr weiß nicht zu Ende gespielt.

[Thurgor]

@Alrik
Bei mir wars auch erst Liebe auf den zweiten Blick: Das erste mal hab ichs begonnen und nach kurzer Zeit frustriert liegen gelassen für mindestens ein Jahr. Das Setting war mir damals wohl zu abgedreht. Aber beim zweiten Anlauf hat es mich nicht mehr losgelassen. Ebenso beim dritten, vierten,... bis heute eigentlich. Also: Unbedingt durchspielen! Keine Ausreden! Jetzt!

[Alrik Fassbauer]

Ich mußte zu PS:T erst überredet werden. Ich empfand die Stimmung als viel zu morbide - und gerade der Anfng hätte mich unglaublich abgeschreckt, wenn ich nicht um die Qualität des Spiels (aus Berichten und aus Foreneinträgen) gewußt hätte ... Ich kann dieses blutige und düstere Zeugs einfach nicht ab.

Was mir ganz persönlich in der letzten Zeit auffällt, ist, daß ich mich verteidigen muß, wenn ich so Sachen wie Drakensang, die ja geradezu "niedlich" und "märchenhaft" aussehen, spiele. Würde ich ein blutrünstiges, total schwarzes (von der Stmmung und den Graphiken her) Spiel spielen, würde mn mir eher noch auf die Schulter klopfen.
Mein ganz persönlicher Eindruck ist derzeit der, daß Spiele mit "Niedlichkeitsfaktor" und "Heile-Welt-Faktor" und mit leuchtenden, bunten Farben als sowas von uncool gelten, daß man automatisch als ein Aussätziger gilt, wenn man einmal irgendwo ugibt, so etwas gespielt zu haben.

Mein ganz persönlicher Eindruck ist der, daß "Grau", Düsternis" und Zynismus als "realistisch" gedeutet werden, und gerade groß in Mode sind.
Und umgekehrt gelten Menschen, die etwas *buntes* mögen, als unreif, als "Kiddies" und werden als "Tagträumer" abgestempelt.

Und das unabhängig vom Alter.

[Minniestrone]

Ich habs damals aus rein ästhetischen Gründen zwar angefangen, aber nicht zuende gespielt.
Will heißen: Ich fands zu häßlich . Sollte sich jemand entschließen, das ganze neu aufzulegen, wär ich allerdings durchaus gewillt, GK3 noch eine Chance zu geben.

[Thurgor]

@Minniestrone
Ach Gottchen! Wie kannst nur so oberflächlich sein?
Aber im Ernst: Solltest ihm auch so ne Chance einräumen, nicht nur, weil das "Remake" ad Kalendas Graecas erscheint - sondern weil hier Story und Charaktertiefe alles locker wettmachen. Ein echtes Jensen-Spiel durch und durch! Und ich sage das, obwohl ich selbst Ästhet bin...

[Minniestrone]

Tjaaaa....
ne, ich warte wirklich lieber bis zum St. Nimmerleinstag. Bin nicht so der Jensen- Fan, die Geschichten sind ganz nett, aber nicht wirklich mein Fall.

[Thurgor]

Na dann nützen all meine Schwärmereien nichts